Ein neuer Austragungsort im DTM-Rennkalender 2025: Das steht derzeit im Raum, allen voran im portugiesischen Vila Real. Und das, obwohl nach Informationen von Motorsport-Magazin.com alle acht gegenwärtig im DTM-Kalender vertretenen Rennstrecken einen auch für 2025 gültigen Vertrag mit dem ADAC besitzen.
Da es für 2025 aus Kostengründen bei acht Rennwochenenden bleiben soll, müsste folglich ein bestehender Austragungsort trotz gültigen Vertrages für 2025 eine Absage erteilt bekommen. Als erste Streichkandidaten gelten der Lausitzring sowie die Motorsport Arena Oschersleben. Alle Hintergründe zu den aktuellen Kalender-Querelen, zu denen es am morgigen Samstagabend am Sachsenring ein weiteres Meeting, auch mit Herstellervertretern, geben soll, könnt Ihr hier nachlesen:
Abt-CEO: Vila Real ein Risikofaktor
Doch wie reagieren die Chefs der DTM-Teams auf ein mögliches Gastspiel der Traditionsserie in Vila Real? Auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com überwiegt vor allem eines: Skepsis. "Wir sind happy, so wie es heuer (acht Veranstaltungen, d. Red.) ist", betont etwa Abt-CEO und Teamchef Thomas Biermaier. "Vila Real ist sicher ein Mega-Event, aber natürlich auch mit Mehrkosten wegen der An- und Abreise sowie möglicher Unfälle verbunden - und damit ein Risikofaktor."
Vila Real gilt dabei als anfällig für Massenunfälle - in einer auf Kosteneffizienz getrimmten DTM ist dies den Teams nur schwer schmackhaft zu machen. "Der Stadtkurs in Vila Real ist reizvoll, weil er ein Alleinstellungsmerkmal ist. Jede Chance ist aber auch ein Risiko", fasst es Ulrich Fritz, Geschäftsführer vom Haupt Racing Team zusammen. "Deshalb darf man nicht außer Acht lassen, dass nach einem Wochenende einige Autos (wegen möglicher Unfälle, d. Red.) fehlen könnten. Die GT3-Sportwagen sind (im Vergleich zu den Tourenwagen der WTCC und WTCR, die dort jahrelang gefahren sind, d. Red.) nämlich deutlich größer und schneller.“
Schubert warnt vor Oschersleben-Aus: Wäre nicht akzeptabel
"Ich bin gegen Vila Real, weil der Stadtkurs das Pendant zu Macau ist und dort bekanntlich viele Unfälle passieren", hat auch Schubert-Motorsport-Teamchef Torsten Schubert eine klare Meinung. "Da kann man die Mehrkosten jetzt schon in das Budget für 2025 einrechnen."
Zusätzlich unattraktiv macht Vila Real aus Schuberts Sicht die Aussicht, dass Oschersleben in diesem Fall als ein möglicher Streichkandidat gilt. Schubert Motorsport hat seinen Sitz nur 500 Meter Luftlinie von der Motorsport Arena Oschersleben entfernt, bei deren Gründung Torsten Schubert maßgeblich mitwirkte. Doch nicht nur auf einer emotionalen Ebene wäre ein Aus von Oschersleben als DTM-Austragungsort bitter, erklärt Schubert: "Sollte deshalb (Vila Real; d. Red.) Oschersleben wieder raus aus dem Kalender sein, wäre das für mich vor allem wegen meiner Sponsoren nicht akzeptabel!"
Vila Real zu weit von deutschen Kernmarkt entfernt?
