Während die Deutsche Tourenwagen Masters, trotz des MG-Debakels und des drohenden Opel-Ausstiegs, auch in diesem Jahr boomt, ist ihr aus der European Touring Car Championship in dieser Saison ein internationaler Konkurrent erwachsen: Die WTCC.

"Konkurrenz belebt das Geschäft", nimmt ITR-Boss Hans Werner Aufrecht von uns auf die neue Konkurrenzsituation angesprochen eine gelassene Stellung ein. Denn "ob die WTCC eine Konkurrenzserie wird, kann ich derzeit noch nicht beurteilen. Da muss man sehen, wie sich diese Serie in Zukunft entwickelt."

Die WTCC ist für Manuel Reuter keine Konkurrenz., Foto: Sutton
Die WTCC ist für Manuel Reuter keine Konkurrenz., Foto: Sutton

Für Opel-Pilot Manuel Reuter, der auch schon zu alten ITC-Zeiten im Tourenwagensport aktiv war, stellt sich die Konkurrenzfrage hingegen überhaupt nicht. "Die WTCC ist für mich keine Konkurrenz für die DTM", sagt er klipp und klar. "Die haben weniger Zuschauer auf der Tribüne als wir im Fahrerlager und die haben im Fernsehen vielleicht so viele Zuschauer wie wir am Samstag. Es ist also keine Konkurrenz."

Auch bei einem näheren Blick auf die Autos entdeckt Reuter keinen Grund dafür, warum die WTCC-Boliden mehr Spektakel versprechen sollten. "Die Autos fahren über 20 Sekunden langsamer als wir und haben 260 PS, so viel hat heutzutage ein guter Diesel auf der Straße", witzelt er im Gespräch mit motorsport-magazin.com, "also sehe ich diese Serie im Moment nicht als Konkurrenz. Es ist zwar schön, dass sie eine Weltmeisterschaft haben, aber der richtige Tourenwagensport sind die DTM-Autos."

Entsprechend käme für den Opel-Fahrer auch nach einem möglichen Ausstieg seines Arbeitgebers Ende dieses Jahres kein Engagement in der Tourenwagenweltmeisterschaft in Frage. "Ich hoffe nicht! Ich hoffe nicht!", lacht er.

Ganz anders beurteilt natürlich BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen die Situation. Schließlich engagieren sich die Münchner schon seit Jahren erst in der ETCC und nun in der WTCC. "Wir hatten einen sehr spannenden Saisonauftakt und konnten feststellen, dass das Prädikat Weltmeisterschaft zu Recht vergeben wurde", zieht Theissen für uns ein positives WTCC-Zwischenfazit. "Immerhin ist es neben der Formel 1 und der WRC die dritte Weltmeisterschaft im vierrädrigen Motorsport und man spürt durchaus, dass dies der Serie einen erneuten Schub gibt. Wir haben sechs Hersteller am Start und es fuhren über 30 Autos in Monza. Es gab extrem packende Zweikämpfe und Tourenwagensport im besten Sinne. Auch die Fernsehübertragungen sind deutlich umfangreicher geworden und ich gehe davon aus, dass die WTCC zunehmend in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückt. Auch in Deutschland."

Ein DTM-Einstieg kommt für BMW aus diesem Grund nicht in Frage. "BMW wird nicht in der DTM fahren. Daran haben wir kein Interesse", lehnt er ein solches Engagement vehement ab. "Für die DTM müssten wir ein Fahrzeug entwickeln, das nirgendwo sonst auf der Welt eingesetzt werden kann und für den Team-Sport zu teuer ist."

Die Zukunft der DTM möchte Theissen hingegen nicht einschätzen. "Das ist schwer zu sagen, da ich hier kein Insider bin", verrät er uns. "Die Bühne DTM ist eine sehr gute und wir sind wirklich froh mit unserer Formel BMW ADAC Meisterschaft in diesem Rahmen antreten zu dürfen. Dies ist gerade für die 15-, 16-, 17-jährigen etwas Besonderes. Ich hoffe deshalb, dass dieser Rahmen auch in den nächsten Jahren so bestehen bleibt."

