Liebe motorsport-magazin.com Leserinnen & Leser,

Erst konnte ich es gar nicht so ganz glauben, als ich am vergangenen Wochenende von Journalisten nach einer Halbzeit-Bilanz dieser Saison gefragt worden bin. Halbzeit? Jetzt schon? Mir kommt es vor, als hätten wir erst vor zwei Monaten unsere Titel gefeiert. Und auch die große Präsentation in Hamburg, bei der wir den neuen Audi A4 DTM zum ersten Mal gezeigt haben, scheint mir noch gar nicht so weit zurück zu liegen.

Aber tatsächlich sind wir am Wochenende in Oschersleben schon das fünfte Rennen in diesem Jahr gefahren. Vier davon hat Mercedes gewonnen, eines unsere Mannschaft. Klingt nach einer klaren Sache, ist es aber ganz und gar nicht: Noch habe ich einen Punkt Vorsprung in der Meisterschaft auf Gary Paffett. Er hat zwar schon einen Sieg mehr als ich auf dem Konto, dafür aber nicht so konstant gepunktet. Und wenn ich eines in meinen inzwischen gut fünf DTM-Jahren gelernt habe, dann, dass es manchmal genau darauf ankommt.

Es sieht also so aus, als führt der Weg zur Titelverteidigung nur über meinen britischen Kollegen. Ich mag Gary gerne. Er ist ein sehr harter, aber fairer Konkurrent auf der Strecke und ein angenehmer Zeitgenosse im Fahrerlager. Ich mag seine Ehrlichkeit: Wenn er einen Fehler macht, beispielsweise den Frühstart vor ein paar Wochen in Brünn, dann sucht er nicht wie einige Fahrer lange nach Ausreden, sondern sagt: ‚Mein Fehler´ – und gut. So etwas gefällt mir.

Überhaupt ist es für mich sehr wichtig, ehrliche Menschen um mich herum zu haben. Deshalb fühle ich mich ja in der Familie von Audi und meinem Team Abt Sportsline auch so wohl. Wir haben zusammen schon schwierige Zeiten durchgemacht, aber auch sehr viele gute. Ich glaube, nur wenn man in beiden Phasen miteinander auskommt, sich respektiert und eben ehrlich miteinander umgeht, kann man von einer wirklich harmonischen Beziehung sprechen.

Mindestens ebenso wichtig ist mir meine Familie am Rennwochenende. Schon seit Jahren kommen meine Eltern zu fast jedem Rennen. Für mich ist ihr Wohnmobil, in dem sie auf einem der Plätze an der Strecke übernachten, ein idealer Rückzugspunkt: Ich gehe jeden Morgen dort frühstücken und schaue auch abends, nach den ganzen Meetings und PR-Terminen, meistens noch für eine Stunde vorbei.

In Oschersleben war es ein bisschen länger, denn dort haben wir ‚Midsommar´ gefeiert – ein traditionelles schwedisches Fest im Sommer, das viele Deutsche wahrscheinlich nur aus der Ikea-Werbung kennen. Es gab frischen Lachs, Frikadellen, Erdbeeren, Salate und ein paar schwedische Lieder. Meist zeltet unser Audi-Fanclub gleich nebenan – also haben die auch gleich alle mitgefeiert. Für mich sind solche Ausflüge eine perfekte Abwechslung zum ganzen DTM-Zirkus im Fahrerlager.

In knapp drei Wochen geht es jetzt zum Norisring – unserem Heimrennen, weil Nürnberg ja ganz in der Nähe von Ingolstadt liegt. Das Blöde ist nur: In den vergangenen Jahren lag uns der Stadtkurs überhaupt nicht, 2004 haben wir es nicht einmal aufs Podium geschafft. Aber ich glaube, dieses Jahr haben wir beste Chancen, unsere vielen Fans auch einmal für ihre Treue zu belohnen und ihnen einen guten Anlas zum Feiern zu geben. Und wenn wir zum Norisring fahren, dann ist die zweite Halbzeit der DTM schon längst angepfiffen. Irgendwie unglaublich.