Robert Wickens ist rund dreieinhalb Jahre nach seinem schweren IndyCar-Unfall 2018 ins Rennauto zurückgekehrt. Im Rahmen des 24-Stunden-Rennen von Daytona geht der Kanadier in der IMSA Michelin Pilot Challenge auf einem Hyundai des Teams Bryan Herta Autosport an den Start. Es ist schon jetzt das Comeback des Jahres im Motorsport für Wickens, der im Rollstuhl sitzt und einen technisch für ihn angepassten Hyundai Elantra N TCR steuert.

Für Fans weltweit ein emotionales Ereignis - für den 32-Jährigen selbst eher weniger. Ganz im Gegenteil: Von Emotionen wollte Wickens einen Tag vor dem Rennen überhaupt nichts wissen. Stattdessen: Frust über das verpatzte Qualifying! 'Nur' Startplatz sieben, Regenreifen auf abtrockender Strecke sei Dank. Eigenständig gehen kann Wickens derzeit nicht, von seinem Biss hat er aber kein Stück verloren.

"Ich bin emotional eher frustriert, dass wir nur Siebter waren", sagte Wickens am Donnerstag in Daytona. "Wenn du drei Jahre lang planst, in den Rennsport zurückzukehren, dann willst du besser abschneiden. Die Arbeit steht jetzt im Vordergrund, Emotionen sind da aktuell nicht viele dabei. Erst nach dem Rennen nehme ich mir die Zeit, über alles zu reflektieren."

Wickens: "Will wieder in die höchsten Motorsport-Klassen"

Ob Wickens, der 2018 beim IndyCar-Rennen in Pocono schier unzählige Knochenbrüche erlitten hatte, überhaupt jemals in ein Rennauto würde zurückkehren können, stand lange in den Sternen. Jetzt will der frühere DTM-Pilot aber nicht zurückblicken, sondern nach vorne schauen. Während der Pressekonferenz ließ Wickens in keinem Moment einen Zweifel daran aufkommen, dass er zurück will in die obersten Klassen des Motorsports. Dabei ist noch nicht einmal klar, ob er den Rollstuhl jemals wieder verlassen kann.

"Ich will wieder in die höchsten Motorsport-Klassen", machte er klar. "Hier habe ich eine tolle Gelegenheit, zu beweisen, was möglich ist. Die IMSA Michelin Challenge ist sehr konkurrenzfähig. Wenn es uns gelingt, hier um den Titel zu fahren, dann ist für die Zukunft alles möglich." Glasklare Ansage: "Ich will gewinnen. Ich bin nicht hier für eine Medien-Tournee."

Foto: LAT Images
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Herta: "Eine persönliche Angelegenheit"

Mit Bryan Herta Autosport hat sich Wickens für dieses Vorhaben eine gute Basis ausgesucht. Das Team um den früheren Rennfahrer Bryan Herta hat die Meisterschaft in den vergangenen drei Jahren in Folge gewonnen. "Es einfach nur zu machen, ist eine Sache", sagte der US-Amerikaner. "Gewinnen zu wollen, eine andere. Ich glaube daran, dass es möglich ist."

Herta weiter: "Ich war in Pocono, als Robby den Unfall hatte. Ich habe so viel erlebt in diesem Sport. Ich habe viel Schmerzen bei anderen gesehen, konnte aber nie helfen. Diesmal hat es funktioniert. Für mich ist das hier eine sehr persönliche Angelegenheit."

Der Hyundai Elantra N TCR, den sich Wickens mit Teamkollege Mark Wilkins teilt, wurde speziell an seine Bedürfnisse angepasst. Da Wickens seine Beine nicht zum Fahren nutzen kann, steuert er den Hyundai ausschließlich mit den Händen. Ein Metallring wurde ans Lenkrad angebracht, mittels dem er die Bremsen betätigen kann. Über zusätzliche Pedale am Lenkrad kann Wickens beschleunigen und schalten. Teamkollege Wilkins kann das System außer Kraft setzen und die Pedale im Fußraum nutzen, wenn er das Auto beim Fahrerwechsel übernimmt.

Wickens "bei 70 Prozent" im Rennauto

Wickens: "Es gibt immer unvorhersehbare Herausforderungen, aber das System ist absolut zuverlässig. So konnte ich mich voll auf mich fokussieren. Nicht nur bei dem Hand-System, sondern auch bei dem, was das Auto braucht, um schnell zu sein. Ich bin jetzt bei 70 Prozent von dem, wo ich mit dem Auto sein möchte."

Wickens' Rückkehr in den Rennsport bei der IMSA Michelin Pilot Challenge, in der er nach dem Auftakt in Daytona alle weiteren Saisonrennen bestreiten will, ist nur eine gute Nachricht für den früheren Mercedes-Werksfahrer. "Ich habe oft darüber nachgedacht, dass ich so etwas nicht mehr erleben würde. Aber ich wollte immer zurück ins Rennauto und habe zwei Jahre lang nach Möglichkeiten gesucht. Jetzt werde ich dieses Jahr Vater und fahre wieder Rennen - schon jetzt ein perfektes Jahr 2022."