Als Jochen Mass 1975 seinen ersten und einzigen GP-Triumph in Barcelona einfuhr, war die Formel 1 Welt noch eine andere. Viele Nostalgiker dürften wohl in Gedanken hinzufügen: Damals war sie noch in Ordnung.
Der GP-Sport war noch nicht vom Geld und dem Machtstreben einzelner durchsetzt. Es stand tatsächlich noch der Sport im Vordergrund.
Doch obwohl die Formel 1 vor dreißig Jahren völlig anders war, ist sich Jochen Mass sicher, dass die heutigen Piloten auch "damals schnell gewesen" wären. Einen gewissen Unterschied macht er im Gespräch mit motorsport-magazin.com dennoch aus: "Heute fahren sie teilweise über dem Limit und fliegen dann raus", analysiert der Ex-McLaren-Pilot. "Früher bist du anders gefahren. Mit ein wenig mehr Respekt, etwas vorsichtiger und trotzdem am Limit - an einem vertretbaren Limit."
Der Nachwuchs am Limit
Ebenfalls am Limit kämpfen seit geraumer Zeit die Söhne dreier Formel 1 Weltmeister: Nelsinho Piquet, Mattias Lauda und Nico Rosberg duellieren sich gemeinsam in der neu geschaffenen GP2.
"Es ist schön. Ich finde das gut", freut sich Mass. "Es entsteht so ein Familienzusammengehörigkeitsgefühl. Das finde ich positiv."
Besonders überzeugt ist Mass vom Sprößling des Weltmeisters von 1982. "Der kleine Rosberg wird gewiss ein Guter", ist er sich sicher. "Piquet müsste es auch schaffen. Ich wünsche ihnen alles Gute, hoffe dass die Autos gut sind und dass sie gute Rennen liefern."
Allerdings ist auch Mass klar, dass die Erwartungen an die Söhne der Champions enorm sind. "Für sie ist es einerseits leichter gewesen rein zu kommen, aber jetzt ist der Druck natürlich ungleich höher. Jeder erwartet immer mehr, als sie unter Umständen geben können."
Ebenfalls viel erwartet sich Jochen Mass von einem anderen deutschen Talent: Sebastian Vettel. "Der Junge ist und bleibt super", lobt der Ex-Pilot den aufstrebenden Formel 3 Fahrer.
In den Spuren eines Michael S.
Das große Ziel der Jungspunde ist es natürlich eines Tages in der Königsklasse des Motorsports aktiv zu sein und selbst Weltmeister zu werden. Wer das Talent dazu hat, zeigt sich für Mass bereits mit "16 oder 17 Jahren". "Das ist die Zeit, in der sie am intuitivsten fahren."
"Da denken sie über nichts nach, da sind sie am ruhigsten, fahren sie allen um die Ohren und das mit einer Sicherheit, welche sie später nie mehr erreichen werden." Demnach steht für ihn felsenfest, dass ein Michael Schumacher zwar "noch immer superschnell" sei, er aber mit einem ebenso talentierten Jungspund nicht mithalten könnte.
"Wenn jetzt ein 18- bis 20-jähriger mit dem gleichen Talent kommen würde", so Mass, "dann würde dieser Schumacher um die Ohren fahren. Der Michael wäre dann vielleicht mit den verschiedenen Bedingungen über eine Saison immer noch der Bessere, aber für wie lange? Dieses intuitive Fahren, dieses totale losgelöst sein von allen Bedenken gegen irgendetwas, wo du einfach ans Limit gehst, weil du es spürst. Das verlierst du irgendwann."
Darin sieht Mass auch den zuletzt praktizierten Jugendtrend in der Formel 1 begründet. "Ab Mitte 20 baust du schon ab", sagt er. "Dann musst du also schon in der Formel 1 dabei sein." Und genau in diesem Alter stieg auch jener Fahrer in die Königsklasse ein, den Jochen Mass in diesem Jahr als WM-Favoriten ansieht. Ein gewisser Fernando Alonso.
Historische Geschichten bei motorsport-magazin.com
Das komplette motorsport-magazin.com-Exklusivinterview mit Jochen Mass können Sie in unserer Rubrik "Historisches" nachlesen. Darin spricht Mass über seine Zeit als Aktiver, seinen GP-Sieg in Spanien, sein Verhältnis zu den Kollegen, das Bestreben die Sicherheit zu verbessern und vieles, vieles mehr.
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