Das lange, schwarze Haar zu einem strengen Zopf gebunden, stets ein Lächeln im Gesicht und im Paddock oft nur auf dem Hinterreifen ihres Mountainbikes fahrend anzutreffen: Das ist Maria Herrera. Die 19-jährige Spanierin war in diesem Jahr eine von nur zwei Damen in der Motorrad-WM. Während es im Paddock neben den obligatorischen Schirm-Girls auch jede Menge hart arbeitender Pressesprecherinnen, Journalistinnen oder Hospitality-Managerinnen gibt, hat sich das weibliche Geschlecht bis heute auf dem Fahrersitz der Motorräder noch nicht so recht durchgesetzt. Nach wie vor haftet rennfahrenden Frauen der Nimbus des Exoten an. Diesen Nimbus schickt sich Herrera an zu durchbrechen.

Rückblick, Anfang der 2000er Jahre: Valentino Rossi dominiert in der 500cc-Klasse die Motorrad-WM gerade nach Belieben. In ihrer spanischen Heimat sitzt die kleine Maria vor dem Fernseher und fiebert mit. Sechs Jahre ist Herrera alt, als sie im Jahr 2002 ihr erstes Rennen auf einem Pocket Bike bestreitet. "Mein Vater ist selbst Motorrad gefahren und hat mir schon früh grundlegende Dinge beigebracht. Ich mochte den Sport immer schon und habe die Rennen im Fernsehen verfolgt, so lange ich zurück denken kann", sagt die Spaniern im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. An den Wochenenden stehen schon früh in ihrer Kindheit Fahrten an die Rennstrecken an der Tagesordnung.

Mit dem Aufstieg in die Moto3 ging ein Traum für Herrera in Erfüllung, Foto: Laglisse
Mit dem Aufstieg in die Moto3 ging ein Traum für Herrera in Erfüllung, Foto: Laglisse

In der spanischen Meisterschaft nimmt sie in ihren Anfängen an Veranstaltungen teil, bei denen sich bis zu 2.000 Kinder in den verschiedenen Klasse versuchen. Oft ist Maria dabei das einzige Mädchen. "Lange Zeit war ich die einzige weibliche Starterin in meiner Klasse. Ich war es von Beginn an gewöhnt, gegen Jungs anzutreten." Denn im Gegensatz zu anderen Sportarten gibt es im Motorsport vom Nachwuchs an keine Trennung der Geschlechter. Probleme bereitete Maria das in der Anfangszeit nie. Auf der Rennstrecke ist im Ego-Sport Motorrad ohnehin jeder sich selbst der nächste. "Ich hatte damit nie Schwierigkeiten. Klar wussten alle, dass ich 'das Mädchen' bin. Aber das sorgte nie für Probleme. Allerdings wurde ich mit den Jahren immer besser und damit bekamen dann einige von den Jungs doch ein Problem", führt Herrera aus.

Vor allem mit dem Einstieg in die spanische Moto3-Meisterschaft, die traditionell das beste Sprungbrett in die Motorrad-WM ist, im Jahr 2012. "Dort hatten einige ein echtes Problem damit, von einem Mädchen besiegt zu werden." Und das geschah nun immer öfter. In ihrem zweiten Jahr in der Nachwuchsklasse feierte sie zwei Siege und kam sogar als Führende zum Saisonfinale. In dieser Saison fiel auch die Entscheidung, es irgendwann in der WM zu probieren. "Da dachte ich zum ersten Mal, dass es für eine Teilnahme an der Weltmeisterschaft reichen könnte und dass es nun Zeit für diesen Schritt würde."

Zuvor sollte allerdings noch die Krönung in der spanischen Meisterschaft folgen. Doch beim Finale in Jerez stürzte Herrera auf Rang drei liegend und warf damit den Titel weg. Dieser ging an Fabio Quartararo, der seither als das Wunderkind schlechthin gefeiert wird. Mit der wohl bittersten Niederlage ihrer noch jungen Karriere folgte ein kleiner Knick, denn 2014 reichte es nur noch zu zwei Podestplätzen und Rang acht in der Gesamtwertung. Immerhin erfüllte sich am Ende der Saison aber der lange gehegte Traum von der WM, an der Herrera seit Anfang 2015 teilnimmt. "Das war genau die richtige Entscheidung. Nach drei Jahren in Spanien war die Zeit reif. Ich bin mit dem, was ich bisher in der Weltmeisterschaft gelernt habe, schon ganz zufrieden. Aber natürlich habe ich noch jede Menge Potenzial, dass es in Zukunft zu entfesseln gilt", sagt Herrera.

Wie bei den meisten ihrer männlichen Konkurrenten, war auch bei ihr aller Anfang schwer. Alleine in der ersten Saisonhälfte 2015 stürzte Herrera viermal am Rennsonntag. Doch derartige Lernerfahrungen gehören dazu und bringen die junge Dame nicht aus dem Konzept. Sie bleibt sich ihrer Stärken bewusst: "Ich mag schnelle Kurven, vor allem, wenn ich perfekt fokussiert in meinem Rennmodus bin. Auch Regenrennen habe ich sehr gerne und erziele dort in der Regel gute Ergebnisse." Schon in der spanischen Moto3-Meisterschaft brauchte Herrera ein Jahr, um sich an die Gegebenheiten anzupassen. Danach war sie allerdings stets Siegfahrerin. Für 2016 schickt sie deshalb schon jetzt eine Kampfansage an ihre WM-Konkurrenten in der Moto3 voraus: "Ich werde besser vorbereitet in die Saison gehen. In diesem Jahr waren fast alle Strecken neu für mich, das wird 2016 anders sein. Daher wird es bessere Resultate geben und vielleicht kann ich irgendwann um den WM-Titel kämpfen."

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