Die Formel 1 und ihre neuen Regeln - da gibt es durchaus jene Momente der Verzweiflung, in denen man sich fragt, ob das auch wirklich wahr sein kann. Die Motorenregel beispielsweise. Da wird ein Regelwerk beschlossen, welches den armen Konzernen respektive Motorenherstellern beim Sparen helfen soll. Für ein einziges Jahr wird die Lebensdauer der Aggregate auf zwei Rennwochenenden erhöht, wodurch aufgrund einer niedrigeren Stückzahl bei der Produktion dann angeblich die Millionen eingespart werden, aber im Jahr darauf gibt es schon wieder ein neues V8-Konzept, das kostet zwar wieder an Entwicklungskosten, aber scheinbar werden dann auch irgendwann irgendwie auch in diesem Bereich Kosten reduziert.

Wie auch immer - in diesem aktuellen Jahr 2005 müssen die Motoren also zwei Renn-Wochenenden halten. Halten sie nicht, wird man bestraft, also um zehn Plätze zurückgereiht. Klingt einleuchtend. Doch die große Ausnahme lautet: Wenn jemand im Rennen ausfällt, darf er den Motor wechseln, ohne eine Rückversetzung. Ein absurdes Schlupfloch - welches völlig am Geist dieser Regel vorbei huscht…

FIA-Präsident Max Mosley wurde vor Saisonbeginn mit diesem Loch in seinem Reglement konfrontiert. Denn es wäre demnach für jene Piloten, welche im Rennen auf einer punktelosen Position liegen, ein logischer Anreiz, einen Ausfall vorzutäuschen oder gar den Motor hochzujagen, um beim nächsten Rennwochenende sich an einem neu gebornenen Motor erfreuen zu können. Mosley sagte: "Wir haben viel darüber nachgedacht, dass man den Motor hochjagen könnte, aber wir denken nicht, dass es passieren wird. Denn wenn man es mehr als einmal tun würde, wäre das sehr verdächtig, da so etwas statistisch gesehen sehr selten passiert. Wir müssten dann den Stewards sagen, dass sie sich den betreffenden Fall genauer ansehen sollen."

Und: "Die Sache ist so: Wenn das jemand ständig machen würde, würden wir es merken. Und was würde es bringen, wenn man auf Position 9 liegt? Und in der Realität sieht es ja so aus, dass man so etwas ja vorbereiten müsste. Und der Vorteil, den man daraus gewinnen kann, ist ja nicht derart groß. Ich glaube nicht, dass sie das tun werden."

British American Racing veröffentlichte nach dem Rennen die übliche Presseaussendung - darin heißt es: " Da wir außerhalb der Punkteränge lagen, entschieden wir beide Autos aus dem Rennen zu nehmen, was uns die Möglichkeit gibt die Motoren für Malaysia ohne Strafe zu wechseln. Dies könnte aufgrund der erwarteten hohen Temperaturen ein Vorteil sein."

Max Mosley muss also nicht mal seinen Stewards einen heißen Tipp geben, es gibt auch nichts, was man "bemerken" müsste - er hat es schwarz auf weiß vor sich liegen. Sein Schlupfloch wird ungeniert ausgenützt.

Doch bislang gab es keinerlei Reaktion der FIA. Und auch die Teams finden es in Ordnung, bestehende Schlupflöcher auszunützen. Ross Brawn von Ferrari etwa meinte, es liege an den Teams, das Regelbuch optimal auszunützen.

Schön und gut - man ist in der Formel 1 mittlerweile an absurde Regelungen gewöhnt worden. Nur: Diese Zweiwochenend-Motorenregel ist - neben der Reifenlimitierung - der Auslöser für den Rundengeiz. Wegen dieser Regel schonen die Teams ihre Motoren und fahren im Training so wenig wie möglich auf die Strecke. Der Leidtragende ist der Zuschauer. Und dieser wiederum könnte es durchaus als Affront oder Ohrfeige betrachten, dass der ganze Rundengeiz de facto gar nichts bringt in punkto Sparen - denn jene Hersteller, die keine Punkte holen, jagen ihre Motoren in die Luft oder schrauben zumindest einen neuen ins Auto. Summieren sich derartige Ausfälle, wird am Ende wahrscheinlich nicht sehr viel eingespart worden sein in punkto Stückzahl…

Abgesehen davon, dass diese Motorenregel ohnehin sehr seltsam anmutet in der Königsklasse des Motorsports, sollte man wenigstens verhindern, dass die Teams am Freitag mit ihren Runden geizen, um dann am Sonntag, wenn sie keine Chance auf Punkte haben, ihren Motor absichtlich hochzujagen oder zumindest einen Ausfall vorzutäuschen, um das Aggregat austauschen zu können. Das geht nämlich sehr stark in Richtung Publikumsverhöhnung…