Das langfristig angelegte Projekt von SMP Racing und seiner Designschmiede BR Engineering ist aufgrund der neuen LMP2-Regelungen für 2017 drastisch komprimiert worden: Spätestens 2019 muss der BR01 ins Museum rollen, wenn in der asiatischen Le Mans Serie der letzte Vorhang für die aktuelle LMP2-Fahrzeuggeneration fällt. Doch schon ab 2017 wird das russische Fahrzeug nur noch ein "grandfathered" Prototyp sein, der neben den neuen Boliden eingesetzt werden darf. Um wenigstens noch ein bisschen kommerziellen Erfolg zu haben, will BR Engineering schnell in alle erdenklichen Serien expandieren. Die Frage ist nur, ob sich Kunden für ein bald schon altes Eisen finden lassen.

Nicolas Minassian, einer der professionellen Fahrer im Rennstall von Boris Rotenberg, erklärt gegenüber Daily Sportscar die Strategie: "Das Auto ist schnell und wegen der Entscheidung des ACO wird es bald nicht mehr einsetzbar sein. Deshalb sind wir jetzt richtig in Eile, Erfolg zu haben. Wir wollen jetzt gewinnen und nicht erst nächstes Jahr." Auch Geschäftsführer Benjamin Durand weiß, dass 2016 vermutlich die letzte Gelegenheit sein wird, noch einen Abnehmer für den Wagen zu finden. In der ELMS wird der BR01 noch bis 2018, in der AsLMS sogar noch bis 2019 einsatzfähig sein.

Dauerläufer: Ein Le-Mans-Rennen hat der BR01 schon hinter sich, Foto: Speedpictures
Dauerläufer: Ein Le-Mans-Rennen hat der BR01 schon hinter sich, Foto: Speedpictures

USCC, WEC, ELMS: BR01 soll auf allen Hochzeiten tanzen

Interesse scheint aus der USCC zu kommen, denn BR Engineering erwägt eine Expansion jenseits des Atlantiks: "Egal welcher Kontinent, die Teams wollen Support, daher diskutieren wir, wie eine Schnittstellen in den Vereinigten Staaten aussehen könnte", sagt Durand gegenüber Endurance Info. "Es hat dort Interesse am BR01 gegeben, aber wir wissen, dass es schwierig wird, Autos zu verkaufen, da wir nicht zu den ausgewählten Herstellern für 2017 gehören." Die Möglichkeiten in der USCC sind also begrenzt, zumal dort das größte Interesse besteht, möglichst schnell auf die neue Prototypen-Generation umzusteigen.

Beim ELMS-Lauf in Le Castellet zeigte der Prototyp erstmals sein ganzes Potenzial, Foto: Adrenal Media
Beim ELMS-Lauf in Le Castellet zeigte der Prototyp erstmals sein ganzes Potenzial, Foto: Adrenal Media

Daher gehen die Planungen derzeit nicht über ein Engagement bei den 24 Stunden von Daytona hinaus. Stattdessen fokussiert SMP Racing eine Werbekampagne für den BR01 auf der Weltbühne und will daher in die WEC zurückkehren. "Die Entscheidung wird im Dezember getroffen werden, aber das Ziel ist, den BR01 in die FIA WEC zu bringen", so Durand. Das würde ein Ende des Engagements in der ELMS bedeuten, doch hier kommen mögliche Kunden ins Spiel: Murphy Prototypes hat bereits einen Test mit dem BR01 absolviert und eine Anschaffung des Boliden für drei Jahre wäre durchaus eine Option.

Durand betreibt nun aggressives Marketing. Beim ELMS-Lauf auf dem Paul Ricard HTTT wurden bewusst die schnellsten Piloten in der Anfangsphase auf die Fahrzeuge gesetzt, die einen großen Vorsprung herausfuhren, nur um ihn später hinterm Safety Car wieder zu verlieren. Darüber hinaus wurde der Reifenhersteller gewechselt: Statt Michelin werden nun Dunlop-Pneus benutzt. Minassian formuliert es diplomatisch: "Wir hatten eine lange und glückliche Beziehung mit Michelin, aber die Realität sieht nun einmal so aus, dass wir jetzt wirklich pushen müssen. Der Wechsel ermöglicht eine bessere Vergleichbarkeit mit den Gegnern."

Da Boris Rotenberg, nach dessen Initialen der BR01 benannt ist, aufgrund seiner engen Beziehung zu Vladimir Putin auf der Sanktionsliste der Vereinigten Staaten steht, kann SMP Racing keine Dunlop-Reifen direkt beziehen. Doch ein einfacher Kniff machte es möglich: Da SMP Racing eng mit AF Corse verbandelt ist, wurde das Team einfach in AF Racing umbenannt. Schon kamen die Reifen wie von selbst.

Nachfolgeprojekt muss nachhaltiger werden

Dennoch muss sich BR Engineering früher als gewollt die Frage nach der Zukunft stellen. Die Russen waren sehr erbost über das neue Reglement, das ausdrücklich gegen das eigene Projekt gerichtet war. Ein Fahrzeug exklusiv mit einem Team zu entwickeln, war für den ACO gegen den Geist der P2-Regularien, weil so die Kostenobergrenze effektiv unterlaufen wird. Und Geld wurde investiert: Für das Design des BR01 hat Rotenberg keinen geringeren als Paolo Catone angeheuert, der einst die ultraschnellen Peugeot 908 entworfen hatte.

Noch immer ist Benjamin Durand nicht sehr glücklich über den Schritt des Le-Mans-Veranstalters, obschon ein neues Reglement lange im Voraus angekündigt worden war. "Niemand macht all das [was wir tun], um Geld zu verlieren. Es gibt den Willen, mit einem russischen Produkt zu gewinnen, aber das Budget ist nicht unendlich." Nach Verkündung der LMP2-Regeln überlegte SMP Racing offen, dem gesamten ACO-Zirkus den Rücken zu kehren.

Doch die Prototypen-Erfahrung einfach für nichts erworben zu haben, scheint auch keine sinnvolle Option zu sein. Und so erwägt BR Engineering nun doch den heimlich vom ACO gewollten Schritt: "Wir haben eine Vielzahl von Optionen, die wir evaluieren. Ein LMP1-Engagement ist Teil davon." Laut Durand wolle SMP Racing unbedingt im Langstrecken-Bereich bleiben. "Aber wir wollen so etwas nicht noch einmal erleben. Wir erwarten Stabilität bei den Regen." Dummerweise brüten ACO und involvierte Hersteller aktuell über einem neuen LMP1-Reglement...