Dr. Gerd Ennser ist erwartungsgemäß zum neuen ADAC-Sportpräsidenten gewählt worden. Der 62-Jährige tritt die Nachfolge von Hermann Tomczyk an, der nach 24 Jahren im Amt altersbedingt nicht mehr zur Wahl stand. Sein Nachfolger Ennser erhielt 96 Prozent der Stimmen aus dem Kreis der 220 Delegierten aus 18 Regionalclubs.

Ennser blickt auf große Erfahrung im Motorsport in leitenden Funktionen zurück, war als Vize-Präsident des Deutschen Motorsport Bundes (DMSB) und als FIA-Sportkommissar international in der Formel 1 im Einsatz. Beruflich war der Passauer zunächst als Rechtsanwalt in der Automobilindustrie tätig, später als Staatsanwalt und Richter. Heute ist er Direktor am Amtsgericht Freyung.

"Als ADAC Sportpräsident will ich für unsere 1850 ADAC Ortsclubs in Deutschland mit zukunftsfähigen Konzepten den Nachwuchs- und Breitensport fördern und Perspektiven aufzeigen", sagt Ennser. "Motorsport, Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein schließen sich nicht aus. Und der ADAC kann mit überzeugenden Konzepten und guten Strategien eine Vorreiterrolle übernehmen."

Foto: DMSB
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Tomczyk: Blicke mit großer Zufriedenheit zurück

Aufgrund der Corona-Pandemie musste die ADAC-Hauptversammlung erstmals als Videokonferenz durchgeführt werden. Die Delegierten nahmen an der Veranstaltung virtuell teil und übten ihre Stimmrechte digital aus. In diesem Rahmen wurde Tomczyk nach fast einem Vierteljahrhundert an der Spitze der Sportaktivitäten des Automobilclubs verabschiedet. Der 70-Jährige leitete die Geschicke des ADAC über sechs Amtsperioden.

Am Rande des ADAC GT Masters Saisonstarts in Oschersleben sagte Tomczyk mit Blick auf seine Karriere zur dpa: "Es ist ein gutes Gefühl. Bei der Vorbereitung meines Nachfolgers habe ich mir eine Rückschau erlaubt, was ich sonst eigentlich seltener mache, weil das nicht zielführend ist. Ich kann mit großer Zufriedenheit auf eine spannende Zeit im Motorsport zurückblicken. Zweieinhalb Jahrzehnte, das ist schon ein Zeitrahmen."

Zu den Highlights seiner ADAC-Zeiten zählt Tomczyk unter anderem die Nachwuchsarbeit, die Formel-1-Weltmeistern wie Sebastian Vettel oder Nico Rosberg ihren Weg geebnet hat. Anhaltende Kritik im Bereich der Ausbildung von Motorradsport-Talenten hielt Tomczyk weiter für nicht angebracht: "Ich kenne keinen Verband, der uneigennützig seit 25 Jahren Nachwuchsarbeit macht - im Motorrad- und Automobilbereich."

Formel 1 Video: FIA Chef-Steward Gerd Ennser im Interview: (07:51 Min.)

Formel-1-Rückkehr nach Deutschland schwierig

Die Rückkehr der Formel 1 an den Nürburgring mit dem Luxemburg GP 1999 und die Deutschland-Rallye im Rahmen der WRC-Weltmeisterschaft zählte Tomczyk ebenfalls zu seinen Höhepunkten. "Oder der Grand Prix am Sachsenring, Motorrad lag ja am Boden in Deutschland", so der Rosenheimer.

Während der Sachsenring langfristig im Rennkalender der MotoGP enthalten bleibt, sieht es in Sachen Formel 1 und Rallye-WM eher düster aus. Eine Rückkehr der F1 nach Deutschland unter normalen Umständen hielt Tomczyk für eine äußerst schwierige Angelegenheit.

"Bis dato hatten wir die Situation, dass der Grand Prix vom Veranstalter finanziert werden musste mit Zuschauereinnahmen", sagte er. "Da sind wir im Vergleich mit anderen Grand Prix ganz weit hinten, wo der Industriepartner oder die Länder dahinter stehen. Wir können mit den Antrittsgeldern nicht mithalten."

Foto: ADAC Formel 4
Foto: ADAC Formel 4

Tomczyk über Corona: Schreckliches Jahr

Zuletzt stellte die anhaltende Corona-Pandemie auch den Motorsport - sowohl in der Spitze als auch in der Breite - vor eine enorme Herausforderung. Tomczyk in ungeschönten Worten: "Das Jahr war schrecklich, das darf nicht nochmal passieren. Ich hoffe, dass wir jetzt ein Ende erreicht haben. Dann ist das Schlimmste vermieden worden, dass uns noch mehr an der Basis wegbricht. Das ist der Unterbau, den wir brauchen, den Motorsport in der Breite gesellschaftsfähig zu halten."

Tomczyk kennt den Motorsport als Aktiver, vor allem aber als Funktionär. Der am 15. Dezember 1950 in Mais/St. Georgen geborene Bayer gehört seit 1970 dem ADAC an, ab 1997 als Sportpräsident. Tomczyk ist unter anderem Ehrenpräsident des DMSB. 2017 wurde er für vier Jahre zum Vizepräsidenten Sport beim Automobil-Weltverband FIA gewählt. Der diplomierte Kaufmann ist verheiratet und hat zwei Söhne, darunter den früheren DTM-Champion Martin.