Wild gewordene Boxenampeln, ein Zieleinlauf mit sechs Mercedes C-Klassen und null Audi A4, ungebliebte Funksprüche: Eine allzu spektakuläre Saison 2007 hat in der DTM ihre Spuren hinterlassen - und hinter den Kulissen zu ausgiebigen Diskussionen eingeladen. Max Mosley, in der Formel 1 vor allem durch stündlich neue Regelvorschläge bekannt, hätte an der DTM seine wahre Freude: Eifrigst wurde hier in den letzten Monaten über Änderungen am Sportlichen Reglement diskutiert, die die 2007er-Skurrilitäten in den Hinter- und den Sport in den Vordergrund rücken sollen. Ergebnis sind: Ein Stallorderverbot, Boxenstoppfenster sowie ein neues Warm-up-Format...

Don't let Eki pass for the championship...

Was die Formel 1 2002 im österreichischen Zeltweg erlebte, widerfuhr der DTM-Welt im vergangenen Jahr in Zandvoort: Eine allzu offensichtliche Stallorder, die die Fans auf die Barrikaden trieb. Sorgten die unbeliebten Funksprüche noch in der alten DTM kaum für Furore, so fand die Audi-Stallorder zu Gunsten Martin Tomczyks und Mattias Ekströms in Zandvoort keine Akzeptanz mehr. Als Konsequenz tut die DTM für 2008 den Schritt, den die F1 als Reaktion auf die Ferrari-Stallorder schon 2003 vollzog: Das im Sportlichen Reglement festgeschriebene Verbot der Stallorder.

motorsport-magazin.com DTM-Experte Manuel Reuter begrüßt den Schritt von ITR und DMSB als wichtiges Signal. "Solch eine offensichtliche Stallorder, wie sie letztes Jahr in Zandvoort vorgefallen ist, möchte niemand noch einmal sehen. Die Zuschauer verlieren das Interesse, wenn der Sieger - überspitzt gesagt - von vornherein feststeht und andere nicht gewinnen dürfen", erinnert sich Reuter an den viel kritiserten Audi-Funkspruch, "die neue Regelung ist prinzipiell gut, große Tauschaktionen wie in Zandvoort werden Vergangenheit sein."

Die psychologische Wirkung stuft jedoch auch Reuter höher ein als die tatsächliche. "Illusionen braucht man sich nicht hinzugeben: Natürlich können die Teams auch ohne eine so offensichtliche Stallorder noch das eine oder andere regeln. Wer Stallregie betreiben will, kann dies auch nach wie vor beim Boxenstopp tun, der dann vielleicht drei Sekunden länger dauert", führt Manuel Reuter aus. Doch so wenig vermeintlich missglückte Boxenstopps oder angebliche Verbremser ausgeschlossen auch werden können: "Auch in der Formel 1 hat man gesehen, dass sich das Verhalten der Teams mit Einführung des Stallorderverbots verbessert hat."

Seeing clearly now

Künftig herrscht Sonntagmittag Hochbetrieb in der Boxengasse, Foto: DTM
Künftig herrscht Sonntagmittag Hochbetrieb in der Boxengasse, Foto: DTM

Schon 2007 waren die so genannten Boxenstoppfenster in aller Munde. Die durch die extrem haltbaren Dunlop-Pneus möglich gewordenen Strategie-Experimente nahmen den Rennen die Transparenz; die Blockadetaktik noch nicht zum Stopp erschienener Jahreswagen gegenüber Neuwagen der gegnerischen Marke lebte auf. Die Boxenstoppfenster, die 2008 zu ihrem Debüt kommen, verdienen ihren Namen: Sie verschaffen den Zuschauern Klarheit und Transparenz. Vorgesehen ist ein Zeitrahmen von wenigen Runden, in denen die beiden Pflichtboxenstopps absolviert werden können. Extrem unterschiedlichen, das Feld durcheinander würfelnden (Blockade-)Strategien ist damit Einhalt geboten.

"Die Boxenstoppfenster sind ein positiver Schritt", bewertet Manuel Reuter. In der Diskussion um die Größe der Zeitfenster bezieht er eine klare Position: "Man sollte die Zeitfenster so zuschauerfreundlich wie möglich - das heißt: so klein wie möglich - halten. Werden die Fenster zu groß, wird es für die Zuschauer unübersichtlich. Je kleiner das Fenster, desto schneller ist das Feld wieder sortiert." Die Argumente von Teams und Kommandoständen, wonach durch zu enge Fenster die strategischen Möglichkeiten zu sehr beschnitten würden, lässt Reuter nicht gelten: "Hier sollte man ganz klar im Interesse der Zuschauer entscheiden."

Please pass the pitlane...

Eine dritte wichtige Änderung des Sportlichen Reglements präsentiert sich ausnahmsweise nicht als Folge unerwünschter Zwischenfälle aus 2007. So soll das stets unspektakuläre 30-minütige Warm-up am Sonntagmorgen entfallen - und durch eine 20-minütige Aufwärmgelegenheit unmittelbar vor dem Rennen ersetzt werden. Während der ersten zehn Minuten steht den Piloten die komplette Strecke für letzte Tests zur Verfügung. In den folgenden zehn Minuten wird die Start- und Ziel-Gerade zur Bildung der Startaufstellung gesperrt - die Piloten müssen zum Drehen weiterer Runden die Boxengasse durchqueren.

"Während der Runden, in denen man durch die Boxengasse fahren muss, kann man natürlich nicht mehr viel über das Auto herausfinden. Faktisch hat man an Stelle von 30 Minuten Warm-up nur noch zehn Minuten freie Fahrzeit", analysiert der ITC-Champion von 1996. "Für Fahrer, die am Samstag Probleme hatten und daraufhin ihr Setup verändert haben, wird es durch diese Regelung natürlich nicht einfacher." Dennoch erhalten die Regelmacher auch für die dritte große Änderung gute Noten von Manuel Reuter: "Im Sinne der Zuschauer ist die neue Regelung besser. Bisher haben vielleicht 20 Prozent der Zuschauer morgens das Warm-up verfolgt; nun findet die Aufwärmphase vor vollen Tribünen statt. Das halte ich für begrüßenswert."