Das Hauptaugenmerk bei den 24 Stunden von Le Mans mag auf dem Kampf in der LMP1-Klasse liegen. Doch die heimliche Königsklasse ist die GTE-Pro. Beim Klassiker in Frankreich schicken Ferrari, Porsche, Aston Martin, Ford und Corvette hervorragend besetzte und werksseitig aufbereitete Boliden an den Start. Für zusätzliche Würze sorgt die Balance of Performance des ACO.

Das GT-Kräfteverhältnis in Spa

Ferrari war in den Ardennen das Maß der Dinge. Im Qualifying bildete AF Corse geschlossen die erste Startreihe, auch im Rennen sah es lange nach einem Doppelsieg aus. Doch dann der Schock: Zehn Minuten (!) vor Ende des 6-Stunden-Rennens gab der 488 GTE von James Calado und Gianmaria Bruni den Geist aufgab. Somit blieb "nur" ein normaler Sieg für das Schwesterauto von Davide Rigon und Sam Bird. Pure Freude dagegen bei Ford. Platz zwei für die Amerikaner, wenngleich ein Bolide ausfiel. Aston Martin belegte Rang drei.

Aston Martin in Le Mans: Der leichteste Mitbewerber

Aston Martin sucht nach der Siegerform, Foto: Aston Martin
Aston Martin sucht nach der Siegerform, Foto: Aston Martin

Aston Martin reist nicht als Favorit nach Le Mans, wenn man den bisherigen Verlauf der Saison als Gradmesser nimmt. Zwar belegten die Briten zweimal Rang drei bei den Rennen in Silverstone und in Spa. Doch der Abstand besonders zu Ferrari war recht groß, zudem brachte man in beiden Läufen nur je ein Auto ins Ziel. Einen weiteren Rückschlag kassierte Aston Martin beim offiziellen Vortest für das Le-Mans-Rennen. Nur die Plätze zehn und elf standen am Ende zu Buche.

Doch ein Silberstreif am Horizont ist zu erkennen. Auf Grundlage der bisherigen Saisonleistungen sowie der Performance beim Vortest vollzog der ausrichtende ACO eine Balance of Performance für die GT-Boliden. Mit dieser Angleichung sollen die unterschiedlichen Boliden und Konzepte etwa auf ein Niveau gebracht werden. Aston Martin profitierte hierbei besonders in Sachen Gewicht. Die Fahrzeuge müssen nur 1.180 Kilo auf die Waage bringen. Im Vergleich zum Saisonstart sind die Vantage V8 damit 50 Kilogramm leichter. Die Ferrari 488 GTE von AF Corse sind gar um 80 Kilo schwerer als die Briten.

Insgesamt zwei Boliden schickt Aston Martin nach Frankreich. Das Aufgebot entspricht dem hohen Stellenwert des Rennens. Die #95 wird pilotiert von Nicki Thiim, Marco Sörensen und Darren Turner. Das Schwesterauto mit der #97 teilen sich Richie Stanaway, Fernando Rees und Jonny Adam.

Corvette in Le Mans: Titelverteidigung angepeilt

Bei Corvette will man den Vorjahreserfolg wiederholen, Foto: Speedpictures
Bei Corvette will man den Vorjahreserfolg wiederholen, Foto: Speedpictures

Mit Corvette zeigt sich in Le Mans ein Hersteller, der bislang in dieser Saison ausschließlich in der IMSA-Sportwagenserie aktiv war. Die WEC ließ man komplett sausen. Für das größte Sportwagenrennen der Welt jedoch lassen sich die Amerikaner nicht zweimal bitten. Kein Wunder, tritt man doch als Titelverteidiger in der GTE-Pro-Klasse an. Zwei brandneue C7.R, eingesetzt vom eigenen Werksteam, gehen an den Start. Das Auto mit der #64 teilen sich die Vorjahressieger Oliver Gavin, Tommy Milner und Jordan Taylor. Der Bolide mit der #63 wird pilotiert von Jan Magnussen und Antonio Garcia, die bereits vergangenes Jahr dabei waren, sowie Ricky Taylor. Er ersetzt Vorjahres-Teilnehmer Ryan Briscoe.

Beim Vortest zeigte sich Corvette erneut in blendender Verfassung und unterstrich die eigenen Ambitionen. Beide Boliden reihten sich unter den besten Vier ein, die #63 setzte gar die Bestzeit. Die Balance of Performance beschneidet die Corvette dennoch nicht so extrem. Das Gewicht bleibt unverändert, auch der Tank wurde mehr vergrößert als zum Beispiel bei Ferrari. Einzig der Luftmengenbegrenzer fällt bei den Hubraum-Monstern deutlich kleiner aus, als bei der Konkurrenz. Nachdem bereits für den Vortest der Begrenzer um 0,4 Millimeter verkleinert wurde, legte der ACO noch einmal 0,3 Millimeter drauf. Im Vergleich zur IMSA-Version der Boliden ist der Begrenzer also um 0,7 Millimeter kleiner.

