Bald geht es wieder los: Die Formel 1 startet am kommenden Wochenende in die bisher längste Saison in der Geschichte der Königsklasse. Und die Favoritenrolle ist so gut wie vergeben: Mit einem mutigen Konzeptwechsel scheint Red Bull nach nur drei Testtagen zu glänzen. Doch voreilige Schlüsse sind nach den Wintertests bekanntlich gefährlich.

Der Bahrain GP wird in wenigen Tagen erstmals Licht ins Dunkel der Kräfteverhältnisse für die Saison 2024 bringen. Aber was ist 2024 alles neu? Kehren Red Bull und Max Verstappen als Spitzenreiter zurück? Wer wird zum Verfolger? Und sorgen die Abflussgitter nach den Testtagen wieder für Ärger? Das sind die Brennpunkte des Saisonauftakts.

Brennpunkt Saisonstart: Das ist 2024 alles neu

Kontinuität ist das Motto der Formel 1 für 2024, denn große Veränderungen gibt es für die angehende Saison nicht. Das Fahrerfeld bleibt im Vergleich zum Saisonende 2023 unverändert, im Rennkalender kehren lediglich die Strecken im italienischen Imola und in China zurück.

Aber aufgepasst! Der Saisonauftakt in Bahrain und das zweite Rennen in Saudi-Arabien rücken einen Tag nach vorne. Beide Rennen finden nicht wie gewohnt am Sonntagnachmittag statt, sondern bereits am Samstag. Grund dafür ist der islamische Fastenmonat Ramadan. Der Bahrain GP wird somit am Samstag, dem 2. März 2024, um 16 Uhr über die Bühne gehen.

Neu sind auch zwei Teamnamen. Sauber verabschiedete sich 2023 vom Namensgeber Alfa Romeo, mit einem neuen Titelsponsor geht die Truppe aus Hinwil ab 2024 mit dem Namen 'Stake F1 Team' an den Start. Wir bleiben weiter beim schlichten Traditionsnamen: Sauber. Für Kontroversen sorgte auch die Umbenennung von AlphaTauri, das Schwesterteam von Red Bull heißt nun offiziell 'Visa Cash App RB', kurz Racing Bulls.

Sauber-Fahrer Guanyu Zhou
Daniel Ricciardo im Racing Bulls bei den Testfahrten in Bahrain, Foto: LAT Images

Die größte Änderung im Sportlichen Reglement betrifft das Sprint-Format: Ab der kommenden Saison werden das erste Training und das Sprint-Qualifying am Freitag, der Sprint am Samstagvormittag und das normale Qualifying am Nachmittag vor dem Rennen am Sonntag ausgetragen. Auch eine Reduzierung der erlaubten Motorenkomponenten und ein Verbot von Heizdecken waren geplant, beide Regeländerungen wurden aber letztlich wieder gekippt.

Eine Anpassung gab es hingegen beim Rennablauf. Ab sofort wird das DRS bereits eine Runde früher freigegeben, bisher war das erst nach zwei Rennrunden der Fall. Neben diesen Änderungen gab es noch weitere Anpassungen im Sportlichen und Technischen Reglement. Mehr dazu hier:

Brennpunkt Red Bull: Bleibt der Titelverteidiger der Topfavorit?

Never change a running system? Nicht bei Red Bull. Das Team aus Milton Keynes überraschte zur neuen Saison mit einer komplett neuen Design-Philosophie. Gerade als alle Teams dem Erfolgsgarant auf die Spur kamen, kehrten die Bullen dem Konzept der letzten beiden Jahre den Rücken zu.

Und der radikale Umschwung enttäuschte nicht: Am ersten Testtag lag Max Verstappen fast eine Sekunde vor dem Rest des Feldes. Vor allem das Grinsen von Verstappens Renningenieur Gianpiero Lambiase nach der ersten Runde sorgte für lange Gesichter bei der Konkurrenz. Kinderkrankheiten blieben dem RB20 erspart, lediglich kleinere technische Probleme plagten den zweiten Testtag.

Obwohl die Zeiten der Wintertests in Bahrain noch mit Vorsicht zu genießen sind, fürchten die Konkurrenten bereits eine große Lücke zum Titelverteidiger. "Leider gibt es ein Auto, das den größten Schritt gemacht zu haben scheint und es ist das Auto, was schon letztes Jahr am schnellsten war", so McLaren-Teamchef Andrea Stella. Für einige Konkurrenten war die Performance des neuen Boliden jedenfalls Grund genug, um Max Verstappen und Red Bull schon vor dem Auftakt in Bahrain zum WM-Titel zu gratulieren.

