Er war der Überraschungsmann bei Audi nach dem ersten Wochenende in Hockenheim: Nico Müller. Der Schweizer bugsierte sich heimlich, still und leise in die Top-Gefilde der DTM. Gleich im ersten Qualifying der Saison stellte Müller seinen Audi auf Pole, das Rennen beendete er auf Rang drei. Damit sicherte sich der 24-Jährige nach der ersten Pole Position auch sein erstes Podium in der DTM. Im Hauptrennen am Sonntag wurde er Siebter und war damit bester Audi-Fahrer. Somit hält er nach dem ersten Wochenende bereits bei 21 Punkten. Im gesamten Vorjahr waren es nur fünf Zähler mehr.

Woher kommt dieser Nico Müller plötzlich? Wie einige andere Fahrer auch, unternahm er einen Teamwechsel im Winter. Dass Audi ihn vom Team Rosberg zum Audi Sport Team Abt transferierte, zeugt vom Potenzial, dass man in Ingolstadt in Müller erkennt. Müller selbst sieht in dem Teamwechsel einen der Hauptgründe für den plötzlichen Erfolg. "Der frische Wind, den es durch diesen Wechsel gegeben hat, hat mir sehr gut getan. Einen neuen Input zu bekommen nach einem schwierigen Jahr 2015, war denke ich die richtige Entscheidung", so Müller.

Dabei will er jedoch gar nicht die Schlussfolgerung aufkommen lassen, bei Rosberg sei ein derartiger Erfolg nicht möglich. "Ganz ehrlich: Rein technisch gesehen hat sich fast überhaupt nichts verändert", stellt er klar. "Auch das Team Rosberg ist sehr gut und konkurrenzfähig. Jamie Green zeigt das ja ständig. Daran zweifle ich auch überhaupt nicht. Ich glaube, bei mir hat es einfach diesen frischen Wind gebraucht und das hat sich zumindest am ersten Wochenende ausbezahlt. Und wir hoffen natürlich, dass wir diesen positiven Trend weiterführen können", so Müller.

2015 musste sich Nico Müller mit vereinzelten Punkten zufriedengeben, Foto: Audi
2015 musste sich Nico Müller mit vereinzelten Punkten zufriedengeben, Foto: Audi

Optimale Saisonvorbereitung

Aufgrund der beschränkten Testmöglichkeiten in der DTM war es für den Schweizer wichtig, frühzeitig die Arbeit mit dem neuen Team zu beginnen. "Ich hab über den Winter sehr viel Zeit in Kempten [Sitz des Teams; Anm. d. Red] verbracht, ich glaube das hat sich ausgezahlt", erklärt er. "Man muss so gut wie möglich bereits im Vorfeld versuchen herauszufinden, wie jeder im Team tickt. Die Mechaniker, Dateningenieure, Renningenieure, die Verantwortlichen im Team und so weiter. Ich glaube, das ist einer der Faktoren, der dazu geführt hat, dass wir im ersten Rennen bereits gut zusammengearbeitet haben", erläutert Müller, warum die Abstimmung bereits hervorragend funktionierte.

In der Gesamtwertung befindet sich Müller aktuell auf Rang vier und ist zweitbester Audi-Pilot hinter Edoardo Mortara. Ist im Audi-Lager also bereits eine Wachablösung im Gange? "Darüber mache ich mir keine Gedanken. Sondern ich versuche einfach, Wochenende für Wochenende das Maximum herauszuholen. Und wenn man das schafft, rutscht man automatisch in der internen Rangordnung nach oben", so Müller auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

2016 scheint Nico Müller im Spitzenfeld angekommen zu sein, Foto: Audi
2016 scheint Nico Müller im Spitzenfeld angekommen zu sein, Foto: Audi

Ist Müller schon 2016 ein Titelkandidat?

Das Saisonziel setzt Müller weiter bei "mehreren Podiumsplätzen" an, vom Titel ist noch nichts zu hören. Nach der ersten Pole der DTM-Karriere den ersten Sieg einzufahren, damit liebäugelt er dennoch. "Ich will nicht verschweigen, dass man beim freien Blick auf Kurve eins natürlich auch vom ersten Sieg träumt. Daran arbeiten wir sehr hart, und ich bin überzeugt, dass wir mit unserem konkurrenzfähigen Auto auch die Chance dazu haben", blickt Müller auf den möglichen nächsten Meilenstein seiner Karriere.

Im vergangenen Jahr hatte Audi mit Ekström, Mortara und Green drei potenzielle Titelaspiranten in den eigenen Reihen. Meister wurde bekanntermaßen Pascal Wehrlein. Mit Müller könnte sich je nach weiterem Saisonverlauf ein vierter Fahrer in die Liste einreihen. Audis DTM-Leiter Dieter Gass schloss ein Szenario, dass sich Audi frühzeitig auf einen Fahrer konzentriert, bereits vor der Müller-Show in Hockenheim nahezu aus.

"In der vorletzten Saison haben wir am Anfang zu wenig Rennen gewonnen. Da haben wir nicht deshalb die Meisterschaft verloren, weil wir uns nicht rechtzeitig auf einen Fahrer festgelegt haben", blickte Gass zurück. "Natürlich kann man sich trotzdem [für einen Fahrer] entscheiden und egal, was passiert, auf ihn konzentrieren. "Aber das ist halt auch nicht zielführend. Das hat dann mit Sport auch wenig zu tun." Greift Müller also vielleicht schon 2016 nach dem großen Pokal?