Der Kanada-GP in diesem Jahr war ein absoluter Klassiker. Er hatte alles zu bieten: Tolles Racing, Safety-Cars, Regen, Kollisionen und einige sehr enge Strategien, die mit sehr wenig Daten arbeiteten. Diese Strategien wurden erst am Rennsonntag richtig getestet und sorgten für ein fantastisches Rennen. Jenson Button siegte trotz Durchfahrtsstrafe, fünf Boxenstopps, zwei Kollisionen und einer ganzen Runde mit Plattfuß.

Ein weiterer unglaublicher Punkt ist jener, dass es beim 70 Rundenrennen nur 38 Rennrunden gab. Die anderen 32 Runden wurden hinter dem Safety-Car gefahren. In Runde 40 war Button noch auf dem letzten Platz. Wie ist er nach vorne gekommen? Die Antwort ist eine Mischung aus Strategie, großartigen Rundenzeiten und Überholmanövern. Seine Strategie hat es im Grunde genommen von alleine erledigt.

Buttons Rennen unter der Lupe

Jenson Button profitierte teilweise vom Safety-Car, Foto: Sutton
Jenson Button profitierte teilweise vom Safety-Car, Foto: Sutton

Um Buttons Strategie zu verstehen, muss man bis zu der Entscheidung McLarens zurückgehen, sein Auto mit mehr Abtrieb als die Konkurrenz abzustimmen, besonders durch den großen Heckflügel. Obwohl er bei den nassen Bedingungen nicht viel schneller als die Anderen war, haben Downforce und Balance einen Vorteil gebracht, als er auf die Intermediates gewechselt hat. In dieser Periode des Rennens hat er die größten Fortschritte gemacht. So war Button in Runde 40 noch auf dem letzten Platz, in Runde 51 aber schon auf dem neunten.

Wir könnten den Zeitraum der roten Flagge prüfen, aber das wäre zu akademisch. Alle Probleme Buttons, wie die Kollision mit Hamilton und Alsonso, seine mehrfachen Stopps, der Reifenschaden und die Drive-Thorugh-Penalty, waren alle vor der vierzigsten Runde, als das Safety-Car auf die Strecke kam. In diesem Moment wurde das Rennen des Briten auf null zurückgesetzt. Von hier an hatte er ein gut ausbalanciertes Fahrzeug auf Intermediates, nur noch einen Stopp, um auf Slicks zu wechseln und die Möglichkeit das DRS zu nutzen, sodass er Auto für Auto überholen konnte.

Button war in Runde 51 einer der ersten, die auf Slicks wechselten, was ihm einen Nutzen brachte. Bereits eine Runde zuvor kam Webber zum Wechseln an die Box und seine Sektorzeiten in Runde 50 haben gezeigt, dass es Zeit für einen Wechsel wird, also stoppte Button auf Platz zehn liegend und konnte sofort ein enormes Tempo gehen. An diesem Punkt lag er 27 Sekunden hinter Spitzenreiter Vettel.

Sebastian Vettel wechselste zu spät auf Slicks, Foto: Sutton
Sebastian Vettel wechselste zu spät auf Slicks, Foto: Sutton

Red Bull musste mit Vettels Strategie vorsichtig sein und wartete ein paar extra Runden, bis man sicher war, dass der richtige Moment für Slicks gekommen war. Webber wechselte zuerst, um sich selbst nach vorne zu bringen, aber auch, um Daten für Red Bull zu sammeln, damit man Vettel im richtigen Moment reinholen konnte. Als Vettel nach seinem Stopp wieder auf die Strecke kam, betrug der Vorsprung zu Button nur noch 15 Sekunden und der Brite konnte fast zwei Sekunden schneller fahren als der Weltmeister.

Viele Fans haben gefragt, ob Button auch ohne die letzte Safety-Car-Phase in Runde 59/60 hätte gewinnen können. Sicherlich wurde Vettels Vorsprung durch das Safety-Car kleiner und laut dem UBS Strategy Report verlor er insgesamt 20 Sekunden durch das Führungsfahrzeug. Aber der Vorsprung von Vettel war schon vor der letzten Phase sehr gering und Button konnte sehr schnell aufholen. Mit 17 Sekunden Rückstand des McLaren-Pilots, bei noch 12 zu fahrenden Runden, wäre Button auch ohne die Safety-Car-Phase am Deutschen vorbeigegangen. Dazu muss man beachten, dass die Reifen des Briten schon zwei Runden älter waren, als jene von Vettel.

Renndirektor Charlie Whiting sehr konservativ

Ein weiterer Trend, den wir am Sonntag gesehen haben, war das konservative Handeln der FIA und Renndirektor Charlie Whiting, in Hinblick auf den Einsatz des Safety-Cars und der Länge der Phasen, sowie die Anweisung an die Teams, nach dem Restart mit Regenreifen zu fahren. Er handelte sehr risikoscheu, was ein entscheidender Faktor auf die Wahl der Rennstrategie darstellt.

Kobayashis Strategie im Regen war goldwert, Foto: Sutton
Kobayashis Strategie im Regen war goldwert, Foto: Sutton

Wir haben gesehen, dass einige Teams, darunter Renault und Sauber, während der Safety-Car-Phase in Runde 20 darauf spekuliert haben, dass es einen Rennabbruch gibt. Die meisten Teams nutzen das Safety-Car in Runde 20, um auf einen neuen Satz Regenreifen zu wechseln, während Renault, Sauber und Force India seine Fahrer auf der Strecke ließ. Alle Teams spekulierten auf einen Rennabbruch, was sich letztendlich ausszahlen sollte. Obwohl ein Stopp unter Safety-Car laut dem UBS Strategy Report nur 14 Sekunden gekostet hätte, wurden die Teams durch den Rennabbruch gleich doppelt belohnt. Da Charlie Whiting beim Neustart alle Teams auf Regenreifen sehen wollte, durfen die Reifen gewechselt werdem - und das ohne Zeitverlust.

Heidfeld kam von Platz sechs bis auf vier nach vorne, Di Resta von 9 auf 6 und Adrian Sutil immerhin von Platz 17 auf Platz 13. Kobayashi konnte sogar Alonso, Rosberg und Schumacher passieren, da diese auf Intermediates wechselten, bevor der große Schauer kam, was einen extra Stopp bedeutete. Es ist zu beachten, dass die Kombination aus Kobayashi und der Sauber-Strategie schon vor ein paar Jahren erfolgreich angewendet wurde. Kobayashi ist also nicht nur ein klasse Überholer, er wendet auch gute Strategien an.