Es gilt als das Prestigeprojekt der Königsklasse und war jahrelang Bernie Ecclestones größter Traum - 2013 soll er in Erfüllung gehen, wenngleich den Zampano selbst auf Grund der ein oder anderen Bauverzögerung noch Zweifel am Termin plagen: Geht aber alles glatt, startet die Formel 1 bald vor der Skyline Manhattans. Was würde besser zum Glitz & Glamour des PS-Zirkus passen, als ein Rennen im Zentrum des Kapitalismus? Doch wer bei Wolkenkratzern und USA einen langweilen Stadtkurs mit 90-Grad-Kurven im Stile der ehemaligen F1-Strecken in Phoenix oder Detroit erwartet, der irrt. New York wird ein Spektakel der Extraklasse - auch, weil sich die Veranstalter dafür entschieden haben, nicht Downtown sondern auf der anderen Seite des Hudson Rivers zu fahren.

Am Westufer des Flusses liegt Weehawken, ein Stadtteil New Yorks, der bereits zum Bundesstaat New Jersey gehört. Dabei handelt es sich um ein Hafenviertel - ähnlich zum Rennen in Valencia zieht es die Formel 1 also wieder ans Wasser. Gefahren werden soll auf einem 5,15 Kilometer langen Rundkurs über öffentliche Straßen, der nach derzeitigem Stand aus sieben Links- und zwölf Rechtskurven besteht. Das Boxengebäude nebst Fahrerlager befindet sich direkt an den Anlegestellen und Docks, für den Bau der Anlage zeichnet wie so oft das Aachener Architekturbüro um Hermann Tilke verantwortlich.

Vergleiche mit Spa und Montreal

War Lewis etwa schon da? Direkt neben der Strecke befindet sich der Hamilton-Park, Foto: Frederik Hackbarth
War Lewis etwa schon da? Direkt neben der Strecke befindet sich der Hamilton-Park, Foto: Frederik Hackbarth

Motorsport-Magazin.com begab sich vor Ort auf Erkundungstour und sammelte ein Jahr vor der angedachten Erstaustragung exklusive Eindrücke von der atemberaubenden Stadtachterbahn. Dass New York der neue Mutkurs der Formel 1 werden kann, glaubt auch Weltmeister Sebastian Vettel. "Die Strecke sieht sehr schnell aus. Ich denke, da braucht man wirklich dicke Eier!", erklärte der 24-Jährige im Zuge eines Besuchs in David Lettermans Late Show mit breitem Grinsen. Im Anschluss an den Kanada GP hatte Vettel die verhältnismäßig kurzen Wege für einen Abstecher gen Süden genützt. Dort fuhr der Heppenheimer den Kurs im Rahmen eines Sponsorentermins in einem Infiniti IPL G Coupé bereits einmal ab und zeigte sich begeistert.

Trotz Straßenauto stellte er fest: "Was da auf uns zukommt, ist ziemlich einzigartig. Die Strecke erinnert mich ein bisschen an Spa, es geht auf und ab." In der Tat erwartet die F1-Fahrer ein Höhenunterschied von mehr als 50 Metern. Für den Deutschen ein Grund zum Schwärmen: "Es gibt viele Highspeed-Geraden und harte Bremszonen." Mit seinem Stop-and-Go-Charakter würde der neue Kurs auch dem Circuit Gilles Villeneuve in Montreal ähneln - und natürlich dem Klassiker in Monte Carlo.

"Monaco hat auf Grund seiner Geschichte einen hohen Stellenwert bei allen Fahrern - aber ich denke, es wird nicht lange dauern bis New Jersey einen ähnlichen Stellenwert besitzt und jeder hier gewinnen will", glaubte Vettel. Nur das Überholen dürfte auf dem breiteren Port Imperial Boulevard etwas einfacher werden. Vorbei geht es dann auch am Hamilton Park. Wie bitte... Hamilton? Gemeint ist jedoch nicht Lewis sondern Alexander - dieser gehörte zu den Gründervätern der Vereinigten Staaten, gilt als Begründer des amerikanischen Systems der Politischen Ökonomie und wurde 1804 in einem Duell an Ort und Stelle erschossen. Heute ziert sein Kopf die 10-Dollar-Banknote.

