Viele Wochen sind seit meinem Titelgewinn in Hockenheim vergangen - und ich bin extrem überrascht, was in Sachen PR seither auf mich zu gekommen ist. Es hat einen regelrechten Marathonlauf an PR-Terminen gegeben, die mich ziemlich vereinnahmt haben. Das hat einigen Stress mit sich gebracht, aber der Stress hat sich positiv angefühlt. Es gibt immer Termine, die bei aller Freude über ihren Anlass langweiliger sind, aber auch Termine, die umso mehr Spaß machen. So zum Beispiel die Stockcar-Crash-Challenge, bei der ich Ende November mit Stefan Raab im Team gefahren bin. Bis Mitte Dezember ging das so weiter - bis dahin konnte ich die tiefe Freude über den Erfolg noch gar nicht so richtig spüren.

Tage voller Emotionen

Das entscheidende Wochenende in Hockenheim war voller Druck, Hoffnungen und Emotionen - was nach dem Rennen in Le Mans alles andere als spaßig war. Ich habe versucht, mich zu 100 Prozent konzentrieren. Doch nachdem im Qualifying das Missgeschick in der ersten Kurve passiert war, schien das Drama fast schon seinen Lauf zu nehmen. Die Sturmzeichen standen auf Rot - die Nacht zum Sonntag war mental sowohl für meine Mechaniker als auch für mich extrem hart. Trotzdem habe ich daran geglaubt, dass unsere Titelchancen intakt sind - und ich wusste, wie schnell wir sein können, wenn das Auto auch nach den Reparaturarbeiten einwandfrei funktioniert.

Der Sonntag war heftig. Nach dem Start spürte ich eine riesige Erleichterung, denn die ersten Meter waren schon die halbe Miete. Bis zur zweiten Kurve hatte ich mit Eki einen tollen Geleitschutz, dann war ich auf mich selbst gestellt. Die ersten Runden bereitete mir die Hinterachse Sorgen, die zunächst nicht auf Temperatur kommen wollte. Als der Grip größer wurde, konnten wir uns von Paul di Resta absetzen. Meine Jungs haben beim Boxenstopp sensationelle Arbeit geleistet, nachdem sie eine Dreiviertelnacht durchgearbeitet hatten. Ich war überglücklich, als ich in der letzten Runde durchs Motodrom fuhr - das war Gänsehaut-Feeling. Ich habe mit den Tränen gekämpft - das war der schönste Moment meines Rennfahrerlebens!

Den schönsten Moment seiner Karriere kostete Timo Scheider voll aus, Foto: Sutton
Den schönsten Moment seiner Karriere kostete Timo Scheider voll aus, Foto: Sutton

Schade war, dass sich Mercedes im Anschluss nicht die üblichen Vorwürfe verkneifen konnte. Es hieß, di Restas Auto habe im Duell mit Eki gelitten. Wer bedenkt, dass er noch in Runde 14 die schnellste Rennrunde gefahren ist, weiß, was von dieser Aussage zu halten ist. Soweit ich das beurteilen kann, hat es keine Berührung gegeben. Aber das interessiert mich auch nicht mehr. Ich habe einen guten Job abgeliefert, genauso wie mein Team und all die anderen Menschen, die mich unterstützt haben.

Verspätetes Wiedersehen

Während ich im Cockpit noch einmal alles geben musste, saß mein Sohn zu Hause vor dem Fernseher und hat mir die Daumen gedrückt. Vor dem Hockenheim-Wochenende hatte ich ihm eine Fanfaren-Flasche mit Hupe gekauft - und sagte ihm, dass er diese nur benutzen darf, wenn der Papa Meister wird. Als ich über die Ziellinie fuhr, hat er die gesamte Flasche leergehupt. Das Wiedersehen mit ihm verlief leider etwas enttäuschend, denn der Kleine dachte, ich käme schon am nächsten Tag nach Hause.

Alles war mit Luftballons, Transparenten und Champagner vorbereitet. Allerdings hatte mich Audi schon am nächsten Tag auf PR-Tour geschickt. Als ich auf dem Weg zu einem Fernsehsender war, musste ich ihm telefonisch sagen, dass er noch einen weiteren Tag auf mich warten muss. Später haben wir die Feier im kleinen Kreis nachgeholt.

Mit dem Titelgewinn ist mir ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Der Erfolg hat dazu beigetragen, dass das Thema Eigenmarketing auch grenzübergreifend nach außen hin positioniert werden konnte. Und natürlich versucht man, mit wachsenden Erfolgen in das eine oder andere Entwicklungsthema mehr involviert zu sein. Sicherlich wird mehr auf mich ausgerichtet - alles andere ist Zukunftsmusik. Wünsche und Hoffnungen werden besprochen, damit wir in der nächsten Saison noch besser sind. Traditionell sind aber alle Fahrer gleichermaßen eingebunden - und das sollte sich auch nicht ändern. Schließlich sind wir mit dieser Strategie bisher sehr gut gefahren...