Porsche hat die 24 Stunden von Daytona 2024 gewonnen und seine Rekordbilanz beim Langstrecken-Klassiker auf 19 Gesamtsiege ausgebaut. Faktisch müsste es allerdings lauten: die '23:58-Stunden-und-24-Sekunden von Daytona', denn: Die karierte Flagge fiel rund eineinhalb Minuten und damit eine Runde zu früh!
Beim Zieleinlauf von Felipe Nasr im #7 Penske-Porsche 963 herrschte zunächst große Konfusion in der Boxengasse. Hatte das Team um Schlussfahrer Nasr und seine Teamkollegen Dane Cameron, Josef Newgarden und Matt Campbell das Rennen nun wirklich gewonnen, oder galt es noch eine weitere Runde auf dem berühmten Ovalkurs in Florida zu absolvieren?
Daytona: 24h-Rennen endet 90 Sekunden zu früh
Letztendlich hieß es Aufatmen beim Autobauer aus Zuffenhausen, mit dem Fallen der Flagge war das Rennen faktisch beendet, wenn auch 1:30 Minuten früher als erwartet.
Diskussionen gab es natürlich nach dieser höchst kuriosen Situation der sonst so zeitbewussten Amerikaner beim 24-Stunden-Rennen, das ausgerechnet von einem Uhrenhersteller gesponsert wird. Potenzielle Proteste hätten allerdings ins Leere geführt, denn laut Artikel 49.1.3 des IMSA-Sportreglements gilt ein Rennen als beendet, wenn die karierte Zielflagge gezeigt wird, selbst wenn die vorgegeben Runden oder die Renndistanz noch nicht erreicht worden sind.
Porsche-Schlussfahrer Nasr konnte aus dem Cockpit heraus nicht einmal die geschwenkte Flagge erkennen, so urplötzlich hatte sie der Verantwortliche auf dem Flaggenturm (hier stand Motorsport-Magazin.com noch wenige Stunden zuvor selbst) herumgewedelt! Der Brasilianer erhielt die Nachricht zwar am Teamfunk, blieb angesichts des extrem engen Rennausgangs zunächst aber skeptisch - und voll auf dem Gaspedal: "Ich war auch verwirrt. Keine Ahnung, was da abging. Ich habe mich nur auf jede Kurve konzentriert und sichergestellt, dass mir kein Fehler passiert."
Porsche vs. Cadillac: Spannung bis ins Ziel
Den konnte sich der frühere Formel-1-Fahrer auch nicht leisten, denn in den letzten 24 Runden bzw. 30 Minuten vor Schluss hing ihm Verfolger Tom Blomqvist im #31 Cadillac V-Series.R konstant mit nur wenigen Zehntelsekunden Abstand im Heck. Beim Zieleinlauf nach 791 Runden bzw. 4.508 Kilometern trennten die beiden Autos gerade einmal 2,1 Sekunden.
"Es gab ein paar Funksprüche, die vielleicht für etwas Verwirrung sorgten", musste Porsches LMDh-Werksleiter Urs Kuratle später auf der Sieger-Pressekonferenz lachen. "Um ehrlich zu sein, hatte ich die Kopfhörer da nur halb auf dem Ohr und kann deshalb nicht mehr dazu sagen." Nachdem die Verhältnisse schließlich geklärt waren, gab es kein Halten mehr bei den Zuffenhausenern: Local Hero Dane Cameron schossen Tränen in die Augen und der 86-jährige 'Captain' Roger Penske schickte gleich eine Kampfansage an die folgende Konkurrenz: "Jetzt wollen wir auch The Big One in Le Mans gewinnen!"
Auf der Gegenseite sprach Cadillac-Pilot und Pole-Setter Pipo Derani von einem echten "Nail-Biter" (Zitterpartie): "Es gibt nichts Besseres, als Rad an Rad mit tollen Gegnern zu kämpfen. Es war härter, von draußen zuzuschauen als selbst im Auto zu sitzen. Wir waren aber überzeugt, dass Tom (Blomqvist) es hinbekommt."
Der Rennfahrer-Sohn und frühere DTM-Fahrer konnte sich beim packenden Schluss-Stint keine Vorwürfe machen: Dauerhaft übte der Brite enormen Druck auf den Führenden Nasr aus, um ihn in einen entscheidenden Fahrfehler zu zwingen. Doch Nasr behielt die Nerven und profitierte letztendlich von der in der GTP-Klasse so wichtigen Track Position, sprich der Führung auf der Strecke.
Die hatte sich Nasr in der 768. Runde im Zuge der letzten von 15 Full-Course-Yellow-Phasen gesichert, nachdem ein GT3-Lexus ausgangs der Boxengasse kurzzeitig Feuer gefangen hatte. Sowohl der bis dato führende #31 Cadillac mit Blomqvist als auch der #7 Porsche mit Nasr am Steuer mussten ein letztes Mal die Boxengasse ansteuern, um Sprit nachzutanken. Beim sogenannten 'Short Fill' gelang es der Porsche-Crew, Nasr als Spitzenreiter knapp vor dem Caddy wieder auf die Strecke zu schicken - das rennentscheidende Manöver der fehlerfreien Porsche-Boxenmannschaft.
Blomqvist: Gelbphase kostete uns den Sieg
"Diese Gelbphase hat unsere Chancen geraubt", meinte Blomqvist später. "Vor allem hat es uns geschmerzt, wo wir in der Boxengasse standen (vor der Porsche-Box; d. Red.). Ich denke, dass es ohne die gelben Flaggen deutlich enger gewesen wäre."
Zuvor hatte Blomqvist das Rennen über 19 Runden lang angeführt, nachdem er Nasr mit einem sehenswerten Manöver auf der Strecke überholt hatte: "Wir wollten einen Undercut machen, das hat aber nicht geklappt. Zum Glück kam ich dann auf der Strecke vorbei. Aber das Ziel war es, eine Lücke herauszufahren, denn am Ende würden wir einen längeren Stopp haben."
Das richtige Sprit- und Energie-Management im Hybrid-Porsche habe am Ende den Ausschlag gegeben, stellte Nasr fest. "Es war ein toller Call vom Team, mir die Gelegenheit zu verschaffen, in der letzten Phase des Rennens wieder die Führung übernehmen zu können. Dann lag es an mir, die richtigen Werte zu erreichen und die #31 hinter mir zu halten. Mann, wenn ein 24-Stunden-Rennen so endet, dann sorgt das für eine ganze Menge Emotionen!"
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