Nach weniger als neun Monaten kehrt die DTM nach Brünn zurück. Nicht nur Audi dürfte beim Rückblick auf das Rennen im vergangenen Jahr Appetit auf mehr bekommen; auch Opel dürstet nach Erfolgen. Ganz unwahrscheinlich erscheint allerdings auch eine Mercedes-Revanche nach der endgültigen Schlappe in Brünn im Kampf um die Meisterschaft 2004 nicht...

2004 - "Klarer Punktsieg nach 379 Runden"

So lautete im September 2004 nach dem Rennen in Brünn die Botschaft einer Audi-Anzeige, die in diversen Printmedien erschien. Weiter: "Audi freut sich mit Mattias Ekström über die DTM-Meisterschaft 2004." Nach einem für Ekström eher unspektakulären Rennen hatten sich der Schwede und sein Audi A4 DTM erneut als die stärkste Kombination erwiesen und sich so bereits im neunten von zehn Läufen die Fahrermeisterschaft gesichert.

2004 durfte Audi ausgelassen feiern..., Foto: xpb.cc
2004 durfte Audi ausgelassen feiern..., Foto: xpb.cc

Bereits im Vorfeld war die besondere Eignung des A4 für die vergleichsweise langsame und winklige Strecke vorausgesagt worden. Nachdem Mattias Ekström erwartungsgemäß die Super Pole für sich entschieden hatte, auch die zweite Startreihe in Audi-Hand war und Mercedes-Titelaspirant Gary Paffett nur auf Rang sieben gelandet war, schien sich dies auch zu bestätigen - der zweite Startplatz des Meisterschaftszweiten Christijan Albers in der Mercedes C-Klasse versprach dennoch Spannung für das Rennen.

Und so war es tatsächlich der junge Niederländer, der im Rennen unfreiwillig für Furore sorgte: Während Ekström seine Pole Position souverän in die Rennführung umgesetzt hatte und jene mit schwedisch-stoischer Ruhe hielt, gingen dem DTM-Vizemeister von 2003 die Nerven durch: Nach einem Fehler in der ersten Kurve, insgesamt drei Remplern an die Audi-Piloten Christian Abt, Martin Tomczyk und Tom Kristensen und einer Durchfahrtsstrafe stellte der heutige Minardi-Pilot seine C-Klasse in der Boxengasse ab, nachdem sich die infolge der Berührungen im vorderen rechten Radkasten gesammelten Audi-Teile als gänzlich ungeeigneter Ersatz für die zahlreichen verlorenen Mercedes-Teile erwiesen hatten.

Deutlich souveräner ging Teamkollege Gary Paffett zu Werke: Trotz der offenkundigen Überlegenheit des A4 platzierte er seine C-Klasse am Ende immerhin auf Platz drei und legte so den Grundstein zu seiner Vizemeisterschaft. Der Audi-Triumph war ohnehin während des gesamten Rennens ungefährdet: Nach dem klaren Doppelsieg Ekströms und Tom Kristensens sowie des Gewinns der Fahrermeisterschaft im ersten Jahr des werksseitigen Audi-Einstiegs konnte kaum noch jemand den feiernden, vorwiegend bayrischen, aber dessen ungeachtet mit skurrilen Schwedenkäppchen versehenen Vertretern des Audi-Personals entgehen...

Beim Tanz um die vier Ringe geriet der Blitz trotz einer passablen Leistung beinahe in Vergessenheit: Während Marcel Fässler auf Rang vier nur knapp an einem Podestplatz scheiterte, fuhr Heinz-Harald Frentzen auf Platz sechs seine ersten - und bislang einzigen – DTM-Punkte ein. Timo Scheider komplettierte die zufrieden stellende Leistung der Rüsselsheimer mit Rang sieben.

2005: "Etappensieg nach 30 Runden"?

In diesem Jahr durfte Audi noch nicht feiern., Foto: Sutton
In diesem Jahr durfte Audi noch nicht feiern., Foto: Sutton

Obwohl eine so betitelte Audi-Anzeige nach einem Sieg in Brünn als eher unwahrscheinlich anzusehen ist - auch in diesem Jahr ist der Lauf in Tschechien für Audi von besonderer Bedeutung. Gelingt den Ingolstädtern der erste Saisonsieg, so ist ein wichtiger Etappensieg bei der endgültigen Rückkehr an die DTM-Spitze gelungen. Gelingt er nicht, so wird ein Hervorholen der blau-gelben Schwedenkappen zum Saisonende anlässlich eines Titelgewinns immer unwahrscheinlicher...

Doch obgleich der Kurs in Brünn mit seiner Länge von 5,403 Kilometern und seinem beachtlichen Höhenunterschied von 73,63 Metern derselbe geblieben ist - am kommenden Wochenende erscheinen die Rahmenbedingungen für Audi ungleich schwieriger als noch im vergangenen September. Von einer Audi-Strecke spricht heute in Bezug auf Brünn niemand mehr; zu sehr haben sich die Charakteristika der C-Klasse und des A4 aktuellen Jahrgangs angeglichen.

