Revanche geglückt! Antonio Felix da Costa bescherte seinem neuen Team Techeetah beim Formel-E-Rennen in Marrakesch den ersten Saisonsieg. Der Portugiese hatte beim Zieleinlauf mehr als elf Sekunden Vorsprung ausgerechnet auf den Zweitplatzierten Maximilian Günther. Dem jungen BMW-Piloten hatte sich Felix da Costa Mitte Januar beim Rennen in Santiago de Chile knapp geschlagen geben müssen.

Zum zweiten Mal im fünften Rennen der Saison überquerten Felix da Costa und Günther die Ziellinie auf den Plätzen eins und zwei - hier könnte sich ein Duell unter besonderen Umständen entwickeln, denn: Günther trat quasi die Nachfolge von Felix da Costa bei BMW an, nachdem sich dieser in Richtung des amtierenden Meister-Teams verabschiedet hatte.

Zwar ist der Techeetah wieder einmal das tonangebende Rennauto in der Formel E, doch an diesem Samstag in Marrakesch musste Felix da Costa sich zum Sieg tricksen. Ohne größere Gegenwehr ließ der Pole-Setter seinen BMW-Hintermann in Runde 16/34 passieren - um in Günthers Windschatten etwas Energie für den Schlussspurt zu sparen.

Der Plan ging auf. Vier Umläufe später, in Runde 20, errang Felix da Costa auch mit Hilfe des zweiten Attack Mode (235 kW in den Runden 20-23, Günther von Runde 21-24) die Führung zurück und gab sie bis zum Zieleinlauf nicht mehr ab.

"Da musste ich schon ein bisschen Mut beweisen, um das durchzuziehen", sagte Felix da Costa. "Ich war aber zu 90 Prozent sicher, dass es funktionieren würde. Ich habe in der ersten Rennhälfte versucht, vorne wegzufahren, das hat aber nicht geklappt. Ich musste also etwas probieren, weil ich das Rennen wirklich gewinnen wollte."

Zum Sieg getrickst: Antonio Felix da Costa, Foto: LAT Images
Zum Sieg getrickst: Antonio Felix da Costa, Foto: LAT Images

Auf die Frage von Motorsport-Magazin.com, ob der Sieg gegen den ehemaligen Arbeitgeber besonders schmackhaft sei, antwortete Felix da Costa mit einem breiten Grinsen im Gesicht: "Mit Maxis Ingenieur habe ich viele Jahre lang zusammengearbeitet. Ich wusste also genau, was da abgeht! Ich musste dann einfach genau andersherum denken und es hat geklappt."

Felix da Costa und Günthers Renningenieur, Brice Gaillardon, kennen sich tatsächlich seit mehreren Jahren aus der Formel E, zusammen gewannen sie schon 2012 den Macau Grand Prix mit dem britischen Rennstall Carlin.

Felix da Costas Windschatten-Clou zeigte auch, wie groß das Selbstvertrauen beim Techeetah-Fahrer ist - kein Wunder nach zuletzt zwei aufeinanderfolgenden zweiten Plätzen in Chile und Mexiko. Mit einem derart starken Auto fällt es leichter, etwas mehr für den Sieg zu riskieren...

Günther zu Motorsport-Magazin.com: "Es ging sehr viel um Strategie und der Windschatten war sicherlich ein Thema. Wir haben es ja beide gegeneinander versucht. In Sachen Energie sahen wir im Vergleich zum Rest des Feldes beide gut aus."

Der Start: Pole-Setter Felix da Costa vor Günther im BMW, Foto: LAT Images
Der Start: Pole-Setter Felix da Costa vor Günther im BMW, Foto: LAT Images

Beiden Fahrern war klar, dass es im Schlussstint auf ein Duell wie in Chile hinauslaufen könnte - oder aber ein spätes Safety Car dazwischenfunkt. "Du kannst zwar vorne wegfahren und die Energie nutzen", erklärte Günther. "Aber wenn dann ein Safety Car kommt, kann es sein, dass du komplett nach hinten durchgereicht wirst. Wir wussten beide, dass wir zum Rennende genug Energie zum Fighten haben wollten, aber man muss alles einkalkulieren."

Zu einem Zweikampf wie in Santiago sollte es nicht kommen, weil Felix da Costas Teamkollege, Jean-Eric Vergne dazwischenfunkte. Der amtierende Champion kämpfte sich nach halbwegs überwundener Krankheit ("Ich hatte am Freitag 40 Grad Fieber") vom elften Platz nach vorne und schnappte Günther kurzzeitig sogar Rang zwei weg.

Acht Runden vor Schluss zeigte Vergne, wie gut der Techeetah ist, überholte Günther und nahm Kurs in Richtung Doppelsieg. Die energiezehrende Aufholjagd und Günthers geschickter Umgang mit dem Ressourcen-Management kosteten ihn im letzten Umlauf des Rennens aber doch noch den zweiten Platz.

So konnte Günther die vorhandene Energie zwar nicht nutzen, um Felix da Costa einen weiteren Sieg wegzuschnappen - gegen dessen Teampartner Vergne zahlte sich die Strategie jedoch aus. "Vergne hat all seine Erfahrung genutzt, um sich zu verteidigen", sagte der 22-Jährige. "Er hat die Innenseite in den Hauptüberholzonen gut abgedeckt. Ich wusste aber, dass sich meine Chancen für ein Überholmanöver erhöhen, je länger das Rennen dauert."

Techeetah führt die Teamwertung in der Formel E an, Foto: LAT Images
Techeetah führt die Teamwertung in der Formel E an, Foto: LAT Images

Und so kam es ein weiteres Mal zum Showdown zwischen BMW und Techeetah in der letzten Runde. In Kurve 11 täuschte Günther zunächst rechts an und stach dann auf der linken Seite in die Lücke: "Dadurch hatte ich die Innenseite. Das war genau das Gas, das ich für die Kurve haben wollte. Mit Platz zwei haben wir heute das Maximum herausgeholt."

Nach fünf von (aktuell geplanten, Corona lässt grüßen) 13 Saisonrennen führt nun Felix da Costa die Meisterschaft mit 67 Punkten an. Der frühere DTM-Pilot ist der fünfte unterschiedliche Sieger im fünften aufeinanderfolgenden Rennen. Günther liegt auf Platz vier als bestplatzierter Deutscher und direkt hinter BMW-Teamkollege Alex Sims (46 Punkte) mit 44 Zählern in Lauerstellung.