Hans Jürgen Abt wünscht sich BMW in der DTM., Foto: Sutton
Hans Jürgen Abt wünscht sich BMW in der DTM., Foto: Sutton

Sollte die DTM aber tatsächlich einer dunklen Zukunft entgegen sehen, dann würde sich Theissen über einen Wechsel von Audi und Mercedes freuen: "Die WTCC ist eine attraktive Tourenwagen-Serie, in der wir uns hervorragend aufgehoben fühlen. Ich würde mich freuen, wenn sich unsere Mitbewerber hier dem Wettbewerb stellen würden."

Genau das Gegenteil fordert Abt Racing Teamchef Hans-Jürgen Abt: "Bisher nutzt BMW nur die tolle Bühne, die der Formel BMW ADAC hier geboten wird. Unsere Veranstaltungen haben ein Niveau erreicht, das dicht an der Formel 1 dran ist. Stellt euch endlich dem Wettbewerb und tanzt in der ersten Reihe mit!", fordert er seine "bayrischen Freunde" aus München dazu auf in die DTM einzusteigen.

"Die Hersteller sollten den Sport nicht nur als Marketinginstrument nutzen, sondern sich auch der Verantwortung für den deutschen Motorsport bewusst sein." Entsprechend betont Abt, dass gerade dem Nachwuchs zukünftig eine "ganz wichtige Grundlage" fehlen würde, wenn es die DTM eines Tages nicht mehr geben würde.

Theissen geht aber davon aus, dass zumindest die WTCC der DTM nicht das Geschäft zerstören wird und beide Serien durchaus nebeneinander existieren können. "Sie heben sich klar voneinander ab", betont der BMW-Motorsportchef. "Die WTCC-Fahrzeuge sind seriennahe Tourenwagen, während die DTM-Autos auf GT-Ebene liegen. Aus deutscher Sicht mögen DTM und WTCC um Zuschauer konkurrieren. Aber bei der WTCC reden wir von einer WM mit Austragungsorten in neun Ländern auf drei Kontinenten."

Aber auch die DTM schickt sich dieser Tage mehr denn je dazu an eine Internationalisierung anzustreben. "Ich denke, dass dieser Kurs in Maßen fortgesetzt wird", sagt Hans Werner Aufrecht über diese Entwicklung. "Der Fokus liegt natürlich auf dem deutschen Markt und es wird weiter mindestens 40-50% der Rennen in Deutschland geben. Aber wir wollen dem internationalen Anspruch gerecht werden und auch im Ausland präsent sein."

Und obwohl auch Motorsportexperte Hans Joachim Stuck davon überzeugt ist, dass sich die beiden Rennserien "nicht gegenseitig weh" tun, da die "WTCC global stattfindet", sieht er durchaus "ein Problem" für die DTM, "welches wir schon zu meinen Zeiten, als es noch die ITC gab, hatten."

Die DTM macht Spaß wie sie ist., Foto: Sutton
Die DTM macht Spaß wie sie ist., Foto: Sutton

"Man sollte nicht versuchen zu viel ins Ausland zu gehen", warnt Stuck. "Schließlich ist es nun einmal eine Deutsche Tourenwagen Masters. Denn wenn wir beispielsweise nach Avignon gehen würden, dann fährt da kein deutscher Fan hin. Eine Ausnahme ist natürlich Spa, denn das gehört ja fast schon zu Deutschland, und Istanbul finde ich geil, weil in der Türkei ist ja halb Deutschland und umgekehrt. Aber insgesamt sollte man versuchen ein paar interessante Stadtrennen wie in Hamburg oder vielleicht in München zu organisieren. Die Rennen müssen für die deutschen Fans einfach immer gut erreichbar sein."

Dies führt uns dann am Ende zum wichtigsten Aspekt in diesem Vergleich: Den Fans. Und hier sieht Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug die DTM als "absoluten Publikumsliebling" - zumindest in Deutschland - klar vorne. Dennoch sagt auch er: "Beide können bestens nebeneinander leben und der Zuschauer entscheidet, was ihm mehr gefällt. Als es früher eine STW in Deutschland gab, boomte die DTM geradezu, und die STW litt nicht darunter."