Etwas mehr werden die Fans für einen Besuch dann aber wohl doch ausgeben müssen - beziffert wird der Preis für ein Wochenendticket derzeit mit gut 450 Dollar. Das Rennen, das der ganzen Region einen wirtschaftlichen Aufschwung bescheren soll und über einen Zehnjahresvertrag verfügt, wird nicht durch Steuergelder finanziert. Besonders Sponsorenwerbung und die Zuschauereinnahmen sollen Geld in die dann wohl leeren Kassen spülen - zudem planen die Investoren, das Event zu einer regelrechten Party- und Festivalwoche mit diversen Veranstaltungen auszuweiten.

Hamilton würde gerne nachts fahren

Auch die hübschen New Yorkerinnen haben bereits Gefallen am Motorsport-Magazin gefunden, Foto: Frederik Hackbarth
Auch die hübschen New Yorkerinnen haben bereits Gefallen am Motorsport-Magazin gefunden, Foto: Frederik Hackbarth

"Es wird gigantisch. Ich habe wirklich nur auf einen Lauf in New York gewartet, denn das sind Schauplätze, die mit Rennen wie Singapur mithalten können - und vielleicht richten sie es dann ja auch noch bei Nacht aus", hoffte McLaren-Pilot Lewis Hamilton im Vorfeld. Das wird jedoch nicht passieren, fällt der Grand-Prix-Start am nordamerikanischen Nachmittag auf Grund der Zeitverschiebung doch passenderweise genau auf die europäische TV-Primetime.

Zur Rennstrecke kann die Stadtbevölkerung vor Ort mit der Fähre anreisen und sich so die langen Verkehrsstaus sparen. Über 100.000 Sitzplätze sollen bis kommenden Juni noch geschaffen werden. Bester Blick ist nicht nur dank der Aussicht, sondern auch dank des Hochufers geboten - dieses ist sogar geschichtsträchtig: Im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg 1776 nützte man die erhöhte Angriffsposition, um sich gegen die Schiffe der britischen Kolonialmacht mit Kanonen zu verteidigen. Entlang durch eine der reichsten Villengegenden der Stadt, geht es auf eben diesem Areal über den JFK Boulevard im Eiltempo zurück in Richtung Hafenkante.

Stars und Sternchen

Grundstückspreise im zweistelligen Millionenbereich sind hier, bei bestem Blick auf Manhattan, keine Seltenheit. Den Vergleich mit dem mondänen Monaco muss also zumindest der obere Streckenteil keinesfalls fürchten, wenngleich die Bauarbeiten, bei denen mehrere hundert Menschen mit Hochdruck für die Fertigstellung im Einsatz sind, noch andauern - wo heute Kräne und Bagger im Staub wühlen, soll in einem Jahr alles glänzen.

Derzeit noch Stammstrecke für den Schulbus: Bald rast hier die F1, Foto: Frederik Hackbarth
Derzeit noch Stammstrecke für den Schulbus: Bald rast hier die F1, Foto: Frederik Hackbarth

Selbst was den Promi-Ansturm betrifft, kann der neue Stadtkurs am Hudson mit dem Fürstentum mithalten. Neben den unzähligen Stars und Sternchen, die den Big Apple ihr Zuhause nennen, wohnt mit Eli Manning der Quarterback des städtischen Footballteams Giants sogar in unmittelbarer Nachbarschaft zur Strecke - den Motorenlärm dürfte der Amerikaner von der Terrasse seines Penthouse-Apartments im angrenzenden In-Viertel Hoboken deutlich zu hören bekommen - genauso wie den Applaus für den neusten Zugewinn der Königsklasse.

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