England ist berüchtigt für sein eigentümliches - und meist schlechtes - Wetter. Von Regen blieben die Fahrer am Freitag in Silverstone zwar verschont, doch etwas anderes bereitete dem Formel-1-Tross Sorgen: der starke Wind entlang der Strecke. Vom Winde verweht! Die Piloten hatten nicht selten Schwierigkeiten, ihre Autos auf dem Asphalt zu halten. Immer wieder waren in den beiden Trainings Verbremser und Ausritte abseits der Rennstrecke zu beobachten. Was es den Fahrern richtig knifflig machte, waren die ständigen Richtungswechsel der Windböen; ein richtiges Einstellen auf die Strecke war nur bedingt möglich.

"Es hat sich quasi jede Runde verändert", sagte Daniel Ricciardo. "Auf den Runden, auf denen wir Gegenwind hatten, fühlte sich das Auto sehr gut an, da hatten wir eine Menge Downforce. Aber in den Kurven mit Rückenwind fühlte es sich an, als ob du gar keine Flügel am Auto hättest - ein wirklich hässliches Gefühl, das auch den einen oder anderen Fahrfehler erklärt."

Sebastian Vettel wurde durch die Box geblasen, Foto: Sutton
Sebastian Vettel wurde durch die Box geblasen, Foto: Sutton

Der Wind unter meinen Flügeln

Wind spielt in Silverstone traditionell eine gewichtige Rolle, doch dieses Jahr wirkt sich der Effekt noch stärker auf die Turbo-Autos aus. Die neuen Boliden verfügen sowieso schon über weniger Abtrieb als die vergangene V8-Generation, die viele Punkte Downforce aus dem Nutzen des Diffusors bezog. Nach dem Verbot der Aero-Hilfe sind die Boliden wieder stärker auf den Einsatz von Flügelwerk angewiesen. "Die Flügel sind in dieser Saison wichtiger, werden durch den starken Wind aber extrem beeinflusst", bestätigte Jenson Button.

Motorsport-Magazin.com schnappte sich im zügigen Fahrerlager den vorbei fliegenden Adrian Newey und hakte nach. "Der Wind beeinflusst verschiedene Autos unterschiedlich stark", erklärte das Design-Genie von Red Bull. Können die Teams diesem Effekt entgegenwirken? Newey zu Motorsport-Magazin.com: "Nein. Man kann höchstens den Frontflügel verstellen, aber eigentlich kann man nichts machen. Das liegt am grundliegenden Design der Autos."

Verbremser gehörten zur Tagesordnung, Foto: Sutton
Verbremser gehörten zur Tagesordnung, Foto: Sutton

Wie weggeweht

Nico Hülkenberg bestätigte, dass nicht jeder Bolide in gleichem Maße auf die Witterungsbedingungen reagiert. Gut sei der Wind aber grundsätzlich für kein Formel-1-Auto. "Rennautos mögen das nicht, es ist schwierig für die Aerodynamik", so Hülkenberg. "Man spürt das ziemlich stark im Auto, Rücken- und Seitenwind sind immer schlecht."

Davon konnte auch Landsmann Nico Rosberg ein Liedchen singen, der den Taschenrechner auspackte und veranschaulichte, was der Wind wirklich für die Fahrer bedeutet. "Wenn ich 40 km/h Wind habe und die Kurve wird mit 100 km/h durchfahren, dann habe ich rund 50 Prozent Unterschied", rechnete der WM-Spitzenreiter vor. "Wenn dann der Wind kommt, ist das das, als würde ich nur 60 km/h fahren. Da verliert man komplett den Grip, weil das Auto aerodynamisch nicht mehr richtig funktioniert."