Premiere geglückt: Nach dem Debüt der Nachlade-Boxenstopps beim Freitagsrennen der Formel E in Saudi-Arabien dürfte die Führungsriege der Elektroweltmeisterschaft aufgeatmet haben. Jahrelang befand sich die Technologie in der Entwicklung und wurde mehrfach verschoben, nur um dann mitten in der Saison eingeführt zu werden – während sich die Teams ohnehin noch in der Eingewöhnungsphase mit dem neuen Gen3-Evo-Auto befinden.

Keine Feuer fangenden Batterien, keine weitflächigen Probleme mit der Einheitstechnologie. Das dürfte durchaus als Erfolg verbucht werden. Der sportliche Einfluss des sogenannten Pit Boosts wirkte hingegen schwerer zu durchschauen, abgesehen von mehr Vollgas und weniger Energiemanagement.

Teams im Unklaren: Welchen Einfluss hatte der Pit Boost auf das Rennen?

Zwar kam es im Anschluss an die Stopps, bei denen die Fahrer bei 34 Sekunden Mindeststandzeit etwa zehn Prozent eines vollen Akkus nachgeladen bekamen, zu vereinzelten Positionswechseln. Aufgrund der zahlreichen üblichen Verschiebungen und unterschiedlicher Strategien durch den bekannten Attack Mode ist es jedoch nur schwer nachzuvollziehen, inwiefern sich der Pit Boost tatsächlich auf die Rangordnung ausübte.

Auch für die Teams selbst verkam das Rennen zwischendurch zu einem Rätselraten. „Von meiner Perspektive aus war es wirklich schwer zu wissen, wie die tatsächliche Reihenfolge war und wo du letztendlich landen würdest“, gab Andretti-Porsche-Teamchef Roger Griffiths gegenüber The Race zu. „Es hat wahrscheinlich gute fünf Runden bis nach dem Pit Boost gedauert, dass du das sehen konntest.“

“Es war im Mittelteil des Rennens ein bisschen schwer zu folgen und schwer zu sagen, ob es in dieser Phase irgendetwas zum Spektakel beigetragen hat“, so Griffiths weiter. Ähnlich äußerte sich der Zweitplatzierte Oliver Rowland (Nissan) gegenüber The Race: „Es war aus meiner Sicht ziemlich interessant, aber ich habe keine Ahnung wie es im TV aussah.“

Gefahr des Safety-Cars: Verkommt Pit Boost zur Lotterie?

Der WM-Führende gab zudem den ziemlich idealen Rennverlauf für die Premiere des Pit Boosts zu bedenken. Im Vorfeld war befürchtet worden, dass dieser durch die in der Formel E üblichen Safety-Car-Phasen zu einer Lotterie verkommen könnte. Zwar gab es auch in Jeddah ein Safety-Car, dass jedoch vor dem Öffnen des Boxenstopp-Fensters auf die Strecke rollte. „Es war ein ziemlich sauberes Rennen, was dem Spektakel geholfen hat“, meinte Rowland.

“Wir werden noch ein paar Problemchen auf dem Weg haben, wenn Full Course Yellows oder Safety-Cars (während den Boxenstopps; d. Red.) rauskommen“, so der 32-Jährige weiter. „Aber in der Zukunft, wenn wir es nutzen können, um strategisch mehr oder weniger Energie zu haben, abhängig davon wie lange du stoppst, könnte es ziemlich interessant sein.“

Maximilian Günther begeistert: Zeigt technischen Fortschritt der Formel E

Freitagssieger Maximilian Günther (DS Penske) zog ebenfalls ein positives Fazit. Besonders die Tatsache, dass sich die Formel E entschloss, die Technologie nur bei ausgewählten Rennen (ein Rennen pro Double-Header) einzusetzen, stieß beim Allgäuer auf Gegenliebe. „Es ist wirklich cool, diese unterschiedlichen Arten von Rennen zu haben, weil die Dynamik sehr verschieden ist“, so Günther. „Es zeigt einfach auch den Fortschritt, den die Formel E bei der Technologie gemacht hat. In 30 Sekunden kannst du zehn Prozent aufladen, was unter kompetitiven Bedingungen unglaublich ist.“

Ganz so positiv viel das Fazit jedoch nicht bei allen Fahrern aus. Denn vereinzelt kam es im Rennen durchaus zu Problemen. Besonders Dan Ticktum im mit modifizierten Porsche-Antrieben aus dem Vorjahr ausgestatteten Cupra-Kiro war ein Leidtragender. Der Brite wurde beim Stopp von einem Batterie-Problem aus den Top-10 weit zurückgeworfen und beendete den ersten Jeddah ePrix nur auf P19.

Porsche-Kundenteam von Pit Boost ausgebremst: Dann müssen wir ihn abschaffen

“Es gab ein Problem und die Batterie wollte einfach nicht laden. Ich musste also beim Auto einen Reset durchführen“, beschrieb Ticktum den Vorfall und holte zum Rundumschlag aus. „Die Technologie ist sehr interessant. Sie muss nur mehr oder weniger immer funktionieren und wenn sie nicht mehr oder weniger immer funktioniert und nicht bereit ist, dann müssen wir sie abschaffen. So einfach ist es.“

Dan Ticktum im Jeddah ePrix I 2025
Dan Ticktum wurde vom Pit Boost ausgebremst, Foto: LAT Images

“Der Fakt, dass du eine Batterie so schnell laden kannst und sie nicht Feuer fängt, ist eine sehr wichtige Technologie für den elektrischen Konsumentenmarkt“, fuhr der Brite fort. „Darauf basierend ist es großartig. Aber ich bin verdammt nochmal nicht daran interessiert, wenn es meine Rennen ruiniert.“

Leichte Probleme zum Pit-Boost-Start: Welche Konsequenzen zieht die Formel E?

Jake Dennis (Andretti-Porsche) musste das Rennen in der vorletzten Runde aufgrund eines Batterie-Problems sogar ganz aufgeben. Einen ähnlichen Vorfall hatte Dennis bei den Testfahrten im spanischen Jarama erlitten, bei dem mit dem Pit Boost ein Proberennen durchgeführt wurde. "Die Batterie hat jetzt zwei Pit-Boosts mitgemacht. Einmal beim ersten Training in Jarama, wo sie explodiert ist. Jetzt haben wir wieder einen gemacht und sie ist wieder explodiert“, so der Weltmeister von 2023.

Ob aus diesen Problemen tatsächliche Konsequenzen gezogen werden, ist unklar. Vor der Einführung des Pit Boosts galt die klare Devise der Formel E, diesen nicht einzuführen, falls die Technologie nicht bereit ist, um mögliche Auswirkungen auf den WM-Kampf zu vermeiden. Erst recht, da es sich um eine Einheitstechnik handelt, der die Teams somit ausgeliefert sind. Fest steht: Wie geplant wird der Pit Boost im Samstagsrennen der Formel E in Jeddah (ab 18:00 Uhr) nicht zum Einsatz kommen.