Der Tyrannosaurus Rex gilt als eines der mächtigsten, fleischfressenden Tiere, die dieser Planet je gesehen hat. Allerdings ist die Zeit des Theropoden mittlerweile schon lange abgelaufen. Vor rund 65 Millionen Jahren sind er und seine Artgenossen ausgestorben. Den T-Rex gibt es aber nach wie vor; nicht nur im Kino, sondern auch in der MotoGP.

Zumindest gab sich Loris Capirossi 2007 diese Bezeichnung, als er seinen Spitznamen Capirex kurzfristig in Capi-T-Rex umwandelte. Der Italiener ist zwar kein Raubtier, doch er war der Ansicht, weil er schon so lange in der WM fährt und nicht mehr zu den Jüngsten gehört, wäre das angebracht. "Man sagt mir, ich wäre ein MotoGP-Dinosaurier, deswegen habe ich entschieden, auf diese Bezeichnung anzuspielen, indem ich mein klassisches Capirex-Logo in Capi-T-Rex umwandle", sagte er 2007. Obwohl er in Katar seinen 300. Grand Prix bestreitet und den Rekord an Grand-Prix-Teilnahmen hält, ist das "T" wieder verschwunden. Auf Beutezug geht T-Rex aber nach wie vor.

Der T-Rex feiert seinen 300. Grand Prix., Foto: Milagro
Der T-Rex feiert seinen 300. Grand Prix., Foto: Milagro

Bei seinen bisherigen Raubzügen war Capirossi allerdings nicht immer unkontrovers unterwegs. Vor allem das Jahr 1998 ist dabei gut im Gedächtnis geblieben. Der Italiener fuhr in der 250cc-Klasse für Aprilia und kämpfte mit seinem Teamkollegen Tetsuya Harada um die Weltmeisterschaft. Beim letzten Rennen in Argentinien kam es in der letzten Runde zum Kontakt zwischen Harada und Capirossi.

Besonders pikant: Capirex hatte den Japaner von hinten getroffen. Harada kam von der Bahn ab, Valentino Rossi gewann das Rennen und Capirossi sicherte sich mit Rang zwei den Titel. Es folgte der Rausschmiss bei Aprilia, wobei Capirossi vor Gericht Recht bekam und auch die Motorsportkommission urteilte, dass alles legal gewesen war. Mit Harada hat er sich auch ausgesöhnt und ist sogar mit dem Japaner befreundet, der wie er in Monaco lebt.

In der Saison 1999 gab es die nächste Kontroverse. Wegen eines Startzwischenfalls mit Marcellino Lucchi in Mugello und Überholens unter gelber Flagge bekam er die schwarze Flagge gezeigt und wurde für das folgende Rennen in Barcelona gesperrt. Die Folgen waren allerdings angenehmer. Capirossi bekam frei, durfte ein wenig Urlaub machen und traf dabei in einer Disco in San Remo Ingrid Tence, die im Jahr 2002 seine Ehefrau wurde.

Die Wege von Ducati und Capirossi trennten sich., Foto: Ducati
Die Wege von Ducati und Capirossi trennten sich., Foto: Ducati

2007 gesellte sich noch Sohn Riccardo zu dem Paar hinzu. Ungeachtet kontroverser Zwischenfälle mit gutem Ausgang konnte Capirossi in seiner Karriere auch viele Erfolge feiern. So gewann er schon in seiner ersten vollen 125cc-Saison 1990 im Alter von 17 Jahren den WM-Titel.

Acht Mal fuhr er damals auf das Podest, drei Mal gewann er. Im darauffolgenden Jahr legte er noch zu, stand in 13 Rennen zwölf Mal auf dem Podest, gewann davon fünf Mal und wurde ein Mal Sechster. Kein Wunder also, dass er 1992 in die 250er-Klasse wechselte, wo er 1993 und 1994 insgesamt sieben Siege und 16 Podiumsplatzierungen herausfuhr. Für den Titel reichte es zwar nicht, aber die Macher der 500cc-Klasse sahen ihn bereit für den Aufstieg.

Dort wollte der Nachbrenner bei Capirossi aber nicht so richtig zünden. Auf der Honda der Pileri Mannschaft kam er in seiner ersten Saison ein Mal auf das Podest und wurde in der Weltmeisterschaft am Ende Sechster. 1996 kam der Wechsel auf Yamaha und ins Team Rainey. Zwar sprang in der WM nur Platz zehn heraus, doch dafür durfte er seinen ersten Sieg in der Königsklasse feiern. Trotzdem entschied er sich, zurück in die 250er-Klasse zu gehen, wo nach einem mittelmäßigen Jahr 1997 der bereits erwähnte WM-Gewinn mit Nebengeräuschen folgte. Danach blieb Capirossi noch ein weiteres Jahr in der Viertelliter-Klasse auf einer Honda, worauf der endgültige Umstieg in die Königsklasse folgte.

