Ein Formel-3-Auto an der Eingangspforte, hunderte erwartungsfreudige Zuschauer und mittendrin: Sophia Flörsch. Beim 'DOK.fest München' im Deutschen Theater war die junge Rennfahrerin wirklich der Star des Abends. Im Rahmen des Dokumentarfilm-Festivals feierte am Samstagabend der Film '#Racegirl - Das Comeback der Sophia Flörsch' auf großer Leinwand seine Weltpremiere.

Die 95-minütige Dokumentation, eine Produktion der Gebrüder Beetz in Koproduktion mit RTL 2 und RTL+, gewährt den Zuschauern tiefe Einblicke in Flörschs Rückkehr nach ihrem schweren Unfall beim Macau Grand Prix 2018. Dabei werden unter anderem Aufnahmen aus der Zeit kurz nach dem Crash veröffentlicht, die auch Motorsport-Magazin.com noch nie zuvor gesehen hatte.

Sophia Flörschs Racegirl-Dokufilm: Trailer (02:00 Min.)

Sophia Flörschs Macau-Unfall ist nur der Anfang

Flörschs Macau-Unfall, in dessen Folge sie sich einer elfstündigen Wirbelsäulen-OP unterziehen musste, ist aber nur der Beginn der Doku, die noch dieses Jahr auf RTL 2 im Fernsehen ausgestrahlt werden soll. Vielmehr geht es um das Comeback der 22-Jährigen genau 106 Tage nach dem Crash, der sie über Nacht weltberühmt machte.

Die ersten Rennen und Podestplätze in der European Le Mans Series werden ebenso intensiv beleuchtet wie Flörschs Start und das sich entfaltende Drama bei den 24 Stunden von Le Mans. Die Renn-Szenen im Film dürften Motorsport-Fans ohnehin bekannt sein. Viel spannender sind die Aufnahmen hinter den Kulissen, in denen Flörsch das Kamera-Team so nah an sich heranlässt wie wohl nie zuvor. Zum ersten Mal überhaupt sehen wir die Nachwuchs-Rennfahrerin etwa mit Tränen in den Augen.

Sophia Flörsch bei der Doku-Weltpremiere in München, Foto: Ronny Heine / DOK.fest 2023
Sophia Flörsch bei der Doku-Weltpremiere in München, Foto: Ronny Heine / DOK.fest 2023

Flörsch-Doku: Achterbahn der Emotionen

Es ist ein Film voller Emotionen, der den Zuschauern einen abwechslungsreichen und emotionalen Einblick ins durchaus harte und von Männern dominierte Motorsport-Business gewährt. Vor allem die unentwegte Suche nach Sponsoren für das nächste Cockpit und konkret besprochene Millionensummen eröffnen den Blick in eine Welt, die aus so viel mehr besteht als dem reinen Rennfahren.

Dass Sophia Flörsch und auch ihre Familie das Team um Regisseurin Sonja Otto in jeglichen Situationen derart nah und authentisch an sich heranlassen, verdient Respekt. Und so entwickelt sich die Dokumentation zu einer wahren Achterbahn der Gefühle, in der sich Erfolge und Rückschläge regelmäßig abwechseln.

Volles Haus beim DOK.fest in München - mittendrin: Sophia Flörsch, Foto: Ronny Heine / DOK.fest 2023
Volles Haus beim DOK.fest in München - mittendrin: Sophia Flörsch, Foto: Ronny Heine / DOK.fest 2023

Sophia Flörsch im Exklusiv-Interview

Motorsport-Magazin.com bat die nach dem langen Tag etwas erschöpfte, aber bestens gelaunte Flörsch nach der Weltpremiere des Films zum Gespräch.

Sophia, was ging dir beim Schauen der Dokumentation auf großer Kinoleinwand durch den Kopf?
Sophia Flörsch: Ich war wirklich super-nervös im Vorfeld. Ich wusste ja nicht, wie der Film bei den Zuschauern ankommen wird. Einen 95-minütigen Dokumentarfilm über mein eigenes Leben bzw. die letzten 18 Monate zusammen mit meiner Familie, Verwandten und vielen Freunden hier in München zu schauen, das war der Hammer! Der Film war ohnehin schon sehr emotional und ich hatte beim Anschauen mehrfach Tränen in den Augen. Das war ein unvergesslicher Abend.

Auch im Film sind mehrere Szenen zu sehen, bei denen du Tränen in den Augen hattest. Ein Anblick, den du bislang aus der Öffentlichkeit herausgehalten hattest. Warum hast du das jetzt zugelassen?
Sophia Flörsch: Egal in welchem Sport - im Motorsport als Frau vielleicht noch ein bisschen spezieller - versuchst du einfach tough rüberzukommen, oder bist auch einfach tough. In der Öffentlichkeit lässt du solche Emotionen nicht wirklich zu. In dem Film ist ja das 24-Stunden-Rennen in Le Mans von 2022 zu sehen. Da war ich am Ende komplett übernächtigt, hatte keine Energie mehr. Da sind mir einfach die Tränen gekommen. Dass in dem Moment eine Kamera draufgehalten hat, war für mich keine so angenehme Situation. Unterm Strich gehört das aber dazu im Sport. Du hast Erfolge und heulst, weil du happy bist. Und dann hast du Niederlagen und Sachen, die dir wehtun und ebenso emotional sind.

