Zum ersten Mal konnte ich nach Laguna Seca reisen und das war schon ein Erlebnis. Vor allem der Corkscrew ist beeindruckend. Man hört ja immer wieder Geschichten darüber, wie großartig die Kurve ist, jetzt konnte ich mich selbst davon überzeugen. Wir sind zu Fuß durchgegangen und auf den eigenen Beinen kann man das kaum stehen. Das machte es für mich noch umso beeindruckender, was an dem Wochenende dort passiert ist. Rossi ist dort ja eigentlich im Dreck die Kurve durchfahren und wenn ich sie irgendwie bezeichnen müsste, dann würde ich sagen, das ist die Kurve der Kurven.

Das Rennen in Laguna war generell ein kleiner Knackpunkt in der bisherigen Saison, was die WM-Spitze betrifft. Zwar könnte man nach wie vor behaupten, dass an der Spitze ein Dreikampf herrscht, aber Dani Pedrosa musste direkt vor der Sommerpause zwei Nuller hinnehmen, wobei er in Laguna Seca gleich gar nicht mitfahren konnte - das nagt schon an einem. Auch Stoner musste ein wenig einstecken, da Valentino Rossi in Laguna das geschafft hat, was unmöglich schien: er gewann. Wegen der fünf Punkte, die Stoner auf Rossi verloren hat, war das zwar nicht so wichtig, aber es war im Prinzip das 1:0 für Rossi im Psychologiekampf, der jetzt um die Weltmeisterschaft losgeht.

Nach den Trainings hätte eigentlich niemand damit gerechnet, dass Valentino überhaupt eine Chance gegen Stoner und Ducati haben würde und auch die Reaktionen nach dem Rennen waren bezeichnend. Wenn jemand mit Rossi so etwas gemacht hätte, dann hätte er sich sicher was Ähnliches gedacht wie Stoner, aber niemals so zugegeben, dass ihm das zu hart vorkam. Stoner hat aber genau das gemacht und sich erstmals darüber beschwert, dass es zu wild zugegangen sei. Damit hat Rossi Stoner anscheinend genau dort, wo er ihn haben wollte. Denn jetzt beginnen die Medien damit, nachzufragen, ob Casey nicht zu weich ist. Sollte Stoner in den nächsten Rennen nicht passend antworten, dann könnte das Gleiche passieren wie bei Rossi vs. Biaggi oder Rossi vs. Gibernau.

Casey Stoner wird sich eine Antwort einfallen lassen, Foto: Ducati
Casey Stoner wird sich eine Antwort einfallen lassen, Foto: Ducati

Stoner hat aber schon einen WM-Titel und eigentlich glaube ich, dass er sich nicht so leicht unterbuttern lässt. Aber gerade deswegen wundere ich mich über die Antworten, die er gegeben hat, denn damit hat er sich doch ein wenig bloßgestellt. Er hätte auch sagen können, das war sein Fehler und das nächste Mal würde er Rossi wieder schlagen. So eine Aussage hätte ihm vor aller Welt wohl ein wenig besser getan. Ich hoffe einmal, dass er sich jetzt in der Sommerpause selbst ein wenig mehr einfallen hat lassen, denn so wie er es versteht, mit der Ducati und den Bridgestone Reifen umzugehen, ist er Rossi und Yamaha eigentlich überlegen. Als er einmal rund eine Sekunde Rückstand hatte, ist er den innerhalb von einer Runde zugefahren und das zu einem Zeitpunkt, als die beiden vorne schon eine Sekunde schneller fuhren als der Rest des Feldes. Im Prinzip fährt Casey in seiner eigenen Liga.

Schwierige Aufholarbeit

Die anderen Teams werden es in der Sommerpause jetzt schwer haben, den Rückstand auf Ducati aufzuholen. Wenn es jemand schafft, dann wohl eher mit einem Glücksgriff, ähnlich wie das Ducati beim Test in Barcelona gelungen ist. Natürlich war es nicht wirklich nur Glück, wodurch Ducati so stark geworden ist, aber sie haben eben dieses Setting für die Elektronik gefunden, das den Sprung möglich gemacht hat. Für die anderen ist es etwas schwerer, etwas Neues zu finden, denn in der Sommerpause herrscht ja Testsperre und man kann nicht probieren, was man sich so ausgedacht hat. Deswegen wäre es bei den anderen Teams eher ein Zufall, wenn da gleich etwas funktionieren sollte.

Vor der Sommerpause besonders ins Straucheln gekommen ist Kawasaki. Dort fehlt die Fahrerpersönlichkeit, die sagt, in welche Richtung es geht, wie was gemacht werden muss und die das dann auch in Resultate umsetzt. Die Aussagen von Michael Bartholemy gegenüber der MSa waren ja auch Quatsch. Man kann nicht irgendwas von Regen auf trocken ummünzen. West kann sehr wohl mit einem durchdrehenden Hinterrad im Regen umgehen, aber wenn Bartholemy sagt, dass sich Anthony im Trockenen über das beklagt, was ihm im Regen gefällt, dann ist das Blödsinn. Natürlich kann er mit einem stark durchdrehenden Hinterrad auch im Trockenen gut umgehen, nur die Rundenzeiten können nicht schnell sein, wenn das Motorrad keinen Vortrieb hat, weil sich das Hinterrad durchdreht. Diese Aussagen hätten sich die Verantwortlichen also wohl besser verkniffen. Aus technischer Sicht war das eigentlich eine völlige Nullaussage.

