Carlos Sainz erringt beim Formel-1-Rennen in Singapur einen dramatischen Sieg. Der Ferrari-Pilot rettete sich dank Teamwork mit Ex-Kollege Lando Norris hauchdünn vor Mercedes ins Ziel und feierte damit den zweiten F1-Triumph seiner Karriere und seinen ersten in der laufenden Saison. Der Erfolg des Spaniers beendete außerdem die Dominanz von Red Bull, die bis dato alle Grands Prix im Jahr 2023 gewonnen hatten. Lando Norris und Lewis Hamilton komplettierten das Podium. George Russell crashte in einer wilden letzten Runde im Kampf um Platz zwei. Weltmeister Max Verstappen betrieb nach dem Qualifying-Debakel am Samstag mit Platz fünf Schadensbegrenzung an einem gebrauchten Wochenende.

Das 15. Saisonrennen wurde von Anfang an durch Taktikspielchen bestimmt. Im ersten Stint bremste Sainz das Feld konsequent ein, sodass an der Spitze keine Boxenstopps möglich waren. In Runde 20 löste Williams-Pilot Logan Sargeant mit einem Unfall eine Safety-Car-Phase aus, welche nahezu das gesamte Feld für den Reifenwechsel nutzte. Einzig die Red-Bull-Piloten fuhren weiter, da sie auf dem harten Reifen gestartet waren und auf diese Weise Track Position gewannen.

Der große Verlierer der Boxenstopps war Leclerc, der durch den Doppelboxenstopp sowie eine langsame Reaktion der Ferrari-Crew von der zweiten auf die fünfte Position zurückfiel. Der Grand Prix wurde auch danach von der Bummelpace des Leaders bestimmt. Sainz, Russell, Norris, Hamilton und Leclerc lagen konstant innerhalb von vier Sekunden. Durch die dahinter auf alten Reifen fahrenden Verstappen und Perez, riss gegen Rennmitte eine Lücke von über 20 Sekunden zu den Verfolgern auf.

In Runde 44 brachte eine VSC-Phase die Wende im langatmigen Taktikspiel an der Spitze. Ferrari hatte nur noch Soft-Reifen zur Verfügung, Mercedes hingegen stand der Medium zur Wahl. Russell und Hamilton nutzten die Neutralisierung, um für das letzte Renndrittel auf den schnelleren Reifen zu wechseln. An der Spitze mussten Sainz, Norris und Russell daraufhin massiv das Tempo anziehen.

Zehn Runden vor dem Ziel hatten Russell und Hamilton die Lücke zu den Top-3 geschlossen und begannen Druck zu machen. Drei Runden vor dem Ziel begann der Showdown zwischen Sainz, Norris, Russell und Hamilton. Die Mercedes-Piloten bissen sich in einem nervenaufreibenden Finish die Zähne an Norris aus, der von Sainz das DRS gespendet bekam, um sich verteidigen zu können. In der letzten Runde crashte Russell auf der Jagd nach Norris und beendete sein Rennen in der Wand.

Sainz, Norris und Hamilton überquerten die Ziellinie nach 62 Runden innerhalb von knapp einer Sekunde. Für Sainz war es der zweite Sieg in der Formel 1 nach seinem Erfolg 2022 in Silverstone. Hinter den Top-3 komplettierten Leclerc, Verstappen, Gasly, Piastri, Perez, Lawson und Magnussen die Punkteränge. Der Bonuspunkt für die schnellste Runde ging an Hamilton.

Die Highlights vom Formel-1-Rennen in Singapur

  • Zweiter Formel-1-Sieg für Sainz
  • Mercedes scheitert an Norris
  • Drama um Russell in der letzten Runde
  • Red Bull erstmals 2023 geschlagen
  • Verstappens Rekordserie endet nach 10 Siegen
  • Ricciardo-Ersatz Lawson feiert erste Formel-1-Punkte
  • Stroll nach schwerem Qualifying-Unfall nicht am Start

