Kurz vor Abschluss der Winterpause steht für mich erneut fest: Der Winter ist verglichen mit der Rennsaison fast schon die anstrengendere Zeit. Während der Saison hat man seine geregelten Abläufe - im Winter gibt es hingegen weit mehr PR-Termine und Messeauftritte für mich zu absolvieren. Auch unser neues Häuschen in Österreich wollte endlich fertig gestellt werden und hat viel Freizeit in Anspruch genommen. Für eine tolle Abwechslung hat der dreitägige Schweden-Trip gesorgt, den uns Eki anlässlich seines Titels ermöglicht hat.

Kürzlich war mein Neffe bei mir zu Hause zu Besuch - und der wollte natürlich etwas erleben. Wir haben viel unternommen, sind Kart gefahren, sind Rad gefahren und geschwommen. Wenn es denn mal einen halben Tag Freizeit gibt, nutze ich den ausgiebig mit meiner Familie. Ansonsten gibt es bis zu den Testfahrten in Oschersleben auf jeden Fall weiterhin genug zu tun - neben dem täglichen Fitnesstraining. Vor der Saison will man sich an das Fitnesslevel heranarbeiten, das es während der Saison, wenn der Körper im Abstand von zwei Wochenenden ohnehin voll belastet wird, nur zu halten gilt. Allerdings ist der diesjährige Rennkalender mit seinen langen Pausen angenehmer, denn dann besteht auch während der Saison Gelegenheit, ausführlich an der Fitness zu feilen.

Rutschpartie in Mugello

Bei den ITR-Tests in Mugello war wie immer Disziplin gefragt: Um halb sieben aufstehen, um acht Uhr an der Strecke sein - dann folgen die ersten Besprechungen mit den Ingenieuren. Um kurz vor neun sollte man möglichst schon an der Boxenausfahrtsampel stehen, um jede Minute des Tests auszunutzen. Die Wetterbedingungen in Mugello waren unglücklich - die ständigen Wetterwechsel haben die Testarbeit extrem erschwert. So konnten wir leider nicht so viel fahren, wie wir es uns gewünscht hätten. Es war schwierig, aus den Zeiten etwas Sinnvolles herauszulesen.

Auch beim Erarbeiten eines Regen-Setups für den neuen A4 war das Wetter nicht besonders hilfreich: Unter den ständigen Mischbedingungen hat niemand eine komplette Regenabstimmung testen können. Für uns Fahrer ist die Testarbeit auch mit einem komplett neuen Auto wie dem R14 immer die gleiche - wir müssen uns darauf konzentrieren, das Auto beim Fahren in allen Details zu spüren, das Fahrverhalten zu beobachten und den Ingenieuren ein möglichst präzises Feedback zu geben. Trotz des Wetters konnten wir weit gehend feststellen, welche Änderungen am Auto sich positiv ausgewirkt haben - und welche nicht. Auch in Oschersleben müssen wir noch weiter lernen, das Auto zu verstehen.

Timo Scheider sehnt das Ende der Winterpause herbei, Foto: Audi
Timo Scheider sehnt das Ende der Winterpause herbei, Foto: Audi

Mein Unfall am Montagnachmittag mit unserem Testträger, mit dem wir mögliche neue Teile für die Einsatzfahrzeuge austesten, war sehr ärgerlich. Eki hatte mich ausgesucht, an diesem Tag die Runden mit dem Testträger zu drehen - dem konnte ich leider nicht ganz gerecht werden. Videoanalysen haben gezeigt, dass ich einen nassen Curb berührt hatte - wodurch die Drehzahlen hochgeschnellt und die Reifen durchgedreht sind. Das Auto ist im rechten Winkel ausgebrochen, ich habe mich gedreht und bin in die Streckenbegrenzung eingeschlagen. Der Unfall hat mir für das Team unheimlich Leid getan. So etwas sollte nach Möglichkeit nicht allzu oft passieren. Allerdings war ich während der Saison immer einer derjenigen, die sehr wenige Ersatzteile verbraucht haben.

Aufgeschlossener Ralf

Zu den Mercedes-Piloten hatte ich in Mugello relativ wenig Kontakt. Allerdings habe ich Bruno Spengler, mit dem ich 2007 bekanntlich das eine oder andere Techtelmechtel hatte, bei Start und Ziel getroffen. Er verhielt sich ganz cool und relaxt - und wir sind professionell genug, die Vorfälle aus dem letzten Jahr zu vergessen. Wir werden wohl nicht mehr die besten Freunde werden, aber wir werden auch nicht nachtragend sein. Sehr positiv auch die Begegnung mit Ralf Schumacher. Wir waren ins Restaurant über den Boxen gegangen, wo wir auf Ralf trafen - der sofort auf uns zugegangen ist. Er hat den Kontakt zu uns gesucht und war sehr aufgeschlossen - er scheint sich gut einzugewöhnen. Ich kenne Ralf schon aus früheren Tagen, und so konnte ich sofort an seinem Gesichtsausdruck erkennen, dass er Spaß am Fahren hat.

Die Regeländerungen für die kommende Saison sehe ich mit gemischten Gefühlen: Grundsätzlich war ich immer dafür, dass es Boxenstoppfenster gibt - dies kommt den Fahrern aller Jahrgänge zu Gute. Die ganz extremen Strategien werden wir somit nicht mehr sehen, die Jahreswagen können endlich nicht mehr zu Blockadezwecken genutzt werden - und stattdessen ohne Einschränkungen ihr eigenes Rennen fahren. Andererseits sind die Änderungen beim Warm-up nichts Halbes und nichts Ganzes:

Reglement mit Licht und Schatten

Am Sonntag unmittelbar vor dem Rennen kann es sich niemand mehr leisten, sein Auto auf Herz und Nieren zu testen. Das Risiko, dass etwas kaputtgeht, ist viel zu groß. Wenn es ums Kostensparen geht, hätte ich vorgeschlagen, den Roll-out komplett zu streichen und die Freitagstrainings um jeweils eine halbe Stunde zu kürzen. So hätte man am Freitag mit insgesamt zwei Stunden noch genug Gelegenheit gehabt zu testen - unter Beibehaltung des Warm-ups. Nun muss man im Grunde schon am Freitagnachmittag seine endgültige Rennabstimmung erarbeiten - was für die Zuschauer durchaus Vorteile hat: So verlässt man sich möglicherweise weniger auf die Aussagen der Teamkollegen und dreht selbst umso mehr Runden auf der Strecke.

Mein Ziel für die kommende Saison ist eindeutig: Ich will bestätigen, was ich schon in der zweiten Saisonhälfte 2007 zeigen konnte. Wenn mir das gelingt, habe ich gute Chancen, auch am Ende des Jahres noch ein Wörtchen mitzureden. Der Druck - auch der, den ich mir selbst mache - ist hoch. Doch ich habe klare Erwartungen an mich und das Team...