Pro: Gut Ding will Weile haben

von Stephan Heublein

Jahre lang hieß es: 20 Autos sind zu wenig, es gab sogar das Schreckgespenst von Dreiwagenteams bei den Spitzenrennställen. Das wollte niemand erleben - zu Recht. Jetzt sind 12 Teams und 24 Autos da und plötzlich ist das auch schlecht? Na was denn nun?

Dass komplette Neueinsteiger ohne eine solide Basis, auf der sie aufbauen können, in einem Hightechsport wie der Formel 1 nicht auf Anhieb mit Teams mithalten können, die Jahrzehnte lange Erfahrung haben, sollte eigentlich einleuchten.

Selbst erfahrene Mitarbeiter wie bei Lotus können nicht binnen drei Monaten ein Auto bauen, das den Vorteil gewachsener Strukturen, kontinuierlicher Entwicklung und halbwegs gesunder Finanzierung der etablierten Teams wettmacht. So funktioniert die Formel 1 nicht. Wie überall steht an erster Stelle harte Arbeit, danach folgt der Anschluss an die Etablierten - aber nicht gleich im ersten Jahr. Gebt den Teams Zeit, sich für 2011 aufzustellen.

Die neuen Teams waren chancenlos - aber woher sollten sie auch kommen?, Foto: Sutton
Die neuen Teams waren chancenlos - aber woher sollten sie auch kommen?, Foto: Sutton

Dass die neuen Teams Fehler begingen, ist unbestritten. Aber das war bei den "alten" Mannschaften nicht anders. Auch sie hatten Defekte, brachten Updates, die nicht funktionierten und tauschten im Falle von Sauber ebenfalls Fahrer während der Saison aus. Aber dank HRT, Virgin und Lotus gibt es mehr Cockpits für Fahrer, die sonst verschwunden wären und mehr Autos für die zahlenden Fans an der Strecke. Sie müssen ja nicht alle Weltmeister werden.

Contra: Masse statt Klasse

von Kerstin Hasenbichler

Masse ist nicht gleichbedeutend mit Klasse. Das musste zuletzt auch F1-Zampano Bernie Ecclestone einsehen. Der 80-Jährige war einer der Drahtzieher bei der Aufstockung der Startaufstellung von 18 auf 24 Autos, doch die neuen Teams stellen viel mehr eine Last als eine Bereicherung dar.

Durch Lotus, Virgin und HRT wurde die Formel 1 zu einer Zweiklassengesellschaft. Zu Saisonbeginn sorgte Virgin vor allem mit wegfliegenden Teilen und Hydraulikproblemen für Aufsehen. Zudem hatte sich der Rennstall beim Bau des VR-01 verkalkuliert und den Tank viel zu klein bemessen, weshalb Timo Glock und Lucas di Grassi im Rennen zumeist im Benzin-Sparmodus fuhren.

Die Neuen bekleckerten sich nicht mit Ruhm, Foto: Sutton
Die Neuen bekleckerten sich nicht mit Ruhm, Foto: Sutton

Auch HRT zählte 2010 nicht zu den zuverlässigsten Teams. Doch viel peinlicher als die zahlreichen Defekte waren die "Bäumchen-wechsel-dich-Spiele" mit den Stammfahrern. Wenn das Geldköfferchen eines Fahrers nicht rechtzeitig eintraf, dafür aber eine E-Mail, dann saß schnell ein anderer Pilot als der Stammfahrer im HRT.

Zugleich sorgten die neuen Teams aufgrund ihrer fehlenden Pace für manch heikle Situation. So hielten die langsameren Boliden die Schnelleren in Q1 auf und sorgten im Rennen für mehr Überrundungen, was wiederum die schnelleren Piloten Zeit kostete. Kein Wunder, dass Ecclestones Resümee lautet: "Sie tun nichts für den Sport, sie sind einfach nur peinlich. Wir müssen einige dieser Krüppel loswerden."

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