Formel 1, WM-Stand 2023: Red Bull verpasst vorzeitigen Titelgewinn

Der WM-Stand: An der Spitze der Fahrerwertung wirkte sich das schwache Wochenende von Red Bull kaum aus. Verstappen führt weiterhin mit großem Vorsprung auf Perez. Dahinter machte Sainz einen großen Sprung und setzte sich auf Platz fünf von Leclerc ab. Russell warf durch seinen Fahrfehler in der letzten Runde 15 praktisch sichere Punkte weg und gerät langsam unter Druck von Norris. Die beiden Briten werden auf Rang acht und neun nur noch von zwölf Zählern getrennt. Mit Platz neun feierte Lawson die ersten beiden WM-Punkte seiner Karriere und steht damit an 19. Stelle, nur einen Zähler hinter Teamkollege Tsunoda.

In der Konstrukteurswertung verpasste Red Bull die Chance, bereits in Singapur die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Bei noch sieben Rennen ist das mit einem Vorsprung von 308 Punkten aber nur noch Formsache. Der Ausfall von Russell kostete auch Mercedes wertvolle Zähler im Kampf um Platz zwei bei den Herstellern. Der Gap auf Ferrari beträgt lediglich 24 Punkte.

Das Wetter: Die Bedingungen waren in Singapur am Sonntagabend mit einer kleinen Regenwahrscheinlichkeit von 24 Prozent wie schon das gesamte Wochenende über stabil. Zum Start des Rennens um 20:00 Uhr Ortszeit herrschten 30 Grad Celsius. Die Luftfeuchtigkeit betrug 74 Prozent. Die Asphalttemperatur lag beim Nachtrennen unter Flutlicht konstant bei 36 Grad Celsius.

Freches Hamilton-Manöver am Start

Die Reifenwahl: Die Top-10 waren sich für den ersten Stint weitestgehend einig. Bis auf eine Ausnahme wählten die Fahrer allesamt den Medium-Reifen. Leclerc entschied sich als einziger für den Soft-Compound, um den Traktionsvorteil am Start zu haben. In der zweiten Hälfte des Grids war mehr Abwechslung zu sehen. Verstappen, Perez und Bottas starteten auf Hard, Tsunoda, Piastri und Zhou auf Soft. Gasly, Albon und Sargeant wählten Medium.

Die Startphase: Der Start ging für Singapur-Verhältnisse äußerst gesittet über die Bühne. Sainz behauptete von der Pole Position aus die Führung mühelos, dahinter erwischte Russell einen schwachen Start und wurde sofort von Leclerc kassiert. Hamilton versuchte außen am Teamkollegen vorbeizugehen, musste jedoch in die Auslaufzone ausweichen. Er kürzte die erste Schikane ab und kehrte vor Russell und Norris als Dritter auf die Strecke zurück.

Hinter dem Mercedes-Duo und Norris folgten Alonso, Ocon, Magnussen, Hülkenberg und Verstappen. Für Tsunoda war das Rennen noch in der ersten Runde beendet. Er rollte in Kurve 14 mit einem Schaden an seinem AlphaTauri aus und musste Feierabend machen. Der Japaner meldete im Funk einen Kontakt mit Perez und vermutete einen Reifenschaden. In der zweiten Runde tauschten Hamilton und Russell die Positionen. Norris forderte ebenfalls den Platztausch.

Polesetter Carlos Sainz Jr. führt nach dem Start vor Charles Leclerc und George Russell
Lewis Hamilton musste nach dem Start zwei Positionen an George Russell und Lando Norris zurückgeben, Foto: LAT Images

Hamilton muss auch Norris vorbeilassen

Der frühe Rennverlauf: An der Spitze hielt sich Sainz seinen Teamkollegen trotz des langsameren Reifens erfolgreich vom Leib. Leclerc befand sich an der Grenze zum DRS-Fenster kam aber nicht in Schlagdistanz. Zhou steuerte als erster Fahrer bereits nach Runde zwei die Box an und wechselte von Soft auf Hard. Mercedes reagierte umgehend auf die Beschwerde von McLaren und wies Hamilton an, auch Norris vorbeizulassen. Der Rekordweltmeister kam dem nach und fiel dadurch auf Platz fünf zurück.