Ferrari in Le Mans: Ungeschlagen nach Le Mans

AF Corse feierte zwei Siege in zwei WEC-Rennen, Foto: Adrenal Media
AF Corse feierte zwei Siege in zwei WEC-Rennen, Foto: Adrenal Media

Mit breiter Brust reist AF Corse nach Le Mans. Beide bisherigen WEC-Läufe in dieser Saison konnte die Ferrari-Werksmannschaft für sich entscheiden. Zwei Fahrzeuge setzt AF Corse in der GTE-Pro-Kategorie ein, hinzu kommt ein Ferrari 488 GTE, der von Risi Competizione betreut wird. Wie Corvette, so ist auch Risi Competizione eigentlich in der IMSA-Serie zu Hause. Für den Abstecher nach Europa setzt man mit Giancarlo Fisichella und Toni Vilander auf zwei Bekannte von AF Corse, das Line-Up komplettiert Matteo Malucelli. Das WEC-Team von AF Corse setzt im #51-Boliden auf Gianmaria Bruni, James Calado und Alessandro Pier Guidi. In der #71 nehmen Davide Rigon, Sam Bird und Andrea Bertolini das Rennen in Angriff.

In der WEC war Ferrari bislang das Maß der Dinge mit zwei Siegen. In Silverstone gelang ein Doppelsieg, auch in Spa war dieser lange möglich, eher kurz vor dem Ziel ein Bolide kaputt ging. Beim Vortest für die Hatz an der Sarthe konnte sich AF Corse jedoch nicht in den Fokus fahren. Am Ende belegte man die Ränge fünf und sieben. Dennoch muss Ferrari bei den BoP-Bestimmungen besonders starke Einschränkungen hinnehmen. Die Gewichtszuladung von 20 Kilo bleibt auch nach dem Vortest bestehen, mit 1.260 Kilo sind die italienischen Renner die schwersten im Feld. Auch die Vergrößerung des Tankvolumens fällt mit 2 Litern am geringsten aus.

Ford in Le Mans: Vierer-Angriff auf den Sieg

Ford will an das goldene Jahr 1966 anknüpfen, Foto: Adrenal Media
Ford will an das goldene Jahr 1966 anknüpfen, Foto: Adrenal Media

Exakt 50 Jahre nach dem historischen Dreifachsieg kehrt Ford nach Le Mans zurück. Mit dem neuen Ford GT soll erneut der Gesamtsieg herausspringen. Der neue Bolide zeigte im bisherigen Saisonverlauf in den USA sowie in der WEC noch Kinderkrankheiten, deutete seine starke Performance aber bereits an. In Spa zuletzt wurde der erste Podestplatz eingefahren. Für das Comeback in Le Mans bündelt Ford alle verfügbaren Kräfte. Beide Autos aus der IMSA-Serie plus beide Boliden aus der WEC treten in Frankreich an. Vier Fahrzeuge bedeuten den Höchstwert aller GT-Werke.

Das Fahreraufgebot beinhaltet einige der bekanntesten GT-Fahrer der Welt. Mit der #66 treten Olivier Pla, Stefan Mücke und Billy Johnson an. Im Boliden mit der #67 nehmen Marino Franchitti. Andy Priaulx und Harry Tincknell Platz. Das US-Team bilden die #68 mit Joey Hand, Dirk Müller und Sebastien Bourdais sowie die #69 mit Ryan Briscoe, Richard Westbrook und Scott Dixon. Beim Vortest konnte Ford die Pace der Spitze nicht ganz mitgehen. Der schnellste GT belegte Rang sechs. Entsprechend erhalten die Amerikaner infolge der Balance of Performance einige Vergünstigungen. Bereits vor dem Vortest durfte Ford 20 Kilo ausladen, nun dürfen weitere 5 Kilo herausgenommen werden. Auch der Tankinhalt wurde deutlich vergrößert. Mit acht Kilogramm erhält Ford den größten Zuwachs.

Porsche in Le Mans: Comeback des Werksteams

Dempsey Proton Racing muss nicht allein die Porsche-Fahne hochhalten, Foto: Porsche
Dempsey Proton Racing muss nicht allein die Porsche-Fahne hochhalten, Foto: Porsche

Le Mans ist für Porsche Ehrensache, immerhin gewannen die Zuffenhausener das Rennen in der Geschichte häufiger als jede andere Marke. Exklusiv für dieses Rennen schickt man deshalb neben der #77 von Dempsey Proton Racing zwei Werks-911er samt eigenem Team ins Rennen der GTE-Pro-Klasse. In den Werks-911ern #91 und #92 platziert Porsche daher auch sechs Werksfahrer (Pilet/Tandy/Estre sowie Bamber/Bergmeister/Makowiecki), mit aller Macht will man den Klassensieg in der GTE-Pro-Kategorie einfahren.

Beim Vortest unterstrichen die beiden Werksautos auch gleich die hohen Ambitionen Porsches mit den Plätzen zwei und drei. Ob im Rennen eine Wiederholung gelingt, ist allerdings fraglich, zu groß ist die Werks-Konkurrenz. "Ich hoffe, dass wir eine gute Performance zeigen können. Einfach wird das nicht werden. Das Starterfeld in der Klasse GTE-Pro ist zweifellos eines der stärksten der letzten Jahre", weiß auch Earl Bamber, der im letzten Jahr immerhin noch zusammen mit Nico Hülkenberg und Nick Tandy den Gesamtsieg erringen konnte.