Loris Capirossi fährt auch 2010 für Suzuki, Foto: Rizla Suzuki
Loris Capirossi fährt auch 2010 für Suzuki, Foto: Rizla Suzuki

Zunächst mit Honda auf einer 500er unterwegs, machte er mit der Marke auch den Wechsel auf die 990er mit. 2003 folgte die italienische Traumhochzeit zwischen Capirossi und Ducati. Diese neue Verbindung hatte ihm allerdings in der Saison davor eine bessere Endplatzierung erschwert. 2001 noch Dritter in der Weltmeisterschaft gewesen, plagte Capirossi im Jahr darauf nicht nur eine Handgelenksverletzung, sondern er wurde zu Saisonende gegenüber seinem Teamkollegen Alex Barros auch beim Material benachteiligt, da man einen vom Team scheidenden Fahrer eben nicht gerne mit neuesten Entwicklungen ausrüstet.

Mit Ducati versprach alles besser zu werden. Gleich im ersten gemeinsamen Jahr gab es auch den ersten Sieg und insgesamt sechs Podestplätze. Doch der gute Auftakt konnte 2004 nicht fortgesetzt werden. Die Maschine hatte zwar Speed wie keine Zweite, doch es fehlte der Grip, weswegen sowohl Capirossi als auch Teamkollege Troy Bayliss zu kämpfen hatten. Bayliss verließ Ducati am Ende des Jahres und versuchte sich noch ein weiteres frustrierendes Jahr mit Camel Honda in der MotoGP, bevor er zurück in die Superbike-WM ging. Capirossi blieb Rot treu und mit zunehmender Stärke der Bridgestone-Reifen stiegen auch seine Chancen wieder.

Bereits Ende 2005 deutete sich an, dass mit dem Paket zu rechnen war, 2006 hätte dann die große Stunde für die italienisch-italienische Zusammenarbeit schlagen können. Das Jahr begann stark und neben einem Sieg in Jerez gab es zweite Plätze in Frankreich und Italien. Gemeinsam mit Nicky Hayden führte Capirossi die WM an, als es zum Rennen in Barcelona ging. Dort erhielten die WM-Träume einen Dämpfer.

Loris Capirossi beim Valencia GP 2007., Foto: Ducati
Loris Capirossi beim Valencia GP 2007., Foto: Ducati

Bei einem Massensturz am Start war Capirossis Ducati mittendrin und er verletzte sich. Die Folgen des Sturzes waren ihm danach deutlich anzumerken. Er fuhr zwar mit, quälte sich aber mit Schmerzen herum. Erst nach der Sommerpause schien er wieder in guter Form zu sein. 23 Punkte fehlten am Ende auf Weltmeister Hayden, damit wurde er WM-Dritter.

Ohne den Barcelona-Zwischenfall hätte er durchaus ganz oben stehen können. Statt eines erneuten Angriffs auf die Spitze folgte 2007 der Wechsel auf die 800er. Während Casey Stoner damit gut zurecht kam, kämpfte Capirex mit dem Motorrad. Als in Laguna Seca Marco Melandri als zweiter Werksfahrer für die kommende Saison bekanntgegeben wurde, kam es zur Trennung zwischen Loris und Ducati. Er hätte eine dritte Maschine im Werksteam oder ein Satelliten-Motorrad haben können, doch der Italiener wechselte lieber zu Suzuki.

Obwohl Capirossi zugibt, manchmal zum Training getrieben werden zu müssen, ist er nach eigenen Aussagen so fit wie nie zuvor. Seinen Heimtrainer zu Hause in Monaco mag er aber nicht. Wie es nach der Karriere auf zwei Rädern weitergehen soll, weiß Capirossi bereits. Er will sich eine neue Herausforderung suchen und nicht weiter in der MotoGP tätig sein. Möglicherweise legt er sich ein großes Schiff zu und verabschiedet sich in Richtung Horizont.

Der T-Rex reitet auf einem weiteren Schwergewicht., Foto: Suzuki
Der T-Rex reitet auf einem weiteren Schwergewicht., Foto: Suzuki

Da er sich selbst als fantastischen Koch bezeichnet, würde er wohl auf keinen Fall verhungern. Außerdem ist Capirossi selbst sein bester Mechaniker - zumindest zu Hause. Der Italiener ist ungeduldig und bevor er auf einen Helfer wartet, repariert er seine Autos lieber selbst, installiert die Elektrik oder verlegt den Parkettfußboden. Er würde sich also auch auf Dauer auf einem Schiff gut einfinden. Eine Segelyacht wird es aber wohl nicht werden, denn zu Capirossis Lieblingssportarten gehört alles, was einen Motor hat. Ein völliger Dinosaurier kann er also nicht sein.

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