Die Formel E hat sich kurz vor dem Saisonfinale in London (29./30. Juli 2023) im Guinness-Buch der Rekorde verewigt. McLaren-Pilot Jake Hughes stellte einen neuen Topspeed-Weltrekord für die höchste Geschwindigkeit, die je von einem Fahrzeug in Innenräumen erreicht wurde, auf. Die Bestmarke setzte der Brite in der Excel-Messehalle, wo die Formel E am Wochenende mit einem Double-Header ihre neunte Saison beschließt.
Hughes führte eine überarbeitete Version des aktuellen Gen3-Rennwagens zu einer Höchstgeschwindigkeit von 218,71 km/h auf der 346 Meter langen Start/Ziel-Geraden, der längsten Geradeaus-Passage auf dem 2,086 Kilometer langen Kurs. Hughes' Rekordfahrt begann in der letzten Kurve, die nach einem 130-Grad-Knick auf die Gerade führt, wo der McLaren-Pilot schließlich das Gas voll durchdrückte und erst kurz vor dem Einlenkpunkt zu Kurve 1 zum Stehen kam.
Formel E pulverisiert bisherigen Indoor-Topspeed-Rekord
Hughes, der sich bei diesem Weltrekord am Mittwochabend ein Duell mit Mahindra-Pilot Lucas di Grassi lieferte und nach mehreren Versuchen einen höheren Topspeed aufstellte, pulverisierte die bisherige Guinness-Bestmarke um Welten. Den Weltrekord hielt zuvor ein 761 PS starker Porsche Taycan Turbo S, der es 2021 im New Orleans Convention Center auf 165,2 km/h brachte.
Nun kann man heutzutage über die Aussagekraft von Guinness-Weltrekorden streiten, die schon fast inflationär und von Unternehmen nur zu gerne als kommerzielle Werbung genutzt werden. Interessanter sind die Details des hier eingesetzten Gen3-Autos, das von der Formel E als 'GENBETA' bezeichnet wird. Die Leistungsdaten geben Hinweise auf das Gen3.5-Fahrzeug, das 2025 als Update des aktuellen Boliden erscheinen soll.
Formel-E-Auto fährt erstmals mit Allradantrieb
Spannend: Die Formel E ließ Hughes und di Grassi mit einem Auto starten, das über einen temporären Allradantrieb verfügte. Dabei wurde der einheitliche 250-kW-Frontmotor erstmals für die Leistungsabgabe eingestellt, während er ansonsten ausschließlich zur Energierückgewinnung genutzt werden darf. 50 kW, was rund 68 PS entspricht, steuerte der Frontantrieb beim Weltrekord-Versuch in London bei. Damit stieg die maximale Systemleistung des Autos auf 400 kW (543 PS) an - 50 kW mehr als die erlaubte Leistung im aktuellen Gen3.
"Der GENBETA ist das erste Mal, dass der Vierradantrieb bei einem Monoposto-Rennwagen sowohl für Beschleunigung als auch für Bremsenergie-Regeneration aktiviert wurde", sagte die Formel-E-Technikchefin der FIA, Alessandra Ciliberti. "Dies wurde durch das Einschalten des vorderen Antriebspakets erreicht, um während der Beschleunigung eine bessere Traktion zu erzielen. Der GENBETA zeigt, was in naher Zukunft im Formel-E-Rennen möglich sein wird."
Ciliberti hatte erst kürzlich durchblicken lassen, dass ein temporärer Allradantrieb beim Gen3.5-Auto für die Saisons 2025 und 2026 zugelassen werden könnte. Die Zusatzleistung könnte etwa in den Duellphasen eines Qualifyings, beim Rennstart oder im aktivierten Attack Mode genutzt werden dürfen. Von einem permanenten Four-Wheel-Drive sehen die Verantwortlichen eher ab, weil die Autos dadurch zu einfach zu beherrschen sein könnten.
Für Weltrekord: Hankook entwickelt weichere Reifen
Um die erhöhte Leistung des GENBETA-Modells wirkungsvoll auf die Straße zu bringen, hat der exklusive Reifenlieferant der Formel E, Hankook, eine neue Mischung entwickelt. Die Reifen etwas weicher als aktuell, um das Grip-Level zu erhöhen und ein schnelleres Aufwärmen zu ermöglichen. Eine derartige, performantere Mischung könnte beim Gen3.5-Auto permanent zum Einsatz kommen.
Ein möglicher neuer Reifen könnte bis zu 10 Prozent mehr Grip liefern, hieß es zuletzt aus Kreisen der Formel E. Die FIA hatte Serienneuling Hankook bisher damit beauftragt, einen möglichst robusten Allwetterreifen zu entwickeln, der sowohl im Trockenen als auch speziell im Nassen konstant performt. Dieser Wunsch ging wenig überraschend zu Lasten des Grip-Niveaus.
Neue Aero-Teile am Formel-E-Auto
Auch das Chassis des Indoor-Weltrekord-Autos erhielt einige Updates, die in ähnlicher Form übernächstes Jahr beim Gen3.5 Einzug halten könnten. Neue Endplatten am Frontflügel aus dem 3D-Drucker, ein kleiner Windabweiser direkt vor der Cockpitkanzel und kaum sichtbare Finnen an den Rädern sollen laut Formel-E-Angaben für eine bessere Performance bzw. einem höheren Topspeed gesorgt haben.
Neue Rekordwerte - auch außerhalb einer Halle - hat das Gen3-Rennauto dieses Jahr bereits in der Formel E aufgestellt. Zwar scheint die Performance des neuentwickelten Elektro-Boliden angesichts zahlreicher Energie-Spar-Rennen nicht immer durch, doch bei freier Fahrt ergeben sich durchaus beeindruckende Werte.
Jaguar-Pilot Mitch Evans stellte bei der diesjährigen Premiere auf dem permanenten IndyCar-Kurs in Portland mit einem Topspeed von 276,6 km/h einen neuen Höchstgeschwindigkeits-Bestwert in der Geschichte der Formel E auf. An gleicher Stelle gelang zudem Titelfavorit Jake Dennis (Andretti-Porsche) ein neuer Durchschnittsrunden-Rekord (168,2 km/h, 1:08.919 Minuten).
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