Ich bin selbst erschrocken, als mir kürzlich bewusst wurde, dass vor genau 40 Jahren, exakt am 11.03.1984, das allererste DTM-Rennen auf dem früheren belgischen Grand-Prix-Kurs in Zolder über die Bühne gegangen ist.

Damals war ich noch kein Sportjournalist, sondern ein aktiver Rennfahrer, der eineinhalb Jahre zuvor bei der heutigen, international sehr beliebten Langstrecken-Meisterschaft (VLN) auf der legendären Nürburgring-Nordschleife den Gesamtsieg mit Partner Walter Jirak auf einem VW Golf I (GTI) gefeiert hat - unter fast 700 Teilnehmern, die im Laufe der Saison 1982 insgesamt an den Start gegangen sind.

Solch ein VW Golf der ersten Generation stand auch in der damaligen Deutschen Produktionswagen-Meisterschaft (DPM), aus der 1986 dann die heute weltweit bekannte DTM hervorgegangen ist, am Start. Insgesamt beteiligten sich 1984 17 Privatfahrer mit einem VW Golf GTI an der DPM, darunter so bekannte Namen wie der spätere Volvo-Werksfahrer und DTM-Rennsieger Heinz-Friedrich Peil und Peter Mamerow, Vater des späteren Audi-Sportfahrers Chris Mamerow.

Mit dem Motorsport durch meine eigene Rennerei infiziert, war die Premiere der 'DTM' für mich natürlich ein MUSS. Das Interesse am Debüt der Rennserie, die in Deutschland eine neue Ära im Tourenwagen-Sport einleitete, war riesengroß. Das lag vor allem an der Neugier und der Premiere einer neuen Tourenwagen-Ära, die die Deutsche Rennsport-Meisterschaft (DRM) später in den Schatten stellte. Weil die deutsche Grenze in Aachen nur 70 km entfernt lag, pilgerten an jenem 11. März zehntausende Fans an den 'Circuit Zolder', einer 4,262 km langen Old-School-Rennstrecke.

1984 ging es in der DTM schon ordentlich zur Sache, Foto: DTM
1984 ging es in der DTM schon ordentlich zur Sache, Foto: DTM

Internet und Laptop? Handarbeit und Fax!

Ich betätigte mich als Informant für die Motorpresse mit der heute noch erscheinenden Fachzeitschrift 'Motorsport aktuell' sowie als Protokollführer (u.a. das Erstellen von einer Rundentabelle) für Rainer Braun, der sich als Rennfahrer, Streckensprecher, Journalist, Moderator und TV-Reporter einen Namen gemacht hatte und damit sogar über die Landesgrenzen hinaus bekannt war. Zur Info: Damals gab es weder Internet noch Laptop, die Protokolle mussten mit Handschrift angefertigt und per Fax an die Redaktionen gesendet werden!

Die Anreise von meinem Wohnort in Meerbusch bei Düsseldorf nach Zolder war alles andere als angenehm. Schon an der deutsch-belgischen Grenze hatte sich ein Stau gebildet, der an der Autobahnabfahrt Zolder für einen noch größeren Zeitverlust sorgte. Die Laune und die durchaus vorhandene Vorfreude auf das Event wurden durch sehr niedrige Temperaturen und Regen getrübt. Am Tag zuvor drückte sogar Schnee die Stimmung im Fahrerlager, was die Vorbereitung der vielbeachteten Tourenwagen nicht einfacher machte.

Schwierigkeiten hatten dabei einige Teams, die maximal zulässige Lautstärke von 100 dB(A) einzuhalten, was dazu führte, dass beispielsweise beim Alfa Romeo Alfetta GTV/6 der Auspuff geändert werden musste und damit einen großen Leistungsverlust zur Folge hatte.

In der DTM fuhr einst so ziemlich alles, was vier Räder hatte, Foto: LAT Images
In der DTM fuhr einst so ziemlich alles, was vier Räder hatte, Foto: LAT Images

14 Marken beim ersten DTM-Rennen in Zolder

Insgesamt waren 28 Tourenwagen gemeldet, von denen 24 an den Start gingen. Unter ihnen insgesamt unglaubliche 14 verschiedene Marken (Alfa Romeo, Audi, Austin Rover, BMW, Chevrolet, Fiat, Ford, Mazda, Mercedes, MG, Mitsubishi, Opel, Volkswagen, Volvo) mit 25 (!) unterschiedlichen Fahrzeugtypen, darunter allein fünf von BMW (320i, 323i, 525i, 528i, 635 CSi).

