"Das würde ich mir gerne einrahmen - für das Team ist es wirklich großartig", lachte Joey Hand, als ihn Motorsport-Magazin.com nach dem Freitagstraining in der Lausitz mit dem Ausdruck der Zeitenliste konfrontierte. Darauf fand sich der Amerikaner ganz oben wieder, nur RMG-Kollege Martin Tomczyk war noch einen Tick schneller. "Ich saß ja die meiste Zeit im Auto - erst als ich für die Startübungen bei der Box vorbeikam, sagte man mir, dass ich P2 belegt hätte", verriet der überraschte Hand. "In dieser Serie habe ich gelernt, dass man eine Zeit hinlegt und denkt, die bringt einen nach vorne - und ein paar Minuten später ist man schon wieder ganz nach unten durchgereicht worden", erklärte der BMW-Pilot. Für das Team sei es aber toll, zu sehen, dass das Potenzial für die Spitze definitiv da sei.

"Ich habe die Strecke hier zuvor ja noch nie gesehen, musste mich also erst einmal zurechtfinden", beschrieb Hand seinen ersten Tag in der Lausitz. "Als es dann besser ging, haben wir ein paar Set-Up-Veränderungen vorgenommen, viele schnelle Runden sind wir dadurch in Session eins aber nicht gefahren - dafür umso mehr am Ende." Der 19. Platz zu Beginn des Freitags sei durch das gute Gesamtresultat des Nachmittags gleich vergessen gewesen. In erster Linie sei es ohnehin darum gegangen, Runden und Erfahrung auf dem unbekannten Kurs zu sammeln. "Nach fünf Runden habe ich mich dazu entschlossen, noch ein paar mehr zu drehen, um mich erst einmal wohl zu fühlen", so Hand. Erst danach sei es verstärkt an die Abstimmungsarbeit gegangen.

Ein schnelles Umfeld

"Als ich das Streckenlayout im Vorfeld erstmals gesehen habe, habe ich mir gedacht: ´Jawohl, das ist eine Strecke für mich!‘ Diesen Mix aus Oval und Infield kenne ich aus den USA, bin dort bereits in Daytona, Homestead, Fontana, Charlotte, Phoenix und Pikes Peaks auf ähnlichen Strecken gefahren und kam dort auch immer gut zurecht", beschrieb der RMG-Pilot. Nun habe er jedoch festgestellt, dass man das Oval hier weniger nütze, die Zielkurve mit Vollgas zu durchfahren sei. Zudem sei das Innere des Kurses doch sehr eng. "Ich glaube, man braucht hier von allem ein bisschen was - bis jetzt bin ich zufrieden, aber mal sehen, ob ich das morgen immer noch so sehe."

Hatte am Freitag in der Lausitz gut lachen: Joey Hand, Foto: BMW AG
Hatte am Freitag in der Lausitz gut lachen: Joey Hand, Foto: BMW AG

"Für den Moment ist es sehr gut. Klar wäre ich auch gerne auf P1, aber mit dem zweiten Platz bin ich für heute glücklich. Wir müssen fokussiert bleiben und das Auto noch weiter verbessern. Das ist in der DTM einfach so, denn jeder rüstet nach. Die Dinge passieren hier sehr schnell und ich bin immer noch dabei zu lernen", meinte der BMW-Pilot. Mit großen Erwartungen wolle er deshalb nicht ins das Wochenende gehen. "Nur in meinem Kopf - da habe ich immer welche, strebe immer die Spitze an, aber das ist ja bei allen so." In erster Linie gehe es nun darum, die Daten durchzusehen, den eigenen Fahrstil noch etwas anzupassen und die kleinen Feinheit auf der Strecke herauszuarbeiten. Nur so könne man die Balance des Autos noch optimieren.

Keine Lust auf Regen

Dass es am Samstag regnen könnte, stelle überdies die nächste potenzielle Herausforderung dar. "Ich verfüge zwar für einen Amerikaner über überraschend viel Erfahrung im Regen, nicht jedoch in einem DTM-Auto. Ich bin es zwar schon einmal im Regen gefahren, aber nicht einmal einen ganzen Tag lang", erinnerte sich Hand an die Tests. "Ich habe gehört, auf dieser Strecke soll es im Regen sehr rutschig sein. Also muss ich erst einmal herausfinden, wie hart man diese Autos dann herannehmen kann." Für ihn sei es besser, wenn es trocken bliebe. "Ich bin mir aber fast sicher, dass es trotzdem nass wird", schmunzelte der 33-Jährige, der dieses Wochenende besondere Unterstützung von seinem Manager Calvin Fish erhält, der extra in die Lausitz gereist ist, um seinem Schützling über die Schulter zu blicken.

"Ich bin hier, um ganz vorne zu stehen - aber dafür darf man sich nie zurücklehnen und sagen, dass man jetzt angekommen ist. Jede Woche ist es aufs Neue ein Kampf, eigentlich jede Session." Das Gute an seinem zweiten Rang sei jedoch, dass er die Nacht nun besser schlafen könne und das Team ein beruhigendes Resultat in der Tasche habe. Entspannt sei Hand auch die wenigen freien Tage seit dem Auftakt angegangen. "Meine Frau und ich haben meinen Amerika-Teamkollegen Dirk Müller in der Schweiz besucht. Wir sind mittlerweile gute Freunde geworden." Am Montag nach dem Rennen habe man sich zum Grillen getroffen. "Ich habe ihm erst in letzter Minute Bescheid gesagt. Seine Frau meinte dann: ´Wie wäre es mit etwas Hähnchen?‘ Und Dirk rief nur: ´Nein, nein - der Amerikaner kommt. Wir brauchen Steak!‘"