Als Vorjahressieger bist du ja ein richtiger 24-Stunden-Spezialist, oder?
Markus Winkelhock: Ich weiß gar nicht, ob man das so sagen kann. Ich habe zwar im letzten Jahr gewonnen und kenne die Strecke mittlerweile ganz gut, aber bin erst 2010 das erste Mal überhaupt auf der Nordschleife gefahren. Es gibt viele Fahrer, die seit zehn, fünfzehn Jahren oder noch länger fahren und ich würde sagen, das sind die wirklichen Spezialisten. Sicherlich haben wir letztes Jahr gewonnen und ich fühle mich auf der Nordschleife auch unheimlich wohl, aber es gibt doch auch viele Situationen wie Nacht, Regen oder Nebel, die ich noch nicht mitgemacht habe. Wenn es nachts feucht ist, ist es für mich Neuland.

Dein Ziel ist die Titelvereidigung?
Markus Winkelhock: Ja, auf jeden Fall, das muss es sein. Sicherlich ist die Konkurrenz extrem stark und es gibt 15 bis 20 Autos, die um den Sieg mitfahren, weshalb man sich nie zu sicher sein darf, aber die Grundvoraussetzungen sind gut. Fahrerpaarung, Team und Auto - wir sind gut aufgestellt. Aber die Nordschleife ist irgendwo auch ein Glücksrennen. Man kann 23 Stunden lang der Schnellste sein, aber wenn dir jemand ins Auto fährt, kann das Rennen vorbei sein. Aber es ist gut mit dem Wissen ins Rennen zu gehen, es schaffen zu können.

Wie geht man als Profi damit um, dass so viele Amateure mitfahren?
Markus Winkelhock: Die Kunst besteht darin, so schnell wie möglich vorbeizukommen. Man muss ein gewisses Risiko eingehen und das ist ein Faktor. Man kann nicht nur auf Ankommen fahren, sondern muss schon Gas geben. Wenn man in jeder Runde zehn bis zwanzig Sekunden verliert, weil man zu defensiv fährt, gewinnt man auch nicht. Daher ist immer das Risiko dabei und es ist das Bauchgefühl der einzelnen Fahrer - geht man in die Lücke oder nicht. Sicherlich lernt man die Autos während des Rennens kennen, denn es gibt einige Fahrer, die man ein paar Mal überrundet. Es gibt ein paar Autos bei denen man weiß, dass man vorsichtiger sein muss, aber das gehört mit dazu.

Warum sind die 24 Stunden in den letzten Jahren für die Werke immer wichtiger geworden? Früher war das ja mehr eine Spaßveranstaltung.
Markus Winkelhock: Früher musste man einfach nur durchrollen und war schon ganz vorne dabei, weil die Konkurrenz einfach nicht so groß war. Die Teams sind mittlerweile top vorbereitet und es gibt viele Top-Piloten, die mitfahren. Es ist fast schon Werkssport und ein großes Wettrüsten. Es ist von der ersten bis zur letzten Stunde Attacke.

Worin besteht für dich der große Reiz der 24 Stunden?
Markus Winkelhock: Es ist etwas komplett anderes. Die Strecke ist einfach unglaublich, vor allem nachts. Dazu kommt die Atmosphäre, die auch gerade nachts noch besser rüberkommt, wenn die Lichter aus sind. Wenn man sich mit seinen drei Teamkollegen abwechselt, ist man auch voll mit dabei, selbst wenn gerade nicht im Auto sitzt, weil man weiß, was auf der Strecke abgeht. Man schaut trotzdem dauernd auf den Monitor und es ist wirklich spannend.

Muss man sich manchmal zwingen, die Ruhephasen einzuhalten?
Markus Winkelhock: Wenn man aus dem Auto aussteigt ist man natürlich voller Adrenalin, aber nach einer halben, dreiviertel Stunde kommt man schon wieder runter. Ich schlafe nicht viel, im Vorjahr habe ich vielleicht eine Stunde geschlafen. Ein bisschen dösen im LKW und vielleicht nebenbei Musik am iPod hören, einfach runterkommen und ein bisschen Ruhe haben.