Trotz eines gelungenen Saisonstarts mit jeder Menge spannender Rennen und schillernder Stars wie Mika Häkkinen, steht die DTM angesichts des Opel-Ausstiegs vor einer ungewissen Zukunft.

Im Gespräch mit motorsport-magazin.com-Redakteur Mike Wiedel verriet der ARD-Co-Kommentator und Ex-Rennfahrer Klaus Ludwig, wieso die DTM auch mit nur zwei Herstellern funktionieren kann und wie schade es ist, dass BMW lieber vor leeren Rängen in der WTCC antritt.

Herr Ludwig, auch wenn sich die DTM-Saison 2005 zu Beginn wie ein Mercedes-Jahr präsentierte, scheint es nun richtig spannend und eng zu werden. Welchen Einfluss übt hierbei die neue Gewichtsregelung auf das Kräfteverhältnis aus?

Klaus Ludwig in seiner Funktion bei der ARD., Foto: Sutton
Klaus Ludwig in seiner Funktion bei der ARD., Foto: Sutton

Klaus Ludwig: Im Moment würde ich sagen: Gar keinen. In Oschersleben sind die beiden 'Spitzenautos' mit dem gleichen Gewicht gefahren und bei Opel wusste man ja von Anfang an, dass der Wagen nicht ganz so gelungen ist. Deshalb konnte selbst diese extreme Gewichtsdifferenz Opel nicht nach vorne spülen. Es gilt also das alte Sprichwort: Wenn man ein neues Auto designt, muss man in der DTM wie in der Formel 1 alle Register ziehen, sonst baut man kein Siegerauto.

Ebenfalls für Furore sorgten in diesem Jahr die Vorjahresboliden von Audi und Mercedes, die auch auf einen Gewichtsvorteil zurückgreifen dürfen.

Klaus Ludwig: Ja, aber das sind eher Zufallstreffer wie in Oschersleben. Die Fahrer machen zwar einen Superjob, aber im Großen und Ganzen haben die Vorjahresautos keine Chance unter die ersten Zehn zu kommen. Zumindest so lange es regulär läuft.

Einen großen Schub erhielt die DTM auch durch die Verpflichtung von Mika Häkkinen und die dadurch ausgelöste Mika-Mania. Wie beurteilen Sie die bisherige Saison des finnischen Umsteigers?

Klaus Ludwig: Fantastisch. Etwas anderes kann man da nicht sagen. Er hat sich unheimlich schnell in die Materie eingearbeitet. Dass er ein Riesentalent besitzt wissen wir schon lange, schließlich ist er nicht umsonst Formel 1 Weltmeister gewesen. Sein Sieg in Spa war einfach großartig und vor allem fehlerfrei. Seine Pole Position hat er in Spa im Regen, also noch einmal unter anderen Bedingungen herausgefahren, was ebenfalls fantastisch war. Da kann man nur sagen: Hut ab! Der Mann ist sein Geld wert.

Mit dem Mercedes steht ihm aber auch das wohl beste Auto zur Verfügung...

Klaus Ludwig: Ja, aber in einem Audi hätte er sicherlich nicht wesentlich schlechtere Voraussetzungen.

Klaus Ludwig und Bernd Schneider im DTM-Paddock., Foto: Sutton
Klaus Ludwig und Bernd Schneider im DTM-Paddock., Foto: Sutton

Wie sehen Sie die Leistungsstärke und die Chancen bei den anderen beiden Herstellern Audi und Opel?

Klaus Ludwig: Bei Audi gibt es dank des riesigen Aufgebots an Manpower eine permanente Leistungssteigerung. Das haben sie schon immer so gemacht: Wenn Audi Motorsport betreibt, dann nur zu 100 Prozent. Bei Mercedes und HWA ist dies genauso und Opel hängt etwas hinterher. Man kann nur hoffen, dass sie vielleicht noch aufholen können, aber ich muss ganz ehrlich sagen, dass sie es sehr schwer haben werden.

Die Fans bekommen in der DTM jedenfalls eine Menge geboten. Ganz im Gegensatz zu den Besuchern des US Grand Prix in der Formel 1. Wie haben Sie den Indy-Skandal erlebt?

Klaus Ludwig: Die Leute haben sich dort riesig auf einen Grand Prix gefreut, der dann nicht stattgefunden hat, was im Grunde genommen ein echter Skandal ist. Man hätte vielleicht auf die Punkte verzichten müssen, aber man hätte auf jeden Fall fahren sollen. Aber natürlich nicht gegen die Anweisung von Michelin. Wenn Michelin sagt, dass die Reifen dort nicht durchhalten, dann muss man das akzeptieren. Da die meisten Teams mit Michelin-Reifen fahren, hätte die FIA anders reagieren müssen. Schließlich kann man nicht die Teams dafür verantwortlich machen, wenn Michelin nicht den passenden Reifen dabei hat. Michelin ist ein Zulieferer und sie haben bis jetzt einen sensationell guten Job gemacht und in dieser Saison die besten Reifen gebaut, was sich ja auch in der Ferrari-Misere zeigt, die nur auf die Reifen zurückzuführen ist. Und da hat Bridgestone nicht gut genug gearbeitet. Denn der Reifen ist an einem Rennauto das wichtigste Teil.