Nachdem die Ingolstädter Mittelklasselimousine ohne spezifische, offensichtliche Schwäche in diesem Jahr stets hinter dem Stuttgarter Konkurrenten zurückgeblieben war, hofft der amtierende Meister Mattias Ekström, nach den Testfahrten auf dem Eurospeedway Lausitz die Summe aus vielseitigen minimalen Schwächen des A4 auskuriert zu haben: "Ich habe viele schöne Erinnerungen und hoffe, dass wir daran anknüpfen können. Ich weiß aber auch, wie extrem eng es in der DTM zugeht. Umso wichtiger waren die Testfahrten. Es ging darum, die entscheidenden Hundertstel und Zehntel zu finden."

Auch Abt-Teamchef Hans-Jürgen Abt gibt sich kampfeslustig: "Die etwas längere Pause zwischen Spa und Brünn hat unserer Mannschaft gut getan. Alle haben Kräfte gesammelt und sind voll motiviert. Wir haben uns gut vorbereitet und auf dem EuroSpeedway getestet. Im vergangenen Jahr haben wir in Brünn den Titel gewonnen – jetzt wollen wir die Tabellenführung." Sollte die Eroberung der Tabellenführung in Brünn tatsächlich gelingen, so hätte allerdings auch der Gewichtsvorteil von 20 Kilogramm im Vergleich zu Mercedes seinen Anteil daran: Angesichts der Länge der Strecke sowie ihrer Steigungen dürfte sich dieser ähnlich wie in Spa für Audi durchaus positiv bemerkbar machen.

Kann er seinen zweiten Saisonsieg feiern?, Foto: Sutton
Kann er seinen zweiten Saisonsieg feiern?, Foto: Sutton

Nach einem überlegenen Saisonstart in Form dreier Siege sowie der Führung in allen drei Meisterschaftswertungen empfindet Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug weder das maximale Gewicht der C-Klasse in Höhe von 1.070 Kilogramm noch die automobiles Übergewicht besonders bestrafende, einen Kilometer lange Bergauf-Passage als Furcht einflößend: "Dass wir dennoch konkurrenzfähig sind, hat Mika mit seinem Sieg in Spa eindrucksvoll gezeigt. Ich bin mir sicher, dass wir den Zuschauern auch in Brünn wieder ein spannendes Rennen bieten werden."

Etwas vorsichtiger äußert sich Jean Alesi: "Brünn ist eine schwierige Rennstrecke mit einigen interessanten Kurvenkombinationen. Ich mag solche Strecken und werde alles geben, um meinen Platz in der Spitzengruppe der Gesamtwertung zu halten, auch wenn der Kampf gegen die 20 Kilo leichteren Audi und die 40 Kilo leichteren Opel nicht einfach wird."

Ein Scheitern an der sowohl in fahrerischer als auch in technischer Hinsicht anspruchsvollen Strecke erscheint jedoch unwahrscheinlich: Spätestens seit dem vergangenen Rennen in Spa hat sich die aktuelle C-Klasse als anpassungsfähiger als ihr nach Hochgeschwindigkeitspassagen gierender Vorgänger erwiesen; dass man in Spa ein passendes, der Vielseitigkeit der Strecke gerecht werdendes Set-Up fand, spricht auch auf dem ansatzweise ähnlichen Kurs in Brünn für gute Chancen einer Fortsetzung der Triumphserie.

Heinz-Harald würde gerne wieder punkten., Foto: Opel
Heinz-Harald würde gerne wieder punkten., Foto: Opel

Nachdem sich für Opel der heimliche Wunsch nach einem Podestplatz in Spa trotz des Minimalgewichts der Vectra GTS in Höhe von 1.030 Kilogramm nicht erfüllt hatte, reisen die Rüsselsheimer auch nach Brünn untergewichtig. Die Punkteränge Marcel Fässlers und Laurent Aiellos deuteten an, dass sich der Gewichtsvorteil auf der längsten und hügeligsten Strecke im DTM-Kalender positiv bemerkbar machte und sich so vielleicht auch in Brünn bemerkbar machen wird. Doch auch das im Vergleich zu den vorherigen Rennen weniger problematische Handling deuteten einen Aufwärtstrend bei Opel an, der Marcel Fässler gegenüber Motorsport aktuell zum Optimismus veranlasste: "Generell müssten wir in Brünn gut aussehen. Die Strecke gefällt mir und dürfte uns noch etwas mehr entgegenkommen als Spa." Auch das Problem der vom Wagen offenbar nicht hinreichend auf Temperatur gebrachten Reifen, das insbesondere auf dem Eurospeedway zum Tragen kam, sieht Fässler in Brünn etwas gelindert: "Die Strecke ist reifenmordender als jede andere im Kalender - was vielleicht gut für uns ist." Und so dürften bei Opel wie schon in Spa auch für das kommende Wochenende große Hoffnungen aufkeimen...