Wohin geht die Reise für den Protoypen-Sport auf der Langstrecke? Dieser Frage widmen sich aktuell die Serienbosse der FIA WEC und der IMSA. Aktuell treten hier zwei unterschiedliche Klassen im Kampf um Gesamtsiege an: Die LMP1 in der Langstrecken-WM und die DPi in den USA. Helio Castroneves, 2018 in der IMSA für Penske im Acura-DPi unterwegs, fühlt sich an seine Zeit im US-Formelsport erinnert.

ChampCar vs. IndyCar: Der Hintergrund

"Ich glaube, es geht da um die Politik im Hintergrund, dass sie sich nicht zusammenraufen können. Die LMP1-Klasse wird denke ich nicht mehr lange bestehen. Hoffentlich wird die LMP2 die neue LMP1, das wäre besser für alle. Es ist eine Situation wie bei ChampCar und IRL", äußerte sich Castroneves gegenüber 'Autosport'. Dass er die LMP2-Klasse favorisiert, ist logisch. Diese Klasse ist in der IMSA startberechtigt, zudem basiert die DPi-Klasse auf den kleinen Le-Mans-Prototypen. Doch zunächst zurück zu Castroneves' US-Formel-Vergleich.

Damals waren es die IndyCar-Serie und die ChampCars, die sich nahezu unversöhnlich gegenüber standen. Die IndyCar spaltete sich 1996 von den ChampCars ab und firmierte bis 2003 unter dem Namen Indy Racing League. Mit der IRL wollten die Bosse der zunehmenden Internationalisierung der ChampCars entgegen wirken und den Ovalrennen wieder mehr Bedeutung geben. Gefahren wurde daher anfangs ausschließlich auf Ovalkursen. Das Indy500 wanderte im Zuge dessen 1996 zu den IndyCars ab.

Das letzte ChampCar-Rennen der Geschichte fand 2008 in Long Beach statt, Foto: Sutton
Das letzte ChampCar-Rennen der Geschichte fand 2008 in Long Beach statt, Foto: Sutton

Erst 2005 stießen mit St. Petersburg (Stadtkurs), Sonoma und Watkins Glen (Rundstrecken) andere Streckentypen zum IndyCar-Kalender hinzu. Die ChampCar-Serie hingegen wandte immer mehr von den Ovalen ab. Das letzte ChampCar-Ovalrennen fand im Juni 2006 auf der Milwaukee Mile statt. 2008 schließlich ging die Serie bankrott und wurde von der Konkurrenz geschluckt. Seitdem gibt es in den USA wieder eine große Formelserie.

Castroneves versteht Trennung LMP1 vs. DPi nicht

Eine Trennung wie damals im US-Formelsport ist zwischen WEC und IMSA tatsächlich erkennbar. Wer mit einem DPi-Programm in den USA um Gesamtsiege bei Klassikern wie Daytona und Sebring kämpft, ist in Le Mans und in der Langstrecken-WM nicht einmal startberechtigt. Nicht nur Hersteller wie McLaren sprechen sich gegen diesen Dualismus im Prototypen-Sport aus. Auch Castroneves kann die aktuelle Situation nicht verstehen.

In der IMSA treten DPi-Prototypen und LMP2-Autos an, Foto: Rolex
In der IMSA treten DPi-Prototypen und LMP2-Autos an, Foto: Rolex

"Was tun wir denn hier? Warum können wir nicht einfach nur eine großartige Serie haben? Das Beste von Europa und das Beste von Amerika nehmen und eine Sache daraus machen? Ich denke, es gibt genug Leute mit Macht und Geld, um das zu realisieren. Man muss einfach nur die Egos beiseiteschieben und alles zusammenstellen. Das ist bei der IndyCar passiert und das kann wieder passieren", so der dreimalige Indy500-Sieger.

Immerhin, aktuell diskutieren die Serienbosse von WEC und IMSA die zukünftigen Prototypen-Regeln ab 2020. Favorisiert wird immer wieder ein Reglement, nach denen Hypercars von verschiedenen Herstellern zugelassen und leicht getunt werden. Eine Art GTP-Reglement also nach Vorbild der GT1-Klasse in den 90er-Jahren. Solche Hypercars, teilweise mit Hybridsystem, hätten Mercedes, Toyota, Ferrari, McLaren und Aston Martin im Angebot.

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LMP1 vs. DPi: Einigung gefordert, aber in den Sternen

Beim IMSA-Auftakt in Daytona waren die WEC-Bosse vor Ort, um mit ihren Kollegen in den USA Diskussionen zu führen. Doch hier treffen zwei verschiedene Standpunkte aufeinander: Während die IMSA-Chefs an ihrer (im Übrigen höchst erfolgreichen) DPi-Formel festhalten wollen, sind die WEC-Bosse darauf bedacht, eine neue und weiterentwickelte Form davon zu erschaffen. Ob eine Einigung erzielt werden kann, steht in den Sternen. Fakt ist: Die IMSA hat in Daytona den Homologations-Zeitraum für die DPi um ein Jahr bis Ende 2021 verlängert.

Alle Beteiligten erhoffen sich eine Einigung. Mit einem einzigen Programm Chancen auf den Gesamtsieg in Le Mans, Sebring und Daytona zu haben, das könnte viele Hersteller und Fahrer anziehen. So auch Castroneves: "Ich will all diese Rennen fahren: Daytona, Le Mans, Spa und Nürburgring. Jetzt gibt es die Gelegenheit. Wie cool wäre das?", rührt der Brasilianer noch einmal die Werbetrommel. Der Ball liegt bei den WEC- und IMSA-Bossen.