Ich bin Medien und Kameras um mich herum gewohnt, aber das war doch noch mal was anderes. Da möchte ich vor allem das Kamerateam loben. Es gab sicherlich auch Situationen, in denen sie es nicht so leicht hatten, mit mir umzugehen, weil ich mich auch erst an diese Situation gewöhnen musste.

Viele Emotionen bei der Premiere der Sophia-Flörsch-Doku, Foto: Ronny Heine / DOK.fest 2023
Viele Emotionen bei der Premiere der Sophia-Flörsch-Doku, Foto: Ronny Heine / DOK.fest 2023

Hast du während der anderthalbjährigen Drehaufnahmen die Kameras um dich herum überhaupt noch wahrgenommen?
Sophia Flörsch: Ich habe die Aufnahmen schon wahrgenommen, das Team war ja wirklich bei vielen Events dabei. Irgendwann habe ich diese Challenge dann angenommen, das ging in Ordnung für mich und ich habe nicht mehr abgeblockt. Ich hatte das Vertrauen, dass alles, was sie filmen, nicht missbraucht wird, um es mal so auszudrücken.

Gab es auch Aufnahmen, die du nicht in der Doku haben wolltest?
Sophia Flörsch: Ja, das gab's definitiv. Der Motorsport ist ja sehr emotional, es passiert so wahnsinnig viel und im Film wird alles sehr komprimiert erzählt. Da gab es bestimmt auch ein paar Momente, wo ich denen die Tür vom Truck vor der Nase zugeschlagen und gesagt habe: 'Stopp, jetzt reicht's.' Ich denke, das Team hatte auch Verständnis dafür und hat mir das nicht übelgenommen.

#Racegirl - Das Comeback der Sophia Flörsch feiert Weltpremiere, Foto: Ronny Heine / DOK.fest 2023
#Racegirl - Das Comeback der Sophia Flörsch feiert Weltpremiere, Foto: Ronny Heine / DOK.fest 2023

Was waren aus deiner Sicht die emotionalsten Momente im Film?
Sophia Flörsch: Die Anfangsszenen von Macau 2018. Gar nicht so sehr die Bilder vom Unfall, sondern mehr, wie meine Mutter und meine Schwester darüber gesprochen haben.

Im Film sieht man deine Schwester mit Tränen in den Augen, als sie im Nachgang über den Unfall in Macau sprach...
Sophia Flörsch: Ja, richtig. Und als ich sie so gesehen habe, war es auch für mich nicht einfach, nicht zu weinen.

Apropos Macau: Wir haben Aufnahmen gesehen, die man vorher noch nie gesehen hat. Stimmt das?
Sophia Flörsch: Stimmt. Es gab ja immer nur gewisse Bilder vom Unfall und den Folgen, die in die Öffentlichkeit gingen. Die Bilder, die die Zuschauer im Film sehen konnten, gab es vorher noch nie zu sehen. Wir haben gesagt, dass wir für die Doku ein paar mehr Aufnahmen herausgeben in dem Wissen, dass sie auf die richtige Art und Weise verwendet werden. Das gehört eben zu meinem Leben dazu.

Der Star des Abends in München: Sophia Flörsch, Foto: Ronny Heine / DOK.fest 2023
Der Star des Abends in München: Sophia Flörsch, Foto: Ronny Heine / DOK.fest 2023

Welche Szenen haben dich beim Anschauen noch berührt?
Sophia Flörsch: Le Mans 2022, das hat das Team einfach superschön erzählt mit den Fans. Auch die beiden Podestplätze in der European Le Mans Series. Diese Zeit hätte man nicht als Drehbuch schreiben können. Sie haben das erste Mal in Portimao gedreht, als wir aufs Podest gefahren sind. Das sollte wohl so sein. Und das alles jetzt noch mal sehen zu dürfen, war einfach nur cool!

Film-Vorführung beim DOk.Fest, Wings for Life World Run im Münchner Olympiapark nur einen Tag später, deine Rolle als Synchronsprecherin im neuen Transformers-Film und viele, viele weitere Events drum herum: Kritiker werfen dir vor, dass du neben dem reinen Motorsport zu viele andere Projekte hast. Wie reagierst du darauf?
Sophia Flörsch: Ich weiß, dass mir so etwas vorgeworfen wird. Ich kann das auch nachvollziehen, wenn Leute so etwas denken. Auf der anderen Seite muss ich viele Sachen machen, die viele andere Rennfahrer nicht machen. Wenn jemand kommt und mir sagt, dass er meine nächsten drei Jahre im Motorsport finanziert, dann höre ich von heute auf morgen mit allen anderen Sachen auf, mache nur noch meinen Sport und trainiere. Stand jetzt kann ich mir das aber leider nicht leisten.

Die Doku soll dieses Jahr auch im Fernsehen ausgestrahlt werden. Welche Reaktionen erhoffst du dir von der breiten Öffentlichkeit?
Sophia Flörsch: Ich hoffe, dass sie nicht nur Motorsport-Fans anspricht, sondern ebenso Leute - gerne natürlich auch Frauen - von außerhalb des Sports. Ich hoffe, dass der Film manchen Leuten auch die Augen öffnet, wie der Motorsport wirklich ist. Ich weiß, dass es vielen gar nicht so bewusst ist, wie der Sport funktioniert. Sie sind überrascht, wenn sie hören, dass man Geld zahlen muss, wenn man Rennen fährt. Generell ist es einfach voll krass, zu wissen, dass es jetzt eine Doku über mich gibt! Und meine Geschichte ist noch nicht fertig erzählt. Ich will ja, dass es weitergeht.