Einen dreifachen DTM-Champion wie Rene Rast ansatzweise gleichwertig zu ersetzen, klingt nach einer äußerst schwierigen Aufgabe. Dem BMW-Team Schubert Motorsport ist dieses Kunststück jedoch gelungen: Beim anstehenden DTM-Rennwochenende in Zandvoort (23.-25. Juni 2023) springt mit Dries Vanthoor ein GT3-Hochkaräter für den DTM-Dominator der vergangenen Jahre ein.

Rast muss bei den Saisonrennen Nummer drei und vier auf dem niederländischen Dünenkurs passen. Der 36-Jährige ist vertraglich an McLaren gebunden, das am selben Wochenende ein Formel-E-Rennen in Portland (USA) bestreitet. Dass Rasts Engagement beim britischen Rennstall Priorität genießt, stand von Beginn an fest. Mit Werksfahrer Vanthoor präsentierten Schubert Motorsport und BMW frühzeitig einen Ersatzmann.

Rast: Terminüberschneidung "nicht ideal"

"Die Priorität liegt auf der Formel E", bestätigte BMW-Motorsportchef Andreas Roos zuletzt am Rande der 24 Stunden von Le Mans gegenüber Motorsport-Magazin.com. Die einmalige Terminüberschneidung zwischen der DTM und der Formel E sei "nicht ideal", räumte Roos ein. "Aber das wussten wir und das haben wir auch frühzeitig kommuniziert. Das Thema liegt nicht in unseren Händen."

Da Rast in der Formel E bei noch fünf ausstehenden Rennen und 94 Punkten Rückstand zu WM-Spitzenreiter Pascal Wehrlein (Porsche) keine realistischen Titelchancen hat, hatten einige Fans sicherlich darauf gehofft, dass er Portland auslassen darf und stattdessen in der DTM weitere Punkte für die Meisterschaft sammeln kann. Beim DTM-Auftakt in Oschersleben war Rast der beste Qualifyer (Startplätze 8 und 11) in einem BMW M4 GT3 und ist als Elfter immerhin der bestplatzierte M-Pilot in der Meisterschaft.

"Wir trauen Rene trotzdem zu, in der Meisterschaft ein Wort mitreden. Sein Einstand in Oschersleben war schon sehr gut", sagte Roos mit Blick auf die beiden Rennen in Zandvoort, die einer automatischen Nullrunde für Rast gleichkommen. Ein Lichtblick für die BMW-Fans in der DTM: Mit Dries Vanthoor steht ein echter Shooting-Star an der Seite des amtierenden Meisters Sheldon van der Linde parat.

Dries Vanthoor gibt in Zandvoort sein DTM-Debüt, Foto: BMW M Motorsport
Dries Vanthoor gibt in Zandvoort sein DTM-Debüt, Foto: BMW M Motorsport

Vanthoor einer der besten GT3-Fahrer der Welt

Der jüngere Bruder von Porsche-Werksfahrer Laurens Vanthoor ist wie Rast zu Beginn dieses Jahres von Audi Sport zu BMW gewechselt. Mit dem 25-Jährigen hat sich der Autobauer aus München einen weiteren Hochkaräter geangelt. Experten wären nicht überrascht, wenn Vanthoor bei seinem einmaligen DTM-Einsatz für mächtig Furore sorgen würde. Mit dem BMW hat er bereits das 24-Stunden-Rennen in Dubai, die 9 Stunden von Kyalami und einen NLS-Lauf gewonnen!

Vanthoor gehört trotz seines relativ jungen Alters schon jetzt zu den besten GT3-Fahrern der Welt. Bereits 2019 gewann Dries die 24 Stunden vom Nürburgring und ließ 2022 einen weiteren Gesamtsieg mit Audi folgen. Beim diesjährigen Eifelklassiker belegte er im ROWE-BMW den zweiten Platz. Beim Zieleinlauf trennten Vanthoor und seine Teamkollegen Marco Wittmann, Sheldon van der Linde sowie Maxime Martin nur 26 Sekunden vom siegreichen Frikadelli-Ferrari.

Vanthoor machte sogar schon 2018 internationale Schlagzeilen mit dem Triumph beim 12-Stunden-Rennen in Bathurst, bevor er von 2020 bis 2022 dreimal in Folge den Sprint-Cup der GT World Challenge gewann. Der Belgier ging zu Audi-Zeiten meist für seinen heimischen Rennstall WRT an den Start - die Erfolgsmannschaft von Teamchef Vincent Vosse ist bekanntermaßen ebenfalls zu BMW M Motorsport gewechselt und hat Vanthoor als 'Geschenk' mitgebracht.

Vanthoor in Rasts "großen Fußstapfen"

"Ich freue mich sehr auf mein erstes Wochenende in der DTM", wurde Vanthoor in einer Schubert-Pressemitteilung zitiert. "Es ist eine der prestigeträchtigsten Rennserien der Welt und hier dabei zu sein, ist für jeden Rennfahrer etwas Besonderes. Das Niveau ist sehr hoch und ich trete natürlich in große Fußstapfen, wenn ich für Rene einspringe. Es wird dieses Jahr mein einziger Einsatz in der DTM sein und ich werde mein Bestes geben, um mit dem Team ein erfolgreiches Wochenende zu haben und Sheldon so gut wie möglich zu unterstützen."

Für den amtierenden DTM-Meister van der Linde, mit 24 Jahren sogar noch jünger als Vanthoor, lief es in Oschersleben nicht wie erhofft. Beim Heimspiel seiner vertrauten Schubert-Mannschaft fiel der Südafrikaner im Samstagsrennen aus und sammelte am Sonntag mit Platz elf nur wenige Punkte. Schubert Motorsport konnte 2022 zwar im ADAC GT Masters Erfahrungen mit dem BMW M4 GT3 auf dem umgebauten Kurs in Zandvoort sammeln, aber nicht mit guten Ergebnissen glänzen. Lamborghini, Audi und Porsche scheint die Strecke mit der neuen Steilkurve deutlich besser zu liegen.

"Wir fühlen uns nach den Testfahrten gut aufgestellt, doch es wird wie immer sehr eng und wir dürfen uns keine Fehler erlauben", mahnte Schubert-Teammanager Marcel Schmidt. "Mit Dries haben wir einen erstklassigen Ersatz für Rene und wir erhoffen uns von ihm sehr viel. Ich bin mir sicher, dass er an der Seite von Sheldon einen wertvollen Beitrag leisten wird."