Ein waschechtes Le-Mans-Siegerauto zu fahren, dürfte für viele Motorsport-Enthusiasten ein Traum sein. Einer, den Ferrari jetzt tatsächlich wahr werden lässt. Am Rande seines Finali Mondiali-Events in Mugello, hat der Sportwagenbauer ein Fahrzeugprojekt vorgestellt, das in dieser Form einzigartig ist. Wer es sich leisten kann, hat bald die Möglichkeit, ein Track Tool auf Basis des Ferrari 499 P zu erwerben, mit dem die Italiener dieses Jahr sensationell den 100. Geburtstag des Langstrecken-Klassikers gewonnen haben.

Ferrari 499 P Modificata lautet der Name dieses Rennwagens, der 2024 in streng limitierter Stückzahl auf den Markt kommt. Das Fahrzeug ist nicht für den professionellen Renneinsatz vorgesehen, sondern ausschließlich für private Streckenfahrten ohne direkten Wettbewerb. Ferrari bietet seinen Kunden dazu eine Event-Serie im kommenden Jahr, unter anderem mit einem Gastspiel auf dem Nürburgring. Wie viele dieser Autos 2024 verfügbar sein werden, behielt Ferrari für sich.

Exklusiv: Der 5-Millionen-Ferrari 499 P Modificata (02:18 Min.)

MSM sieht den Millionen-Ferrari noch vor den Käufern

Motorsport-Magazin.com hatte am Rande des Ferrari Finali Mondiali die exklusive Gelegenheit, vorab einen Blick auf den 499 P Modificata zu werfen. Der Prototyp ähnelt vom Äußeren her sehr stark dem in Le Mans siegreichen Hypercar, mit dem Antonio Giovinazzi, Alessandro Pier Guidi und James Calado bei der Ferrari-Rückkehr auf die Langstrecke nach genau 50 Jahren triumphierten. Dass Kunden die Möglichkeit bekommen, ein aktuelles Rennauto als Track Tool einzusetzen, hat es noch nie zuvor gegeben.

Der 499 P Modificata verfügt über den gleichen V6-Turbomotor samt Hybridantrieb an der Vorderdachse, der auch in der WEC bzw. bei den 24 Stunden von Le Mans gefahren wird. Die Track Tools unterliegen allerdings keinerlei BoP-Beschränkungen, die Ferrari-Ingenieure konnten also aus den Vollen schöpfen und gleichzeitig ihrer Kreativität freien Lauf lassen.

Herausgekommen ist ein Prototypen-Geschoss mit einer maximalen Systemleistung von 640 kW, was 870 PS entspricht. Die Le-Mans-Hypercars sind unterdessen ebenso wie die LMDh-Autos per Reglement auf eine Höchstleistung von 500 kW (680 PS) beschränkt.

Ferrari triumphiert beim 100. Geburtstag von Le Mans, Foto: LAT Images
Ferrari triumphiert beim 100. Geburtstag von Le Mans, Foto: LAT Images

Le-Mans-Ferrari mit Push-to-Pass

Kunden dürfen sich beim Modificata neben dem aus der WEC bekannten 200-kW-Hybridsystem an der Front ebenso auf ein neuartiges Push-to-Pass-System freuen, ähnlich dem früheren KERS-System in der Formel 1. Mittels Knopfdruck am Lenkrad werden für die Dauer von 7 Sekunden zusätzliche 120 kW freigeschaltet.

"Wenn man das Push-to-Pass aktiviert, fühlt es sich an wie ein komplett anderes Auto", sagte Olivier Beretta. Der sechsmalige Le-Mans-Klassensieger und kurzzeitige Formel-1-Fahrer (9 Rennen 1994 für Larrousse) war in die Entwicklung des 499 P Modificata involviert und schwärmte während der Vorab-Präsentation im kleinen Kreis: "Wir können sehr stolz sein. Ich bin schon sehr viele unterschiedliche Rennwagen gefahren, aber das hier ist das beste."

Ohne das Push-to-Pass stehen den Piloten 520 kW Power aus der Kombination von V6-Verbrenner und Hybridantrieb zur Verfügung, also etwas mehr als im Le-Mans-Hypercar. Sicherlich wäre auch eine noch größere Leistungsausbeute möglich gewesen, doch die Fahrzeuge werden vorrangig von Amateur-Fahrern bewegt. Ein sicheres Handling steht bei solchen Projekten grundsätzlich an vorderster Stelle.

Auf der Langstrecke ist eine neue Goldene Ära angebrochen, Foto: Ferrari
Auf der Langstrecke ist eine neue Goldene Ära angebrochen, Foto: Ferrari

499 P Modificata: Permanenter Allradantrieb

Spannend: In der WEC darf der Hybridantrieb erst aber einer Mindestgeschwindigkeit von 190 km/h aktiviert werden, um keinen Vorteil gegenüber den LMDh-Autos und ihren Einheitshybriden zu verursachen. Beim 499 P Modificata ist die Hybridleistung hingegen unreglementiert und steht ab dem ersten Gasstoß zur Verfügung. Der Wagen verfügt damit praktisch über einen permanenten Allradantrieb.

Um den Kunden das echte Le-Mans-Feeling bieten zu können, ist das Lenkrad ähnlich komplex gestaltet wie im 'echten' 499-P-Prototypen. Beretta mit Blick auf die zahlreichen Knöpfe, Schalter und Einstellmöglichkeiten am Volant: "Ich spreche heute gar nicht mehr von einem Lenkrad, sondern von einem Büro für Rennfahrer!"

Ein Brake-by-Wire-System übernimmt die optimale Energierückgewinnung auf der Bremse, eine absichernde Traktionskontrolle ist ebenfalls an Bord. Ferrari-Partner Pirelli hat spezielle Slick-Reifen für die 18-Zoll-Felgen entwickelt, die über einen geringen und kontrollierten Verschleiß über die Distanz verfügen sollen.

Ausverkauftes Haus in Le Mans bei Ferraris Gesamtsieg, Foto: Rolex/Stephan Cooper
Ausverkauftes Haus in Le Mans bei Ferraris Gesamtsieg, Foto: Rolex/Stephan Cooper

Ferrari 499 P Modificata: 5,1 Millionen plus Steuern

Als Schnäppchen kann der Ferrari 499 P Modificata nicht unbedingt bezeichnet werden. Laut Informationen von Motorsport-Magazin.com kostet ein Auto rund 5,1 Millionen Euro plus lokale Steuern. Immerhin der Streckeneinsatz, die Wartung und Logistik sind in dieser Wahnsinnssumme für die Dauer von zwei Jahren inkludiert.

Zur potenziellen und erlauchten Käuferschaft zählen Kunden, die im Rahmen des F1-Clienti-Programms auch den einen oder anderen Formel-1-Rennwagen aus vergangenen Zeiten ihr Eigen nennen...