Der Gap zwischen Sainz und Leclerc pendelte weiter konstant zwischen acht Zehntelsekunden und einer Sekunde. Im Verfolgerfeld ging es ebenfalls eng zu. In Runde sieben wurden die ersten 17 Autos von nur 20 Sekunden getrennt. Einzig Zhou hatte nach seinem Pitstop den Anschluss ans Feld verloren. Dafür fuhr der Alfa-Romeo-Pilot zu diesem Zeitpunkt Rundenzeiten auf dem Niveau von Verstappen, der mittlerweile Achter war.

In Runde zehn erhielt Leclerc von Ferrari die Anweisung, sich auf drei Sekunden hinter Sainz zurückfallen zu lassen. Der Monegasse leistete Folge, konnte den Gap aber nicht wie angefordert herstellen, weil Russell nur anderthalb Sekunden hinter ihm lag. Drei Umläufe später merkte Leclerc im Funk an, dass Sainz das Tempo verlangsamt und forderte damit eine höhere Schlagzahl des Teamkollegen.

Sargeant-Unfall grätscht Teams in die Strategie

Kurz vor den Boxenstopps entzerrte sich das Feld an der Spitze leicht. Leclerc fiel auf über zwei Sekunden hinter Sainz zurück und auch Russell ließ ebenfalls zwei Sekunden abreißen. Verstappen fuhr als Achter nur 13 Sekunden hinter der Spitze. Bis zu Platz 13 lagen die Fahrer in Runde 17 weiterhin innerhalb von 20 Sekunden. Russell wurde langsam ungeduldig und fragte im Funk, was er tun muss, um vor die beiden Ferrari zu kommen.

In Runde 19 sorgte Logan Sargeant mit einem Fahrfehler in Kurve acht für eine überraschende Wende. Der Williams-Pilot fuhr sich durch einen Verbremser den Frontflügel an der Streckenbegrenzung ab. Nach dem Kontakt klemmte das Wrackteil unter dem Auto, wodurch Sargeant auf seinem Weg zurück an die Box weitere Teile auf der Strecke verteilte. Die Rennleitung rief eine Safety-Car-Phase aus und fast das gesamte Feld nutzte die Neutralisierung für den ersten Boxenstopp.

Hinter dem Safety Car führt Ferrari-Fahrer Carlos Sainz Jr. das Feld an
Das Safety Car brachte bei der Formel 1 in Singapur Bewegung ins Rennen, Foto: LAT Images

Leclerc großer Verlierer der Boxenstopps, Red Bull zockt

Die Boxenstopps: Einzig Verstappen, Perez und Bottas blieben draußen. Sie waren auf dem harten Reifen gestartet und nutzten die Gelegenheit, um Track Position zu gewinnen. Für Leclerc und Alonso wurden die hektischen Boxenstopps zum Ärgernis. Der Ferrari-Pilot musste zunächst seine Verfolger im Boxeneingang ausbremsen, um den Doppelboxenstopp hinter Sainz zu ermöglichen. Nach dem Reifenwechsel ließ ihn die Crew zu lange stehen, wodurch er auf Platz sechs zurückfiel. Alonso kassierte eine 5-Sekunden-Zeitstrafe, weil er sich zu spät zum Boxenstopp entscheid und regelwidrig die Pit-Entry-Linie überfuhr.

Der Restart: Sainz kontrollierte die Pace beim Restart souverän und erhielt von seinem Team außerdem die Anweisung, wie schon im ersten Stint eine gemächliche Pace anzuschlagen und das Feld hinter sich zu komprimieren. Auf über 20 Runden alten Reifen hatten Verstappen und Perez der Konkurrenz nichts entgegenzusetzen. Russell und Norris gingen ohne Schwierigkeiten am Weltmeister vorbei. Dahinter verlor Leclerc durch einen Verbremser einen Platz an Hamilton.