Klaus Ludwig im aktiven Einsatz für Opel., Foto: Sutton
Klaus Ludwig im aktiven Einsatz für Opel., Foto: Sutton

Und wie hätte man das Problem lösen können?

Klaus Ludwig: Man hätte sich einfach irgendwie einigen müssen. Sie hätten keine Punkte vergeben und dafür alle Autos mit einer Schikane fahren lassen sollen. So dass man an dem Punkt wo man vorher 330 km/h erreicht dann nur noch 270/280 km/h gefahren wäre. Das wäre keine große Umbaumaßnahme gewesen. Ich weiß natürlich, dass dies gegen die Regeln verstößt, aber man hätte hier einfach der weltweiten Fangemeinde Tribut zollen müssen. Man hätte für die Zuschauer fahren müssen und der Rest wäre zweitrangig gewesen.

Hat die F1 jetzt überhaupt noch eine Zukunft in den USA?

Klaus Ludwig: Das kann ich nicht beurteilen, aber ich denke einmal ja. Jeder der ein bisschen darüber nachdenkt, wird es verstehen. Keine Zukunft hätte bei mir hingegen die FIA, in dieser Form wie sie jetzt regiert wird. Da gehört einfach mehr Flexibilität dazu. Vielleicht ist der Herr Mosley wirklich zu alt für den Job. Denn es ist eine Katastrophe, dass er nicht vor Ort war. Schließlich ist der FIFA-Präsident bei den entscheidenden Fußball-Länderspielen ebenfalls vor Ort und somit sollte auch Herr Mosley beim US Grand Prix einfach präsent sein. Und wenn er das nicht mehr will, weil er keine Lust hat 20 Stunden im Flugzeug zu sitzen, oder es vielleicht auch nicht mehr kann, dann soll er zu Hause bleiben und seinen Job aufgeben. Ich war noch nie ein großer Fan von ihm und seine gesamten Entscheidungen in Sachen Formel 1 halte ich alle samt für schlecht. Er sollte wirklich besser zurücktreten.

Ebenfalls eine ungewisse Zukunft steht der DTM ins Haus. Was erwarten Sie vom DTM-Jahr 2006?

Klaus Ludwig: Das ist eine schwierige Frage. Wobei diese eigentlich anders lauten sollte: Kann die DTM auch mit zwei Herstellern überleben? Die Antwort lautet: Natürlich. Denn ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass Fahrernamen wie Häkkinen, Alesi oder Kristensen wichtiger als die Marken sind. Es ist zwar toll, wenn viele Marken dabei sind, aber letztlich kann sowieso immer nur eine Marke gewinnen. Sollte es also nur noch zwei Marken geben, bräuchten wir einfach noch ein paar attraktive Fahrer.

Klaus Ludwig würde Mario Theissen gerne öfter in der DTM sehen., Foto: Sutton
Klaus Ludwig würde Mario Theissen gerne öfter in der DTM sehen., Foto: Sutton

Ein Hersteller der sich gegen die DTM und für die WTCC ausgesprochen hat ist BMW. Was halten Sie von dieser Entscheidung?

Klaus Ludwig: Es ist sehr tragisch, dass BMW nicht in der DTM mitfährt. Denn Dr. Mario Theissen kann sagen was er will, obwohl ich die Rennen zur Tourenwagen-WM attraktiv und spannend finde, gewinnen auch dort nur zwei Marken - nämlich BMW und Alfa. Alle anderen sind nur Statisten. Aber das Wichtigste ist nun einmal der Zuschauer, und dieser entscheidet darüber ob etwas gut oder schlecht ist - nicht der Motorsportchef. Entsprechend ist man etwas am Ziel vorbeigeschossen. Denn wenn man bei einem Rennen maximal 5.000 Zuschauer und Fernseheinschaltquoten von 1% hat, dann ist das Votum, aller weltweiten Initiative die BMW beweisen möchte zum Trotz, schon lange gefallen. Und zwar pro DTM. Aber nicht weil die DTM, DTM heißt, sondern weil in der DTM attraktive Tourenwagen fahren, die scheinbar den Fan so anmachen, dass er den Fernseher einschaltet. Sonst hätten wir keine neuen Quotenrekorde. Und das sind Zahlen, die uns ein Mario Theissen nicht wegnehmen kann. Und wenn BMW es nicht nötig hat hier zu fahren, dann können wir das nicht ändern. Es ist nur maßlos schade.