Wie gehen Sie vor, wenn Sie völlig neue Reifentypen entwickeln?
Paul Hembery: Wir folgen einem ganz logischen Prozessablauf. Zunächst definieren wir die Anforderungen, die ein Reifen erfüllen muss - das ist der Ausgangspunkt für alles Weitere. Danach arbeiten wir am konstruktiven Aufbau und den Gummimischungen. In umfangreichen Simulationen und Modellrechnungen finden wir die theoretisch beste Konfiguration. Diese testen wir dann auf der Rennstrecke. In der Praxis gibt es eine ganze Reihe Parameter, die zu berücksichtigen sind. Aber im Wesentlichen geht es um die perfekte Balance zwischen Performance, Haltbarkeit und Fahrbarkeit unter verschiedenen Bedingungen.

Wie sehr unterscheiden sich Ihre 2011er-Reifen von denen, die die Grand Prix-Teams im Vorjahr einsetzten?
Paul Hembery: Das Reglement blieb bezüglich der Reifen fast unverändert, um den Teams auf technischer Seite größtmögliche Stabilität zu geben. Allerdings weisen unsere Reifen die spezifische Pirelli-Identität auf, und die unterscheidet sich in ihrer Charakteristik vom bisherigen Ausrüster. Wir haben versucht, einen Reifen zu bauen, der sowohl den Wünschen der Fahrer als auch denen der Zuschauer gerecht wird. Unser Ziel lautet, jedem Beteiligten noch mehr Spaß an der Formel 1 zu ermöglichen.

Der neue Reifen der Formel 1, Foto: Sutton
Der neue Reifen der Formel 1, Foto: Sutton

Wie aufwendig ist die Arbeit mit zwölf für Sie neuen Teams?
Paul Hembery: Mit zwölf Teams zu arbeiten, die wir vorher kaum kannten, ist überhaupt kein Problem. Die Herausforderung liegt eher darin, mit zwölf unterschiedlichen Chassis zurechtzukommen, die alle eine individuelle Charakteristik aufweisen. In vielen Rennserien werden Einheits-Chassis eingesetzt, was unsere Arbeit natürlich viel einfacher macht als bei zwölf sehr verschiedenen Entwürfen, mit denen die Teams sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen möchten. Unser Job ist es, dafür zu sorgen, dass unsere Reifen auf all diesen unterschiedlichen Autos gut funktionieren.

Die Teams haben sich für 2011 auf eine weitgehend einheitliche Gewichtsverteilung geeinigt. Hat das die Konstruktion der Reifen erleichtert?
Paul Hembery: Ich glaube, diese Einigung erleichtert eher die Arbeit der Teams als die von Pirelli, denn so haben sie eine Variable weniger, mit der sie umgehen müssen. Die Gewichtsverteilung ist nur ein Faktor von vielen in einer sehr komplexen Gleichung, die letztlich den Charakter der Autos ausmacht. Aber die Festlegung hilft uns, ihnen zu helfen.

Sie sagten, Pirelli will zur Spannung und Show in der Formel 1 beitragen. Wie soll das geschehen?
Paul Hembery: Dieser Punkt ist ganz wichtig für uns, auch wenn wir wissen, dass wir zunächst noch viel zu lernen haben. Mit der Zeit werden wir immer mehr in die Lage kommen, zum Spektakel beizutragen. Die Zukunft der Formel 1 hängt entscheidend davon ab, dass sie aufregenden Sport bietet, den Millionen Menschen sehen wollen - und wir glauben, dass wir dazu ein Stück beitragen können. Zum Beispiel möchten wir einen größeren Abstand im Verhalten der beiden Gummimischungen erzielen, um damit interessante, abweichende Rennstrategien zu ermöglichen. Und natürlich könnten wir jederzeit Reifen mit weniger Grip liefern, falls das allgemein gewünscht wird. Wir sind immer offen für Vorschläge und bringen gern frische Ideen in den Sport, wenn sie geeignet sind, die Show zu verbessern.

Wie sieht Pirelli die Zukunft der Formel 1?
Paul Hembery: Wir sind sehr gespannt, was die Zukunft bringen wird, denn im Moment gibt es fantastische Möglichkeiten für Fahrzeug- und Reifenhersteller, neue Technologien zu erforschen, die eines Tages uns allen in Serienautos zugutekommen. Wir möchten eine aktive Rolle bei der zukünftigen Gestaltung des Sports spielen und mithelfen, den Unterhaltungswert der Formel 1 für die Öffentlichkeit weiter zu steigern. Wir sind entschlossen, eng mit den Teams zusammenzuarbeiten, um dadurch Produkte entwickeln zu können, die für die Welt und die Märkte von heute relevant sind.