Wie erfolgreiche PR funktioniert, weiß die DTM eigentlich seit langem - auch in fotografischer Hinsicht. Die publikumswirksamen Pressefotos zur Saisonpräsentation 2006 sind bis heute in Erinnerung geblieben: Sie zeigen Heinz-Harald Frentzen und Mika Häkkinen, die, elegant in Abendgarderobe gekleidet, ihre Ellenbogen auf einen Reifenstapel stützen und sich locker, aber bestimmt im Armdrücken duellieren - umrahmt von ihren Dienstwagen. Ein Fotomotiv, das mit Bernd Schneider und Tom Kristensen noch denkbar gewesen wäre, spätestens jedoch im Armdrückduell Jamie Green vs. Martin Tomczyk seine Publikumswirksamkeit eingebüßt hätte...

Zwei Jahre später stehen weder Frentzen noch Häkkinen zum Armdrücken zur Verfügung; die meisten ihrer früheren Kollegen können mit den beiden Ex-F1-Stars zwar in ihrer Muskelkraft, nicht jedoch in ihrer Popularität mithalten. Für die DTM bahnt sich ein Vermarktungsproblem an - wurde doch über die Jahre von Jean Alesi und Co. überdeckt, dass die Eigengewächse des Tourenwagensports ohne kontinuierliche PR-Mühen kaum zu den neuen Popstars der Sport- und Boulevardwelt reifen können. Scheinbar hatte man sich mit dem Abschied der früheren F1-Größen für 2008 bereits abfinden müssen - bis zum Mercedes-Test des im Fahrerkarussell der Königsklasse leer ausgegangenen Ralf Schumacher.

"Große Namen sind immer gut für die DTM. Häkkinen, Frentzen und wie sie alle hießen - die Herren, die aus der Formel 1 gekommen sind, haben die Serie vorangebracht. Aber es war auch schön zu sehen, dass es auch für frühere Formel-1-Fahrer nicht leicht ist, sich in der DTM durchzusetzen", zeigt sich auch Alexandros Margaritis im Gespräch mit der adrivo Sportpresse einem Häkkinen-Nachfolger aus der Formel 1 aufgeschlossen gegenüber, "ich glaube, Ralf wäre eine Bereicherung für die DTM. Er soll herzlich willkommen sein." Unbestritten ist, dass Ralf Schumacher, sollte es mit Mercedes zur Einigung kommen, das Marketingproblem kurzfristig entschärfen würde. Doch was, wenn auch Schumacher keine anhaltenden Erfolge im Tourenwagen feiert - und auch beim letzten potenziellen Ex-Formel-1-Star die Ehrfurcht vor der Herausforderung DTM zu groß wird?

Das Problem des Fahrermarketings ist insbesondere bei Audi kein unbekanntes. Spätestens seit dem Eklat um den teamintern stets umstrittenen Heinz-Harald Frentzen setzt man bei Audi aus Überzeugung auf mehr oder minder unbekannte Eigengewächse. Die im Herbst aufgekommenen Gerüchte um einen Wechsel Ralf Schumachers zu den Ingolstädtern nahm man bei Audi mit einem Schulterzucken zur Kenntnis - und präsentierte wenig später das unveränderte Fahrerquartett im aktuellen Abt-Audi. "Ich glaube nicht, dass das Weggehen eines einzelnen Fahrers, auch wenn es ein so besonderer Fahrer wie Mika Häkkinen ist, für eine Meisterschaft ein Problem ist. Die DTM hat auch ihre eigenen Helden, die in der DTM groß geworden sind", ist Sportchef Dr. Wolfgang Ullrich überzeugt.

Mit Schumacher wäre das Vermarktungsproblem zumindest kurzfristig entschärft, Foto: Mercedes
Mit Schumacher wäre das Vermarktungsproblem zumindest kurzfristig entschärft, Foto: Mercedes

Dennoch erkennt auch der Österreicher die Problematik - konnte es ihm doch kaum gefallen, dass die Audi-Piloten Mika Häkkinen als unangefochtenem Publikumsliebling 2007 in der Popularität und Medienpräsenz kaum etwas entgegenzusetzen hatten: "Diese eigenen Helden müssen wir nach außen hin künftig noch besser verkaufen, denn mit ihnen können wir eine tolle Meisterschaft bieten." Martin Tomczyk, der nach langen Jahren im Audi-Neuwagen nicht die Allüren, aber auch nicht Medienwirkung eines Stars auf sich vereint, bestätigt Ullrichs Meinung: "Die DTM ist als Serie auch ohne Mika Häkkinen gut genug. Trotzdem hat man es in den letzten beiden Jahren versäumt, einzelne Fahrer bekannter zu machen. Die DTM sollte nicht nur dazu da sein, ein perfektes Marketing für die Autos zu bieten."

Noch mehr Publikumsnähe der Fahrer sieht der Meisterschaftsdritte der vergangenen Saison als des Rätsels Lösung - ein Vorhaben, dem sich auch Teamkollege Timo Scheider anschließt. Er finanziert die eigene PR künftig aus eigenen Mitteln. "Aus den einzelnen Personen, die an der DTM beteiligt sind, wird vielleicht zu wenig gemacht. Das hat dazu geführt, dass ich nun persönlich jemanden engagiert habe, der sich dafür einsetzt, meine Person, meinen Namen und mein Gesicht über den Winter auf verschiedenen Events, bei Fernsehsendungen und ähnlichem zu präsentieren", kündigt Scheider, der wohl noch "unbekannteste" Neuwagenpilot der vergangenen Saison, mit Blick auf sein zweites Jahr bei Abt-Audi an.

Nur einen Vorteil sieht Timo Scheider in der bisherigen Anonymität vieler DTM-Protagonisten: "Ich genieße es auch, dass ich anders als ein Michael Schumacher oder Lewis Hamilton noch über die Straße gehen kann, ohne gleich von Dutzenden Menschen erkannt zu werden..."