Barcelona ist das erste Wochenende mit der kompletten Pyramide des Formelsports. Jetzt mit Formel 3, Formel 2, Formel 1. Was bedeutet das für Sie?
Bruno Michel: Es bedeutet, dass wir es gemeinsam mit der FIA endlich vereinfacht haben. Es war ein ziemlich langer Weg, aber jetzt haben wir, was wir und die FIA erreichen wollten und es stimmt uns sehr zuversichtlich. Das ist auch gut für die Fahrer, um zu verstehen, wie es funktionieren sollte, und jetzt, wenn wir diesen Grid mit den dreißig Autos und einem Rennen wie das von heute morgen sehen, das macht mich sehr glücklich.

Warum hat es so lange gedauert? In der MotoGP gibt es das ja schon lange?
Bruno Michel: Autorennsport ist vielleicht etwas komplizierter, keine Ahnung. In der Vergangenheit gab es so viele Serien. Natürlich spielte die wirtschaftliche Situation eine Rolle. Nicht alle dieser Serien konnten überleben, es war für einige sehr schwierig. Dann mussten wir den richtigen Zeitpunkt und die richtige Übereinkunft mit der FIA finden. Mit der Formel 2 war es einfach, da gab es nur GP2 und sonst nichts. Aber mit der Formel 3 gab es eine Kategorie der FIA, eine Kategorie von uns, und es gab andere Kategorien, die auf einem fast identischen Level lagen. Daher hat es gedauert. Aber das Ziel wurde von uns und von der FIA vor ein paar Jahren ausgegeben, und jetzt stehen wir hier.

Der Start in das erste Rennen der neuen Formel 3 in Barcelona, Foto: LAT Images
Der Start in das erste Rennen der neuen Formel 3 in Barcelona, Foto: LAT Images

Würden Sie sagen, dass sie das letzte Ziel damit erreicht haben?
Bruno Michel: Für mich ist es erledigt! [lacht] Es ist eine freie Welt, du kannst immer neue Serien schaffen, aber so wie es jetzt strukturiert ist - Formel Ford, regionaler Formelsport, und dann wir mit F3 und F2 am Formel-1-Wochenende - so wollten wir es haben. Das passt uns so, jetzt planen wir keine weiteren Änderungen mehr.

Formel-2-Boss Michel über Schumacher: Bloß nicht zu viel Druck

Als deutsches Magazin müssen wir natürlich fragen - was bedeutet es für eine Meisterschaft, den Sohn von Michael Schumacher im Feld zu haben?
Bruno Michel: Es ist sehr gut, wir sind sehr zufrieden. Es bringt natürlich ein bisschen mehr Aufmerksamkeit mit sich. Ich will nur sicherstellen, dass es nicht für ihn selbst zu viel wird. Er soll sich auf das konzentrieren, was er in der Formel 2 zu tun hat, und nicht zu viel Druck von außen bekommen, nur wegen dem Namen. Er muss lernen. Das hier ist ganz anders als die Formel 3, das Auto ist viel komplexer, viel stärker, es gibt zwei Arten von Reifen. Viele Dinge, die er auf seinem Weg in die Formel 1 lernen muss. Bis jetzt hatte er ein sehr starkes erstes Wochenende. Das zweite war nicht ganz so stark, was ganz normal ist. Ich glaube, alle sollten sich beruhigen und ihn arbeiten lassen. Er wird es schaffen. Da bin ich mir sicher. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, aber er hat Talent, keine Frage.

Gehen die Zahlen schon nach oben, seit er fährt?
Bruno Michel: In Deutschland? Ja, sicher. [lacht]

Keine Formel 2 in Deutschland: War für 2019 zu spät

Noch eine deutsche Frage: Wer ist letztendlich für den Kalender zuständig?
Bruno Michel: Wir. Wir und die FIA, wir reichen unseren Kalender ein und der Motorsport-Weltrat segnet ihn ab. Aber wir sind verantwortlich.

Schade, dass nicht in Deutschland gefahren wird.
Bruno Michel: Ich würde sagen, da geht es um die Anzahl der Rennen. Wir hatten zwölf Rennen und wollten nicht noch mehr hinzufügen. Das haben wir lange vorher entschieden, bevor Mick kam. Jetzt verstehe ich, dass es für Deutschland schade ist, dass Mick nicht kommt. So ist das Leben, vielleicht ändert es sich. Je nachdem was mit dem Deutschland-GP passiert.

