Herve, warum gibt es eine so große Lücke zwischen den ersten Vier - Rossi, Lorenzo, Stoner, Pedrosa - und dem Rest der Welt?
Herve Poncharal: Ich denke, für mich, ist die große Lücke hauptsächlich, weil die Fahrer stärker sind. Wir dachten, dass mit der Einheitsreifenregel alles enger wird. Und sicher, es ist alles enger geworden, denn jeder hat dieselben Reifenspezifikationen zur Verfügung. Und damit sind wir alle zufrieden. Aber man kann immer noch sehen, dass es sehr große Unterschiede gibt. Man könnte auch fragen, warum Casey Stoner der einzige ist, der es mit der Ducati hinbekommt, schnell zu sein und gewinnen kann. Capirossi, Melandri und jetzt Nicky [Hayden] haben dasselbe Motorrad und denselben Support. Denn mit Sicherheit hat Ducati nicht die Absicht, dem zweiten Fahrer etwas schlechteres zu geben. Aber wir müssen akzeptieren, dass wir nicht alle gleich sind. Du kannst irgendwelche Sachen tun, die ich nicht kann und ich kann vielleicht irgendwelche Sachen tun, die Du nicht kannst. Und so gibt es eben Fahrer, die besser sind, weil sie besser sind, weil sie begabter sind, als andere.

Die vier besten der Welt, Foto: Milagro
Die vier besten der Welt, Foto: Milagro

Also haben die besagten Piloten mehr Talent als die restlichen MotoGP-Fahrer?
Herve Poncharal: Diese vier Jungs, die auch die einzigen vier Sieger in diesem Jahr sind, also die beiden Yamaha-Jungs plus Casey plus Dani sind im Moment die besten Fahrer der Welt, auf jeder einzelnen Strecke. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass wenn man die auf ein anderes Bike setzen würde, dass sie trotzdem ähnliche Resultate holen würden. Denn jetzt sind alle Marken, auch Hayate, sehr eng beisammen, auch mit den Reifen. Vom technischen Standpunkt her, war es für mich noch nie so ausgeglichen, wie jetzt. Und da kann man nicht viel machen.

Wie findest du persönlich diese Situation?
Herve Poncharal: Es ist einfach gut für den Sport, wenn der Fahrer den Unterschied ausmacht und nicht die Techniker und Mechaniker. Jetzt liegt es einfach an den anderen Teams, eine bessere Spielfigur auf das Feld zu stellen. Valentino, Jorge, Casey und Dani sind einfach besser als der ganze Rest, was heißt, dass die anderen einfach bessere Fahrer finden müssen. Aber wir sind trotzdem glücklich, denn wir sind im Moment Fünfter in der Meisterschaft und somit die besten der restlichen Welt und am nächsten an den ersten Vier dran.

Dann werfe ich jetzt einfach mal einen Namen ein: Ben Spies. Wäre das eine Wahl/Option für Dein Team?
Herve Poncharal: Ben ist mit Sicherheit, könnte man fast sagen, ein großer Fisch. Ich möchte aber nicht allzu viel über Ben sagen, denn hauptsächlich ist er ein Yamaha-Japan-Fahrer. Wir hoffen auch, dass er in Zukunft ein Fahrer von Yamaha Japan bleiben wird. Daher liegt seine Zukunft auch in den Händen der Japaner. Ich denke, dass Ben und Yamaha über seine Zukunft sprechen. Darüber weiß ich aber nicht allzu viel. Ganz klar, wenn er in die MotoGP kommt, was eher 2011 als 2010 passieren wird, dann wird das eine Entscheidung von Yamaha Japan. Natürlich würde er dann zu uns kommen, da etwas anderes mit der neuen Rookie-Regel nicht mehr ginge. Aber bisher sehen die Informationen, die wir haben, eher so aus, dass er 2010 noch bei den WorldSuperbikes bleibt und 2011 in die MotoGP wechselt. Aber das kann sich natürlich noch mal ändern und ich möchte hier nichts dementieren.