In meinen Augen spiegelt das aber die Situation im Team wider. Beim Management scheint man sich in der Situation zu fühlen, dass man sagen kann, man nehme die Aussagen von West nicht richtig ernst, aber in dem Fall scheint Anthony recht zu haben. Das Team bräuchte jetzt einfach einen starken Entwicklungsfahrer, dem sie dann auch vertrauen müssen, weil er bereits so viel Erfahrung hat und auf anderen Motorrädern bewiesen hat, dass er was kann.

Shinya Nakano ist Renneinsatz-Reifentester, Foto: Honda
Shinya Nakano ist Renneinsatz-Reifentester, Foto: Honda

Etwas eigenartig hat auch bei Honda angemutet, dass Shinya Nakano das Werksmotorrad bekommen hat und nicht jemand wie Andrea Dovizioso, der bislang der stärkste Honda Fahrer in Satelliten Teams war. Das hat aber einen recht einfachen Grund. Man braucht sich nur anzusehen, welche Reifenmarke die Gresini Mannschaft fährt, dann kann man vielleicht erkennen, warum Nakano das Werksmotorrad bekommt. Das Honda Werksteam will einfach verstehen, was bei den Bridgestones besser funktioniert und das geht nur, wenn sie ein gleichwertiges Motorrad irgendwo auf Bridgestones fahren lassen.

Wenn Nakano jetzt mit der aktuellen Maschine unterwegs ist, kann Honda einmal Daten sammeln und schauen, wie man bei der Entwicklung gemeinsam mit Michelin vorankommt oder für das kommende Jahr vielleicht sogar einen Reifenwechsel anbahnen.

Die kleinen Klassen: Eine Halbzeitbilanz

Aus deutscher Sicht ist die 125er-Klasse bislang natürlich die beste und spannendste Klasse, da man dort erwarten kann, dass es noch einige Spitzenplätze geben wird. Auf dem Sachsenring war Stefan Bradl auf Platz zwei, Sandro Cortese ist in den Trainings auch immer recht gut, kann es nur in den Rennen oft nicht ganz so umsetzen. Dennoch kann man jederzeit mit dem nächsten Highlight rechnen und eigentlich warten alle auf einen Sieg. Aber auch aus österreichischer und schweizerischer Sicht kann man mit Ranseder, Krummenacher oder Aegerter durchaus mit guten Ergebnissen rechnen.

Ganz an der Spitze war mit Mike di Meglio und Simone Corsi vorher nicht unbedingt zu rechnen. Wenn man sich die 125er aber ansieht, dann ist es mittlerweile eine reine Nachwuchsklasse und die zwei, die da um die Weltmeisterschaft kämpfen, waren bis vor zwei, drei Jahren nicht annähernd in der Lage, ganz vorne zu kämpfen. Sie sind jetzt rund fünf Jahre dabei, hinten rücken aber nur ganz junge Fahrer nach, die bei einzelnen Rennen sehr schnell sind, aber nicht sehr konstant. Als Beispiel könnte ich da Bradley Smith oder Pol Espargaro nennen. Dadurch reicht es für di Meglio und Corsi, sich an der Spitze festzusetzen. Ich denke, wenn Gabor Talmacsi mit seiner Maschine nicht so viele Probleme gehabt hätte, wäre er immer noch der heißeste Anwärter auf den Titel. Die Probleme haben sich aber so lange durchgezogen, dass er es nun natürlich schwer hat, da noch ganz nach vorne zu kommen.

Mit ihm war nicht unbedingt zu rechnen, Foto: Gilera
Mit ihm war nicht unbedingt zu rechnen, Foto: Gilera

Die Überraschung der 250er-Saison ist ganz klar Marco Simoncelli. Von ihm konnte man vorher nicht erwarten, dass es so konstant gut läuft. Er hatte ja vor zwei Jahren schon die Chance auf einem reinrassigen Werksmotorrad, musste dann voriges Jahr aufgrund mangelnden Erfolgs wieder zurück auf ein LE Bike und auch diese Saison musste er mit einem LE Bike beginnen. Dass er damit dann so konstant schnell war, war doch eine große Überraschung.

Mika Kallio und Alvaro Bautista waren im Gegensatz dazu dort zu erwarten, wo sie jetzt sind. Lediglich Bautista hatte einen kurzen Durchhänger, doch bis zur Sommerpause hin hat er das auch hinter sich gelassen und zeigte wieder sehr gute Leistungen. Zwischen den Dreien wird es einen interessanten Dreikampf bis zum Ende der Saison geben.

Immer besser in Fahrt kommt Thomas Lüthi. Seinen ersten Podestplatz hat er mittlerweile geholt, aber es fehlt noch ein wenig an der Konstanz. Wenn ich die ersten Drei und ihn ansehe, dann fehlt "Tom" ein wenig diese aggressive Fahrweise, wie sie beispielsweise Simoncelli an den Tag legt. Bei ihm sieht es so aus, als ob er immer noch ein Minimum an Sicherheit eingebaut hat - sofern man auf WM Niveau überhaupt von Sicherheiten reden kann. Es sieht bei ihm einfach noch ein bisschen entspannter aus und da könnte noch ein bisschen Härte dazukommen.