Ferrari setzt Strategiespielchen fort

Der weitere Rennverlauf: Gegen Rennhalbzeit war Verstappen bis auf Platz sechs durchgereicht worden. Vorne hatte Sainz mittlerweile das Tempo gedrosselt und dafür gesorgt, dass die Verfolger wie von seinen Strategen gefordert im Verkehr steckten. Bis zu Leclerc auf Rang fünf betrug der Abstand nur viereinhalb Sekunden. Verstappen und Perez fuhren in Abständen von jeweils drei Sekunden. Hinter dem Red-Bull-Duo lagen neun Autos in zehn Sekunden.

Im Mittelfeld rissen ab Runde 30 mehrere Lücken auf. Magnussen und Gasly balgten sich um Platz zehn. Dem Dänen im Haas gingen einmal mehr die Reifen ein, wodurch er auf über fünf Sekunden hinter Ocon zurückfiel. In der 36. Runde verbremste er sich im ersten Sektor massiv und fiel in einer halben Runde bis auf Rang 16 zurück. Im Kampf um Platz sieben biss sich Alonso die Zähne an Perez aus und wurde dabei von Ocon kassiert.

In Runde 40 steuerte Perez für den ersten Reifenwechsel die Box an, nachdem er eingebrochen war und von Ocon, Alonso sowie Gasly überholt wurde. Der Mexikaner wählte für das letzte Renndrittel den Medium-Reifen, fiel durch den Service aber ans Ende des Feldes zurück. Verstappen stoppte eine Runde später ebenfalls für Mediums. Er griff als 15. wieder ins Geschehen ein.

Zweikampf zwischen Max Verstappen und George Russell
Mercedes sorgte in Singapur für ein spannendes Finish, Foto: LAT Images

Mercedes nutzt VSC für Medium-Gamble

In der 44. Runde kam es zu einer zweiten Neutralisierung. Ocon rollte mit einem Defekt in Kurve eins aus. Die Offiziellen entschieden auf Virtual Safety Car, unmittelbar nachdem die Führenden den Boxeneingang passiert hatten. Einen Umlauf später entschieden sich Russell, Hamilton und Alonso, die Gelegenheit für einen zweiten Boxenstopp zu nutzen. Die Mercedes-Fahrer wählten Medium, bei Alonso ging der Service für Softs gehörig in die Hose. Er musste erst seine Zeitstrafe absitzen, danach verlor er zusätzliche Zeit bei einem verpatzten Reifenwechsel.

Bei Freigabe des Rennens lagen Russell und Hamilton 17 respektive 22 Sekunden hinter Leader Sainz auf den Plätzen vier und fünf. Für Alonso ging der Horror-Sonntag gleich darauf weiter. Er leistete sich in Kurve 14 einen Verbremser und fiel durch den Fehler samt Wendemanöver auf die 17. und letzte Position zurück. Die Rundenzeiten von Russell und Hamilton setzten derweil die Top-3 massiv unter Druck. Sie waren rund zwei Sekunden pro Runde schneller und holten in großen Schritten auf Sainz, Norris und Leclerc auf.

Sainz und Norris besiegen Mercedes im Tag-Team, Russell crasht im Finish

Die Schlussphase: Zehn Runden vor Schluss hatte Russell den Anschluss an Leclerc hergestellt und der Mercedes-Pilot fackelte nicht lange. Einmal im DRS-Fenster, machte er in Kurve 14 kurzen Prozess mit dem Ferrari-Fahrer und übernahm Platz drei. Einen Umlauf später ging auch Hamilton vorbei. Die Lücke zu Sainz und Norris betrug jedoch noch über fünf Sekunden und die beiden Briten mussten sich ranhalten, denn ihnen gingen langsam die Runden aus.

In der 59. Runde waren Russell und Hamilton hinter Sainz und Norris im DRS-Fenster. Norris verteidigte sich hart und blieb vorne, weil Sainz ihm seinerseits weiter das DRS spendete. Die Mercedes-Fahrer bissen sich am McLaren bis zum Finish die Zähne aus. In der letzten Runde crashte Russell in Kurve zehn beim verzweifelten Versuch, Norris zu knacken. Sainz überquerte die Ziellinie nach 62 Runden mit 0,812 Sekunden Vorsprung auf Norris. Auf Platz drei lag Hamilton 1,269 Sekunden zurück.