Die Diskussionen über Regeländerungen in 2011, vielleicht gar schon für 2010, haben begonnen. Werden die gravierend ausfallen oder nur leichte Änderungen sein? Was ist der Plan?
Herve Poncharal: Wenn Du Dir anschaust, was bei dem Scot-Team passiert ist, das sie ihren Fahrer aus finanziellen Gründen wechseln mussten, wenn du siehst, dass es vielen Teams im Moment schlecht geht, dass die Startaufstellung nur aus 17 Fahrern besteht, dann müssen wir ganz klar darüber nachdenken, was zu tun ist. Ich glaube nicht, dass sich die wirtschaftliche Situation in den nächsten beiden Saisons drastisch verbessern wird. Sie wird sich hoffentlich erholen, aber das wird nur langsam von statten gehen. Daher müssen wir Lösungen finden. Denn auch wenn die Werke pushen und mehr Motorräder bauen, aber die Bikes keiner kauft, verbessert sich nichts. Aber es gibt viele Ideen.

Wie sieht die Strategie zur Lösungsfindung aus?
Herve Poncharal: Die Grand Prix Commision setzt sich aus Dorna, FIM, MSMA und IRTA zusammen. Im Moment wirft jeder irgendwie Ideen auf den Tisch. Einige davon sind gut, andere sind komplett verrückt. Manche sind möglich, andere sind komplett unmöglich. Alle von uns, die Dorna, FIM, MSMA und IRTA, haben entschieden, dass wir von 2007 bis 2011 mit der 800cc-Regel, also für fünf Jahre, fahren werden. Und normalerweise bleibt diese Regel auch bis Ende 2011 bestehen. Aber darüber hinaus gibt es natürlich Ideen. Eine davon ist, 1000ccm-Standard-Motoren mit einem Prototyp-Chassis, wie wir es in der Moto2 haben werden, einzusetzen - die Motoren natürlich von vielen Herstellern, mit sehr vielen Einstell- und Entwicklungsmöglichkeiten. Jetzt warten wir auf konkrete Vorschläge der MSMA für Kostenreduzierungen. Es gibt im Moment sehr viele Dinge, die diskutiert werden und noch nichts hat sich als die beste Lösung heraus gestellt. Wir sind immer noch in einer Phase, wo wir einfach reden. Für 2010 wird es noch nicht so viele Änderungen geben, da das zu früh wäre. Aber nach 2011 wird es Änderungen geben, da bin ich sehr zuversichtlich.

Leasingkosten von 1,1 bis 1,2 Millionen Euro für eine Werksaprilia sind zu teuer!, Foto: Ronny Lekl
Leasingkosten von 1,1 bis 1,2 Millionen Euro für eine Werksaprilia sind zu teuer!, Foto: Ronny Lekl

Wie sieht, abgesehen von der Wirtschaftskrise, die Stimmung und Einschätzung der MotoGP dieser vier Parteien aus?
Herve Poncharal: Da ist ganz klar zu sagen, dass nicht nur die Dorna und die IRTA über die Größe der Startaufstellung besorgt sind. Auch die Werke finden das nicht so prickelnd - und das ist sehr wichtig. Das heißt, dass wir eine Lösung finden wollen, bei der unabhängige Teams zu erschwinglichen Preisen Rennen fahren können. Darauf müssen wir natürlich noch etwas warten, aber jeder versteht die derzeitige Situation und alle arbeiten gut zusammen und ich selbst glaube, dass die Hersteller mit einigen guten Ideen kommen werden.

Warum glaubst Du, gab es so großes Interesse an der Moto2-Klasse?
Herve Poncharal: Weil die einfach in die aktuelle Situation passt! Wir sprechen über finanzielle Probleme und um Top-Material in der aktuellen 250er-Klasse zu haben, mussten die Teams 1,1 oder 1,2 Millionen für die Leasing-Gebühren auftreiben und nur ein zwei Teams konnten sich das leisten und die anderen waren und sind irgendwo im Niemandsland. Außerdem interessieren die Zweitakter keinen mehr. Deswegen glaube ich, dass die Moto2 wirklich "in the Air" ist. Sie passt einfach in diese schwierige wirtschaftliche Situation und sie ist auf alle Fälle um einiges billiger als die 250cc-Klasse. Es wird nicht ganz billig sein, aber um einiges billiger als jetzt.

Poncharal: Sponsoren (wie hier Polini) halten!, Foto: Milagro
Poncharal: Sponsoren (wie hier Polini) halten!, Foto: Milagro

Wie wird die neue Klasse Deiner Meinung nach aussehen?
Herve Poncharal: Wir haben die Versicherung, dass jeder den gleichen Motor und die gleichen Reifen hat und so wird es nicht nur drei oder vier Jungs geben, die gewinnen können. Ich denke, dass der Wettbewerb sehr spannend, eng und billiger wird. Und das ist das, was sich zur Zeit jeder wünscht. Ich denke, dass diese Klasse genau zur richtigen Zeit kommt. Außerdem ist sie der letzte Schritt vor der MotoGP und es war auch für die Teams hier in der Königsklasse wichtig zu sehen, wer von den jungen Talenten wirklich fahren kann und nicht wer das beste Bike leasen kann. Und daher passt das ganze perfekt in das Puzzel. Und wenn man bedenkt, dass es 93 Einschreibungen gab - das ist einfach die Realität. 93 Piloten haben gepusht, um in diese Meisterschaft zu kommen.

Wie wird die Saison 2010 für Dein Tech 3-Team als solches zu bewerkstelligen sein?
Herve Poncharal: Es wird nicht ganz einfach für uns, ein Viermann-Team zu betreuen, mit zwei Fahrern in der MotoGP und zwei in der Moto2, aber ich freue mich schon wahnsinnig darauf und werde alles geben. Es wird sicher anders als die MotoGP, was das absolut Höchste ist. Aber sie ist auch sehr politisch. In der Moto2 wirst du mehr Freiheit haben. Du kannst dir die Fahrer aussuchen, die du Dir wirklich aussuchen willst, zum Beispiel. Ich denke, dass es einfach etwas frischen Wind bringen wird. Auch weil man die Motorräder etwas freier und nach seinem Geschmack gestalten kann und darf.