Carlos Sainz war der heimliche Held der Qualifikation von Melbourne. Zwei Wochen nach seiner Blinddarm-OP war der Ferrari-Pilot der heißeste Anwärter auf Pole. Am Ende hat es nicht ganz gereicht, weil sich Max Verstappen einmal mehr im Q3 steigern konnte, während die Konkurrenz stagnierte. Trotzdem war Sainz noch erster Verfolger.

"Hätte man mir vor zwei Wochen auf dem OP-Tisch in Jeddah gesagt, dass ich hier um Pole kämpfe, dann hätte ich dieses Qualifying auf jeden Fall genommen. Nach P1 in Q1 und Q2 und mit dem Wissen, dass ich in Q3 Zeit habe liegen lassen, dann ist es etwas enttäuschend", gesteht der Spanier selbstkritisch.

Um 4 Tausendstelsekunden verbesserte sich Sainz von Q2 auf Q3. Verstappen hingegen holte noch einmal fast eine halbe Sekunde. Dass sich Sainz nicht noch stärker verbesserte, hatte auch mit einem Fehler in der Highspeed-Schikane zu tun. "Wenn man Max schlagen will, muss man bei 100 Prozent sein. Wenn ich das heute geschafft hätte, wäre Pole drinnen gewesen. Eine 15,9 war machbar", so Sainz.

Verstappen umrundete den Albert Park auf seiner Pole-Runde in 1:15,915 Minuten. Tatsächlich verlor Sainz durch seinen Fehler in den Kurven 9 und 10 deutlich. Die gesamte DRS-Zone bis Kurve 11 fehlte ihm der Schwung. Die Zahlen zeigen aber, dass er im Vergleich zur vorherigen Runde 'nur' knapp zwei Zehntel verlor. Sein Rückstand betrug am Ende 0,270 Sekunden.

Weicher Reifen zu weich für Sainz

Dabei war die Highspeed-Passage das gesamte Qualifying über seine Achillesferse. Sein Problem: Der weiche Reifen. Im 3. Freien Training fuhr Sainz auf dem Medium-Reifen fast absolute Bestzeit. Auf dem C5-Reifen konnte er sich nicht verbessern. "Beim weichen Reifen fehlt mir das volle Vertrauen, er überrascht mich immer wieder", erklärt der Ferrari-Pilot. "Die Hinterachse bricht immer wieder aus, weil die Karkasse für meinen Geschmack zu weich ist."

"Wenn man mir vier Sets Medium für das Qualifying gegeben hätte, hätte ich sie vielleicht genommen", so Sainz. Das Problem sind dann allerdings die langsamen Kurven, in denen der C5 seinen Extra-Grip ausspielt. Im Qualifying war der Medium aber auch deshalb keine Option, weil die Piloten nicht genügend Reifensätze haben. Vor dem Rennen steht nur noch ein Satz zur Verfügung.

Der 29-Jährige trauert nach der Qualifikation auch noch dem verpassten Jeddah-Wochenende hinterher: "Ich lerne dieses Auto noch immer erst kennen. Ich habe in Jeddah ein Qualifying und ein ganzes Rennen verpasst. Ich hätte dort die Dinge lernen können, die ich heute im Q3 nicht anwenden konnte. Denn das Auto hat mich in ein paar Kurven überrascht, als wir den Flügel verstellt haben."

Im Rennen kein Soft: Sainz rechnet mit Siegchancen

Die Gute Nachricht: Im Rennen wird der C5 keine Rolle spielen. Auch das macht Sainz Mut: "Unsere Rennpace sah so gut aus, dass ich zuversichtlich bin, dass wir um den Sieg kämpfen können." Die erste Gelegenheit gibt es am Start. Bleibt Sainz da hinter Verstappen, fürchtet er um seine Reifen: "Der Medium-Reifen neigt sehr stark zum Körnen. Dabei im Verkehr hinter dem Red Bull zu sein, wäre nicht das Beste für den Reifen."

Außerdem bleibt die Physis weiterhin ein Fragezeichen. "Nach sieben bis zehn Tagen im Bett ist es unmöglich, sich 100-prozentig zu fühlen. Aber das Gute ist, dass ich keine Schmerzen habe. Es fühlt sich nur komisch an. Es fühlt sich innen als, als würde sich alles mehr bewegen. Du brauchst Vertrauen, um die Core-Muskulatur so anzuspannen wie zuvor."