Superbike Ben Spies ist ein großer Fisch für Poncharal, Foto: WorldSBK
Superbike Ben Spies ist ein großer Fisch für Poncharal, Foto: WorldSBK

Aber Du würdest Dich schon für Ben Spies entscheiden?
Herve Poncharal: Ich betone noch einmal: die Entscheidung hat Yamaha Japan. Aber wir halten für deren Entscheidungen immer einen Spot offen. Wir sprechen zwar gemeinsam über die Fahrerwahl, aber wenn sie unbedingt jemanden haben wollen, dann nehmen wir den auch. Sie haben das letzte Wort. Aber mit Sicherheit ist er ein starker Kandidat für die Zukunft und das gesamte MotoGP-Paddock sollte sich freuen, einen solch aufstrebenden Burschen wie Ben zu bekommen. Er ist ein Top-Typ. Was er in seinem ersten Jahr bei den WorldSuperbikes tut, ist einfach unglaublich beeindruckend. Und natürlich würden wir es gerne sehen, wenn er das auch in diesem Fahrerlager hier tuen würde.

Hat es jetzt schon Vorentscheidungen in der Fahrerwahl in Deinem Team für nächstes Jahr gegeben?
Herve Poncharal: Nein. Ich denke, alle von uns leiden derzeit unter der ökonomischen Situation, durch die die Welt gerade geht. Daher glaube ich, dass es keinen Grund gibt, etwas zu überstürzen. Auch habe ich Dir gesagt, dass wir mit Yamaha Japan übereinkommen müssen. Wie Du weist, ist das große Ding im Moment, Jorge Lorenzo - wird er bei Yamaha bleiben oder wird er zu einem anderen Team wechseln? Das blockt im Moment natürlich die Situation für jeden. Aber natürlich am Meisten für die Yamaha-Familie. Und ich bin ein Teil der Yamaha-Familie.

Wann rechnest du mit einer Entscheidung?
Herve Poncharal: Ich muss jetzt keine schnelle Entscheidung treffen. Im Moment sprechen wir mit sehr vielen Fahrern. Wir sind in einer guten Situation, da dank Yamaha unser Motorrad als das beste, unabhängige Motorrad angesehen wird. Wir müssen natürlich versuchen, die bestmögliche Lösung zu finden, aber dabei müssen wir nichts überstürzen. Für mich ist es besser, wenn wir die Situation verstehen. Je länger wir jetzt warten, desto besser können wir auch die Situation verstehen und eine entsprechende Entscheidung treffen. Aber vor der Sommerpause wird nichts entscheiden.

Kannst Du mir ein paar Namen nennen, mit denen Du/Ihr sprecht?
Herve Poncharal: Natürlich. Wir haben James Toseland und Colin Edwards. Beide sind eine Möglichkeit. Ich möchte die beiden nicht außen vor lassen. Colin zuerst, dann James. Und dann sprechen wir noch mit Randy de Puniet, mit Hector Barbera, auch ein kleinwenig mit Alvaro Bautista, heute morgen habe ich mit Alex de Angelis gesprochen, ein wenig mit Chris Vermeulen. Wir sprechen mit vielen Jungs. Auch Toni Elias hat mit mir gesprochen. Also gibt es sehr viele Fahrer, so vielleicht rund zehn Piloten inklusive unseren beiden, mit denen wir sprechen. Es werden schon ein/zwei dieser Namen werden, aber ich weiß nicht welcher. Es hängt auch viel von der finanziellen Situation ab.

Was heißt das genauer?
Herve Poncharal: Ich denke, dass wir alle eine ganze Menge Kosten einsparen müssen. Denn viele Sponsoren reduzieren ihr Engagement oder hören gar ganz auf. Und die Fahrer müssen das auch verstehen. Und wenn die Fahrer in einem guten Team sein wollen, nicht nur in unserem, dann müssen sie auch ihre Ansprüche nach unten schrauben. Um einiges!