Das Ganze nannte sich sinnigerweise 'Klassenlose Gesellschaft' und bedeutete, dass die seriennahen Gruppe-A-Tourenwagen in verschiedene Leistungsstufen eingeordnet werden mussten. Dies geschah mittels eines Handicap-Reglements mit Restriktionen, Reifenbreiten und Zusatzgewichten, um für die unterschiedlichen Fahrzeuge Chancengleichheit zu erzielen.

Sieger des ersten DTM-Rennens in Zolder: Harald Grohs, Foto: BMW Motorsport
Sieger des ersten DTM-Rennens in Zolder: Harald Grohs, Foto: BMW Motorsport

Zolder: Grohs siegt - Stuck hat ein Rad ab

Das gelang beim regnerischen Auftakt allerdings nur bedingt, was allein schon das Ergebnis zeigte: BMW-Urgestein und späterer BMW-Werksfahrer Harald Grohs hatte in seinem Vogelsang-Valier-BMW 635 CSi im Ziel nach 24 Runden (102,288 km) sage und schreibe 25,58 Sekunden Vorsprung auf Markenkollege Udo Schneider (Budde-BMW). Der drittplatzierte und spätere DTM-Gesamtsieger Volker Strycek lag im Gubin-BMW bereits 35,57 Sekunden zurück.

Dagegen belegte der von der Pole Position gestartete Austin-Rover-Werksfahrer Jörg van Ommen in einer Vitesse lediglich den vierten Platz. Pech hatte Brun-BMW-Pilot Hans-Joachim Stuck, der in Führung liegend zwei Runden vor Schluss ein Rad verlor, aber noch auf Rang 15 gewertet wurde - vor dem besten VW-Golf-Fahrer Peter Uhlenhaut, dem ich als VW-Fan natürlich kräftig die Daumen gedrückt hatte.

Erster DTM-Meister und noch heute aktiv: Volker Strycek, Foto: DTM
Erster DTM-Meister und noch heute aktiv: Volker Strycek, Foto: DTM

"Eichhörnchen" Volker Strycek erster Meister

Das "Eichhörnchen", wie Strycek in der DPM-Szene wegen seines kontinuierlichen Punktesammelns genannt wurde, gewann zwar kein einziges Rennen, er fuhr aber in allen 15 Wertungsläufen in die Top acht und hatte deswegen am Ende mit 155 Zählern auch die Nase vorn, 7,5 Punkte vor Olaf Manthey (Rover Vitesse/147,5) sowie Markenkollege Harald Grohs (147).

Der Essener hatte trotz vier Gesamtsiegen das Nachsehen, was vor allem daran lag, dass er im zweiten Rennen in Hockenheim einen weiteren Erfolg aberkannt bekam, weil an seinem BMW ein zu großer Ventilhub festgestellt wurde! Mit den 20 Punkten, die Grohs für den Sieg erhalten hätte, wäre er auch Titelgewinner gewesen.

Was damals wegen der großen Abstände in den Rennen noch belächelt wurde, hat sich heute auch wegen der oftmals geringen Zeitabstände in Qualifyings und Rennen zu einer weltweit beachteten Rennserie entwickelt, die über vier Jahrzehnte das Aushängeschild des deutschen Motorsports war und immer noch ist.

Nach meiner aktiven Rennfahrer-Karriere, in der ich durch meinen VLN-Gesamtsieg zum Semi-Werksfahrer von Ford aufstieg und mit der späteren BMW-Werksfahrerin Annette Meeuvissen ein Duo in der VLN und der Tourenwagen-EM bildete, bin ich heute froh und glücklich, mit meinen Fachkenntnissen für Motorsport-Magazin.com auf Recherche gehen zu dürfen. Durch meine aktive Zeit als Rennfahrer weiß ich heute oftmals, wer mir die Wahrheit sagt oder auch ein bisschen flunkert...