Seit dem ersten Rennwochenende der DTM-Saison 2018 stellt sich eigentlich nur die Frage, welcher Fahrer aus dem Mercedes-Sechserkader am Ende die Meisterschaft holen wird. Gary Paffett, Paul Di Resta oder Edo Mortara? Drittgenannter ist nach einem katastrophalen Wochenende auf dem Nürburgring wohl raus aus dem Titelrennen. Seine Verfolgerrolle hat jetzt ein anderer eingenommen. Einer von der Konkurrenz.

Plötzlich spricht jeder über Rene Rast! Jener Rast, dem in der Eifel die Sensation gelang: Doppel-Pole, Doppel-Sieg - die erste maximale Punkteausbeute in der Geschichte der DTM. Der amtierende Champion zeigte in den letzten Wochen beeindruckende Leistungen und eilte mit seinem alles andere als überlegenen Audi von Podium zu Podium.

Rast in aller Munde - das wurde irgendwann sogar Paul Di Resta zu viel. Der Zweitplatzierte in der Meisterschaft musste am Sonntag auf dem Nürburgring eine ganze Weile auf sein TV-Interview warten, weil Rast noch fleißig am Erzählen war. "Erzählt der gerade seine Lebensgeschichte?!", witzelte Di Resta in die Runde, und dann in Richtung Rast: "Du hast doch beide Rennen gewonnen - reicht das nicht für heute?"

Punkteverteilung letzte 8 Rennen (Quali + Rennen)

RennenPaffettDi RestaRast
Zandvoort 128190
Zandvoort 2211526
Brands Hatch 18013
Brands Hatch 2212715
Misano 10281
Misano 201015
Nürburgring 117028
Nürburgring 2121828
Gesamt (letzte 8 Rennen)107117126

Boxen-Fehler kostet Paffett Sieg-Chance

Auch Mercedes-Kollege Paffett hätte wohl lieber über etwas anderes gesprochen als einen weiteren Gegner im Kampf um die Meisterschaft. Der Gesamtführende hatte beim Sonntags-Rennen beste Chancen auf den Sieg, kam wegen eines Patzers beim Boxenstopp aber nicht über den fünften Platz hinaus.

"Ich konnte Renes Pace im Rennen mitgehen", sagte Paffett zu Motorsport-Magazin.com. "Wir hatten gute Chancen, das Rennen zu gewinnen. Wäre es so gekommen, würden wir jetzt vielleicht gar nicht so viel über ihn sprechen."

Realist Rast

Gut für Altmeister Paffett: Er führt die Meisterschaft mit 206 Punkten wieder vor Di Resta an. Nicht so gut: Sein Vorsprung beträgt nur 2 Punkte. Dahinter lauert plötzlich Rast. Der Audi-Fahrer gab sich nach dem Doppelsieg kämpferisch, aber auch realistisch. "Es wird schwer, die beiden Mercedes-Jungs noch von der Spitze zu verdrängen", sagte er zu Motorsport-Magazin.com.

Und das nicht ohne Grund beim Blick auf die DTM-Tabelle: Rast belegt den dritten Platz mit 149 Punkten - 57 Zähler hinter Spitzenreiter Paffett. Bei den vier ausstehenden Qualifyings und Rennen in Spielberg und Hockenheim gibt es noch 112 Punkte zu holen. Trotz Rasts Super-Serie muss bei Mercedes viel mehr als ein Boxenstopp schiefgehen, um den Titel noch zu verlieren.

Wirbelwind Rast

Klar ist aber, dass Rast im Lager der Stuttgarter für mehr Wirbel sorgt als ihnen lieb sein dürfte. Als Mercedes zeitweise die Meisterschaft mit vier Piloten anführte, war die Lage entspannter. "Ich werde immer nur zu Paul und Gary gefragt, aber da gibt es gerade einen, der fleißig Punkte hamstert und den dürfen wir nicht vergessen", warnte Mercedes-Teamchef Uli Fritz im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Die neue Reifen-Regel versetzte Mercedes im Samstags-Rennen einen Rückschlag, doch über Nacht fand das Team offenbar erste Lösungen. Paffett und Di Resta wären sonntags durchaus aus eigener Kraft in der Lage gewesen, Rast den Sieg streitig zu machen.

Titeljäger Rast

Der amtierende Meister kennt allerdings die Rolle des Jägers. Vergangenes Jahr hatte der damalige DTM-Rookie drei Rennen vor Schluss 38 Punkte Rückstand auf Audi-Kollege Mattias Ekström - und schnappte dem Schweden auf der Zielgeraden noch den Titel vor der Nase weg.

Diesmal setzt Jäger Rast auf die Rivalität seiner Titelgegner: "Paul und Gary kämpfen um die Meisterschaft. Es ist ja nicht so, als ob sie nebeneinander herfahren, die kämpfen auch um Positionen. Und wer vorne fährt, gewinnt den Titel. Das sind direkte Konkurrenten. Dass sie sich mal in die Quere kommen, ist nicht unwahrscheinlich. Wenn ich dann der lachende Dritte bin, gern."