Der Schock nach dem Qualifying war für Sebastien Buemi in Argentinien perfekt: Der Meisterschaftsführende der Formel E leistete sich einen Dreher und musste als Konsequenz von ganz hinten starten. "Wenn die Räder blockieren, hat das Auto keine Downforce mehr und danach ist es schwierig, die Räder wieder ans Laufen zu bekommen", erklärt Buemi später.

Aber was war von Startplatz 18 noch drin? Ein Rennen zum Vergessen, bevor es überhaupt begonnen hatte? "Man weiß in der Formel E nie, denn es kann so viel passieren. Ich hoffte, dass ich in die Punkte fahren kann, wusste aber auch, dass es nicht einfach wird", so Buemi. Doch am Ende wurde er von sich selbst überrascht. Es wurden Punkte - und zwar 18 an der Zahl. Nur um 0,7 Sekunden schrammte der Renault e.Dams-Pilot sogar am Sieg vorbei. Und das von Startplatz 18!

Doch wie gelang im engen Feld der Formel E eine derartige Aufholjagd und mit welchen Problemen hatte der Schweizer zu kämpfen?

Die große Herausforderung

Das Wort Effizienz wird in der Formel E groß geschrieben. Und genau diese geht verloren, wenn sich ein Fahrer wie Buemi seinen Weg durch das Feld bahnen muss. "Wenn du Konkurrenten überholen willst, musst du auf Power bleiben und das ist ineffizient. Du verbrauchst dabei so viel Energie, dass du danach enorm sparen musst, um noch im Plan zu bleiben", klärt der Schweizer auf. Überholt er ein Auto, ist in den darauffolgenden Kurven Sparen angesagt und das ist gleichbedeutend mit Zeitverlust.

Die Aufholjagd im Rundenprotokoll

Runde 1
Bereits nach den ersten 2,48 Kilometern hat Buemi drei Konkurrenten hinter sich gelassen - in einem spektakulären Überholvorgang. "Das Manöver zu Beginn war wohl die riskanteste Aktion und es war auch viel Glück dabei", erinnert sich der Schweizer später. "Aber ich musste das Risiko eingehen, sonst wäre ich hinten geblieben und das macht auch keinen Sinn."

Runde 7
Mittlerweile hat sich Buemi an Jean-Eric Vergne vorbeigekämpft und somit einen Platz in den Top-10 ergattert. Doch auch dort hält er sich nicht lange auf. Binnen fünf weiterer Umläufe ist der Renault e.Dams-Pilot bis auf Rang sieben nach vorne gekommen - die Top-5 liegen in Reichweite.

Runde 19
Es wird knifflig. Buemi ist mittlerweile auf Rang fünf nach vorne gekommen und geht zum Autowechsel an die Box. Doch anstatt so schnell wie möglich wieder auf die Strecke zu kommen, muss er sich hinter Nicolas Prost anstellen. Der Franzose kämpft mit einem Software-Problem und hat keine Power mehr. Buemi ist genervt und erklärt gegenüber Motorsport-Magazin.com: "Ich habe da ziemlich viel verloren, ich glaube schon drei Sekunden. Sicherlich hätte ich Stéphane Sarrazin da überholt."

Runde 20
Durch den langsamen Boxenstopp und einen Mauerkuss von Prost rutscht Buemi auf Rang vier nach vorne und hängt direkt hinter Sarrazin. Als das Safety Car schließlich auf die Strecke kommt, sieht man den Schweizer wild gestikulieren und er beschert sich über Funk. "Ich habe nur gesagt, dass sie ihm Bescheid geben sollen, dass er nicht mit 50 km/h fahren soll. Dieses Limit gilt nur bei virtuellem Safety Car oder roter Flagge. Aber in einer Safety-Car-Phase muss man sofort auf die anderen Fahrer aufschließen", schildert Buemi später.

Runde 23
Es ist vollbracht: Stéphane Sarrazin ist überholt und Buemi ist auf dem Podest angelangt - innerhalb von nur 23 Runden. Durch die Safety-Car-Phase war der Renault e.Dams-Pilot nun lediglich 1,8 Sekunden hinter seinem Meisterschaftsfavoriten Lucas di Grassi angelangt. "Ich hatte etwas Glück durch das Safety Car, sonst wäre es schwierig geworden."

Runde 27
Di Grassi muss kleinbeigeben. Buemi drückt sich im Kurvenscheitel am Abt-Piloten vorbei ist auf Rang zwei. "Ich habe vor diesem Manöver wirklich überlegt", verrät Buemi auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Die Batterie war so warm und das Energie-Rückgewinnungs-System ging verloren. Dadurch bremsen die Hinterräder plötzlich nicht mehr so gut und vorne blockiert alles." In der schlimmsten Phase wusste Buemi zeitweise nicht mehr, wann er überhaupt bremsen sollte, um das komplette Blockieren der Räder zu verhindern. Rang zwei hatte er dennoch inne.

Die Schlussphase
Nun wartet nur noch Sam Bird an der Spitze. In Runde 28 nimmt Buemi den Briten ins Visier und holt stetig auf. Aus 1,486 Sekunden Rückstand werden im Ziel lediglich 0,716 - vorbei kommt der Meisterschaftsführende allerdings nicht. "Ich habe Sam Bird bis zur letzten Runde unter Druck gesetzt, aber ihm ist kein Fehler unterlaufen", ärgerte sich Buemi letztlich trotz Rang zwei.

Das Fazit

Nach dem Rennen ist die Freude bei Buemi gedämpft. Mit der Leistungsfähigkeit seines Autos wären vermutlich ohne Schwierigkeiten die Pole und der Sieg möglich gewesen. So liegt er in der Meisterschaft zwar weiter an der Spitze, den Vorsprung auf Lucas die Grassi hat er aber nur von zwei auf vier Punkte ausgebaut. Nach einem derartigen Renntag jedoch sicher nicht die schlechteste Ausbeute.