Felipe Massas Qualifying-Unfall in Ungarn war der zweite schwere Motorsport-Unfall innerhalb nicht einmal einer Woche und zum zweiten Mal wurde ein Rennfahrer von einem Gegenstand am Kopf getroffen. Erst am vergangenen Sonntag wurde der 18-jährige Brite Henry Surtees bei einem Formel-2-Rennen in Brands Hatch von einem abgerissenen Rad am Helm getroffen und erlag wenig später im Krankenhaus seinen Verletzungen.

Am Hungaroring flog Massa ein weggeflogenes Teil von Rubens Barrichellos Brawn GP Renner an den Helm und ließ ihn geradeaus in den Reifenstapel rasen. Der Brasilianer trug eine Schnittwunde an der Stirn, eine Knochenabsplitterung über der linken Augenbraue und eine Gehirnerschütterung davon. Er wird derzeit in einem Klinikum in Budapest auf der Intensivstation behandelt.

Vergangene Zeiten

Die Entwicklung der Helme ging einen weiten Weg., Foto: Sutton
Die Entwicklung der Helme ging einen weiten Weg., Foto: Sutton

Es gab Zeiten, da saßen Formel-1-Fahrer in Straßenkleidung in ihren Autos. Dazu kam so manche skurrile Marotte. So bestand Mike Hawthorn, Weltmeister des Jahres 1958, darauf, im Cockpit eine Fliege zu tragen. Solche modischen Accessoires sind im modernen Grand-Prix-Sport nicht mehr erlaubt. Heute schreibt der Motorsportweltverband FIA die Rennkleidung der Piloten vor. Der Körper des Fahrers muss komplett von schützenden Materialien bedeckt sein.

Bereits zu Hawthorns Zeiten wurden Sturzhelme eingesetzt - seit 1953 sind sie während Formel-1-Rennen Pflicht. Der Helm besteht hauptsächlich aus drei Materialien: Kohlefaser für die Steifigkeit, der feuerbeständigen Kevlar-Substanz Aramid sowie Polyethylen, das die Helmhülle undurchdringlich machen soll. Sein Gewicht liegt bei rund 1,3 Kilogramm und darf 1,8 kg nicht überschreiten Das schreibt das FIA-Reglement vor. Es muss auch deshalb niedrig gehalten werden, um den Fahrer bei den einwirkenden Fliehkräften weniger zu belasten.

Strikte Sicherheitstests

Ein Teil traf Felipe Massa bei voller Fahrt am Kopf., Foto: Sutton
Ein Teil traf Felipe Massa bei voller Fahrt am Kopf., Foto: Sutton

Vor der Zulassung für die Formel 1 wird ein Helm umfangreichen Tests unterzogen, die reale Szenarien simulieren. Beim so genannten "Penetration Test" fällt ein drei Kilogramm schwerer, spitzer Metallgegenstand aus drei Metern Höhe auf den Helm. Der Gegenstand darf die Helmhülle nicht durchdringen. Ein weiterer Test überprüft den Sitz des Helms. Hier wird ein Gewicht von fünf Kilogramm am Helm (der auf einem Kunstkopf sitzt) befestigt und aus einer Höhe von 60 Zentimeter jeweils nach vorne und nach hinten fallen gelassen. Die Wucht darf den Helm nicht vom Kunstkopf reißen. Beim Kinnriemen wiederum wird dessen Dehnbarkeit getestet. Unter der Last eines 38 Kilogramm schweren Gewichts darf sich der Riemen höchstens 30 Millimeter dehnen.

Auch ein Visiertest ist vorgeschrieben. Dabei wird das Visier mit etwa 500 Stundenkilometer schnellen Projektilen beschossen. Die Einschlagstellen dürfen nicht tiefer als 2,5 Millimeter sein. Schließlich wird der Helm einem Feuertest unterzogen. Die Hülle, der Kinnriemen und das Visier werden 45 Sekunden lang einer 800 Grad heißen Flamme ausgesetzt. Der Helm darf Feuer zwar fangen - es muss aber zehn Sekunden nach Erlöschen der Flamme von selbst ausgegangen sein. Im Helminnern darf die Temperatur höchstens 70 Grad betragen.

Zusätzlicher Schutz durch HANS

Neben dem Helm tragen die Fahrer das Head and Neck Support System, kurz HANS. Dieser zusätzliche Kopf- und Nackenschutz ist seit der Saison 2003 vorgeschrieben. Das System Head and Neck Support besteht aus einem Schulterkorsett aus Karbon, das mit den Sicherheitsgurten und dem Helm der Fahrer verbunden wird. HANS soll im Falle eines Unfalls die Überdehnung der Wirbelsäule verhindern. Außerdem soll ausgeschlossen werden, dass der Kopf des Fahrers gegen das Lenkrad prallt.