Nicht nur Schubert zweifelt an der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit eines Events so weit vom deutschen Kernmarkt entfernt. „Wir sind ein deutsches Team in einer deutschen Rennserie. Deshalb bin ich kein Fan von Rennen weit außerhalb Deutschlands wie beispielsweise in Portugal (mit Vila Real, d. Red.)", meint Robin Dörr, Teammanager von DTM-Neueinsteiger Dörr Motorsport. "Das Event sprengt die Kosten und zudem haben wir dort auch keine Kunden.“ Ähnlich argumentieren auch Emil-Frey-Technikdirektor Jürg Flach und Winward-Teamchef Christian Hohenadel.
Unter die zahlreiche Kritik mischen sich jedoch auch vereinzelt positive Stimmen. "Wir finden es gut, dass sich der ADAC mit anderen Rennstrecken beschäftigt", meint Manthey-Teamchef Nicki Raeder. "Grundsätzlich ist es positiv, wenn Streckenbetreiber den ADAC kontaktieren, weil sie die DTM haben möchten, wie beispielsweise aktuell die Verantwortlichen in Vila Real und am Salzburgring. Gerade der Stadtkurs in Portugal generiert immer viele Zuschauer, was auch für unsere Partner und Sponsoren wichtig wäre.“
SSR-Teamchef fordert: Wenn ein zweiter Stadtkurs, dann Monaco
Auch SSR-Performance-Teamchef Stefan Schlund kann Vila Real etwas Positives abgewinnen, aber: "Dann dürfte es wegen der zu erwartenden Kosten nur sieben statt acht DTM-Veranstaltungen geben." Schlund bringt zudem statt Vila Real einen anderen Stadtkurs ins Spiel: "Wenn der ADAC schon ein Rennen auf einem weiteren Stadtkurs haben möchte, dann gibt es für mich nur einen Event, der zur Debatte stehen könnte, nämlich wegen seiner großen Aufmerksamkeit im Rahmenprogramm der Formel 1 in Monte Carlo zu fahren. Der Porsche-Supercup (der dort jährlich ein Gastspiel gibt, d. Red.) ist dafür das beste Beispiel.“
Weitaus realistischer dürfte für 2025 als alternativer neuer Austragungsort zu Vila Real der Salzburgring sein, um den es schon seit Jahren Diskussionen in der DTM gibt. Im Vergleich zum möglichen Rennen in Portugal trifft dieses Gedankenspiel auf weit mehr Gegenliebe. "Der Salzburgring ist eine der schönsten Rennstrecken Europas, mit der wir zudem neben dem Norisring ein zweites Heimrennen hätten", schwärmt Thomas Biermaier. "Gut wäre zuvor ein Test-Event (wie es der ADAC möglicherweise mit dem GT Masters plant, d. Red.)." Auch aus kommerzieller Sicht könnte ein zweites Rennwochenende in Österreich für die Teams attraktiver sein. "Für uns wäre der Salzburgring aber deutlich besser, vor allem wegen der Nähe zu unserer Homebase und auch wegen unserer Partner", so Jürgen Flach.
Van der Linde lobt Vila-Real-Pläne: Bin Fan davon
Bei den Fahrern dürfte hingegen wohl ein anspruchsvoller Stadtkurs wie Vila Real höher im Kurs stehen - unbeeindruckt von möglicherweise ausufernden Kosten. Abt-Audi-Pilot Kelvin van der Linde, der durch seine Starts in Macau bereits Erfahrung mit GT-Autos auf engen Stadtkursen sammeln konnte, bekannte sich am Sachsenring gegenüber Motorsport-Magazin.com als klarer Befürworter einer möglichen DTM-Zukunft in Vila Real.
Zwar könnten auf einer derartigen Strecke nicht viele Überholmanöver erwartet werden, so van der Linde, aber: "Darum geht es nicht." Neben dem fahrerischen Reiz stünden stattdessen andere Dinge im Vordergrund, etwa eine gewisse Lethargie im Kalender zu vermeiden. "Mal eine andere Strecke zu sehen, mal in die Nähe von anderen Fans zu kommen. Von daher bin ich ein Fan davon", meinte der aktuelle Meisterschaftsführende.
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