Brennpunkt Abflussgitter: Ist der Bahrain GP in Gefahr?

Reparaturarbeiten an der Strecke wegen einem defekten Abflussdeckel
Reparaturarbeiten von Abflussgittern bei den Testfahrten in Bahrain, Foto: LAT Images

Knapp drei Monate nach dem Gullydeckel-Debakel in Las Vegas wurde die Formel 1 bei den Wintertests in Bahrain erneut von einem sich lösenden Kanaldeckel heimgesucht. Sowohl der zweite als auch der dritte Testtag mussten wegen des gelösten Entwässerungsgitters in Kurve 11 für wenige Stunden unterbrochen werden. Grund dafür sind die extremen Sogkräfte, die die Ground-Effect-Autos am Unterboden entwickeln.

Werden die Abflussgitter beim Bahrain GP wieder für Ärger sorgen? Wie RacingNews365 bestätigte, sollen die Abflüsse rund um die Strecke mit Beton aufgefüllt werden. Da für die kommenden Tage ohnehin kein Regen vorhergesagt ist, sollte die kurzfristige Lösung auch kein Problem darstellen.

Brennpunkt Ferrari: Sind Leclerc und Sainz 2024 schneller?

Drei Tagesbestzeiten, zweimal Ferrari: Die Wintertests verliefen für die Scuderia im Jahr 2024 ganz anders als im Vorjahr. Laut Charles Leclerc sind die Schwachstellen des alten Autos ausgemerzt: "Was die Fahrbarkeit angeht, ist das Auto ein großer Schritt nach vorne. Das Auto ist viel einfacher zu fahren und ist weniger unberechenbar."

Ferrari-Fahrer Carlos Sainz Jr.
Carlos Sainz fuhr bei den Wintertests die Bestzeit ein, Foto: LAT Images

Der SF-24 schien zuverlässig und schnell. Mit einer Rundenzeit von 1:29,921 Minuten war Carlos Sainz der einzige Fahrer, der bei den Testfahrten eine Runde unter eineinhalb Minuten fuhr. Zweifel gibt es allerdings beim Reifenverschleiß. Erst der Bahrain GP wird zeigen, ob Ferraris Achillesferse mit dem SF-24 ausgemerzt ist. Die Scuderia geht jedoch fest davon aus, dass die Favoritenrolle weiterhin beim Team aus Milton Keynes bleibt. Ferrari schnappt sich damit wohl eher die Verfolgerrolle. Eine ausführliche Analyse zu Ferraris Testfahrten gibt es hier:

Brennpunkt Mercedes: Wieder ein Red-Bull-Verfolger?

Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton
Lewis Hamilton bei den Testfahrten in Bahrain, Foto: LAT Images

Ähnlich liefen die Testfahrten 2024 für Mercedes. Im vergangenen Jahr wurde der W14 immer mehr zu einer Belastung für das Team aus Brackley, ein Jahr später gibt es wieder Licht am Ende des Tunnels. "Zu dieser Zeit waren wir letztes Jahr in einer Welt der Schmerzen", so Technikchef James Allison. Die Charakteristiken der 'Diva' sollten mit dem W15 aus der Welt geschaffen sein.

Stattdessen sorgte Mercedes mit einer neuen Vorderradaufhängung für Aufsehen. Beim W15 kann der Anlenkpunkt des oberen hinteren Querlenkers am Chassis verschoben werden. Mehr dazu in diesem Artikel:

Laut Lewis Hamilton und George Russell soll das 2024er-Auto angenehmer zu fahren sein und eine stabile Plattform bieten. Auf einer schnellen Runde entspricht der neue Bolide zwar noch nicht den Erwartungen des Teams, doch mit der Pace auf dem Longrun ist der Technikchef zufrieden. Ob die beiden Piloten an der Spitze wieder mitmischen können, wird das Wochenende zeigen. Die Stimmung in Brackley scheint zumindest zu Saisonbeginn deutlich besser zu sein als im Vorjahr.

Nach den drei Testtagen in Bahrain und kurz vor dem Saisonstart haben Florian Niedermair und Lev Stockmann die zehn Formel-1-Teams noch einmal genau unter die Lupe genommen. Das Video dazu gibt es hier:

F1 Testanalyse 2024 - Team für Team: Wer kann Red Bull stoppen? (52:15 Min.)