Wäre nicht ein Rennen noch möglich gewesen?
Bruno Michel: Nein. Nicht jetzt. Wir versuchen die Kosten so niedrig wie möglich zu halten. Es ist für die Teams nicht einfach, Geld zusammenzubekommen und sicherzustellen, dass sie ein gutes Geschäft machen. Zwölf Events haben wir beschlossen, haben es den Teams gesagt, und die Teams haben das den Fahrern gesagt. Da kommt dann einmal der Punkt - du beginnst was zu ändern, es ist ein bisschen spät, sie haben nicht die richtigen Verträge und so. Das wird eine schwierige Situation für alle. Also nein, es war nicht möglich. Wir werden es in Zukunft sehen.

Mit wem werden die Verträge für die Rennen ausgehandelt?
Bruno Michel: Unterschiedlich. In Europa arbeiten wir meistens über die FOM, Formula One Management. Außerhalb von Europa reden wir meistens direkt mit den Promotern.

Formel-1-Chef Chase Carey und Formel-2-Chef Bruno Michel, Foto: LAT Images
Formel-1-Chef Chase Carey und Formel-2-Chef Bruno Michel, Foto: LAT Images

Eine technische Frage: Nächstes Jahr kommt der Wechsel auf 18-Zoll-Reifen. Macht das die Serie für junge Fahrer noch wertvoller?
Bruno Michel: Ja, es ist ein Plus, auf jeden Fall. Für junge Fahrer wird es gut sein, die 18-Zoll-Reifen in der Formel 2 auszuprobieren, bevor sie das in der Formel 1 machen können. Es ist auch gut für uns, um am Auto was zu ändern, weil das Auto dann drei Jahre alt sein wird. Da ist es gut, etwas Neues zu haben. Es wird die Dinge interessant machen, das Auto wird sich ganz anders verhalten. Wir beginnen erst mit den Tests und wissen noch nicht genau, wo wir stehen, was die Performance oder das Fahrverhalten angeht. Aber es ist ein gutes Plus, und wird uns für die Fahrer attraktiv machen, das ist sicher.

Bruno Michel: Formel 2 ist und bleibt Nachwuchs-Serie

Die alte GP2 hatte nicht den gleichen Ruf wie zum Beispiel Moto2. Ist das jetzt in Ihren Augen mit der Formel 2 anders?
Bruno Michel: Ich weiß nicht, was Sie damit meinen - dass GP2 nicht den Ruf hatte. GP2 war eine fantastische Meisterschaft.

Ja, aber es war eine reine Nachwuchsserie. Keine Meisterschaft, die auf sich allein gestellt existieren konnte.
Bruno Michel: Es war eine Nachwuchsserie, aber die Formel 2 ist auch noch eine Nachwuchsserie.

Genau. Da stellt sich die Frage nach dem Endpunkt - soll die Formel 2 also eine Nachwuchsserie für die Formel 1 bleiben, oder soll es auch einmal die Möglichkeit geben, nur hier zu fahren und fünf Titel am Stück zu gewinnen oder so? Momentan darf der Meister ja im nächsten Jahr nicht zur Titelverteidigung antreten.
Bruno Michel: Wir hatten Fahrer in der GP2, oder auch jetzt in der Formel 2, die drei oder vier Jahre mit uns fahren. Auf der anderen Seite gab es in der Vergangenheit Fahrer in der GP2 und der Formel 2, die als Rookies gekommen sind, gewonnen haben, und sofort in die Formel 1 aufgestiegen sind. Es hängt glaube ich wirklich davon ab, welche Fahrer du in jedem Jahr hast. Als wir Lewis Hamilton, Nico Rosberg, Nico Hülkenberg, Charles Leclerc hatten ... die sind als Rookies gekommen, haben gewonnen und sind und sofort in die Formel 1 aufgestiegen. Es ist also keine Frage der Philosophie. Es ist eine Frage nach offenen Plätzen in der Formel 1. Und wie stark die Kategorien in jenem Jahr besetzt sind. In manchen Jahren hatten wir absolut fantastische Fahrer, in anderen Jahren ist es etwas schwieriger. Wenn du dir das letzte Jahr anschaust, da sind die ersten drei Fahrer in die Formel 1 gegangen. Zwei davon waren Rookies.

Aber was wäre, wenn es einen sehr guten Meister gibt, der keinen Platz in der Formel 1 bekommt?
Bruno Michel: Das liegt nicht nur bei uns. Wenn es Plätze in der Formel 1 gibt, dann schauen die Formel-1-Teams natürlich zuerst auf den Formel-2-Meister. Dann gibt es Verbindungen und so. Wir haben aber in der Vergangenheit Meister gehabt, die es nicht in die Formel 1 geschafft haben. Tut uns leid, wenn es passiert, aber es kann passieren. In der Formel 1 gibt es nur 20 Plätze.