Zwei Qualifyings, zwei Rennen, dazu freie Trainings, aber nur vier Reifensätze: Die neuen Regeln der DTM verlangen einiges an Hirnschmalz in der Herangehensweise an ein Rennwochenende. Darüber hinaus gilt es auch für den Fahrer, darauf zu achten, im ersten Rennen sein Auto nicht zu Klump zu fahren, um auch Sonntag eine gute Chance zu haben. "Das ist schon etwas anders als vorher", sagt Altmeister Ekström - einer der wenigen, die das Zwei-Rennen-Format in der DTM in der Vergangenheit noch mitgemacht haben.

Viel wird er davon nicht profitieren können, da das System ein gänzlich anderes ist - mit zwei separaten Qualifyings für die zwei Rennen. "Anders ist, dass wir mit den Reifen mehr haushalten müssen, denn wir haben ja nicht so viele." Mike Rockenfeller gibt zu, dass eine optimale Taktik nicht offensichtlich ist: Einen Satz im Quali verwenden, oder doch zwei? "Wir werden mal sehen, wie wir das angehen; wir haben uns da schon im Team besprochen, aber da gibt es immer noch verschiedene Meinungen. Es kommt natürlich auch auf das Wetter an, und das sieht ja jetzt nicht so toll aus." Womöglich muss das Haushalten also erst später beginnen.

In Hockenheim wurde nun ein weiteres Detail aus dem Reglement bekannt. Nachtanken während des Qualifyings ist nicht erlaubt. Somit ist die Anzahl der Versuche von vornherein begrenzt. Mit vollem Tank zu beginnen und ohne erkennbaren Vorteil einen Reifensatz zu verbrauchen, macht keinen Sinn. "Der Vorteil, den man sich dadurch [durch mögliches Nachtanken] erkauft, mehrere Reifensätze zu fahren, ist natürlich deutlich reduziert", stellte auch Audis "Leiter DTM" Dieter Gass fest. "Ich muss dann schon ziemlich viel Benzin mitnehmen, wenn ich dreimal fahren will. Und das muss ich mir gut überlegen, ob ich das mache", ergänzte er.

Stregie ade: Der Optionsreifen gehört der Vergangenheit an, pures Racing ist angesagt, Foto: Audi
Stregie ade: Der Optionsreifen gehört der Vergangenheit an, pures Racing ist angesagt, Foto: Audi

Strategische Optionen fallen weg

Dennoch bringt es wenig, im Qualifying Reifen für das Rennen zu schonen, denn durch den Wegfall des Optionsreifens wird das Quali aufgewertet. Oder doch nicht? Rockenfeller ist sich nicht sicher: "Ich glaube, dass allen klar ist, dass dadurch, dass wir nur noch eine Reifenmischung haben, diese strategischen Rennen nicht mehr so stattfinden werden wie in den letzten Jahren. Damals konnte man auch nach einem nicht so tollen Quali immer noch nach vorne fahren, das wird jetzt schwieriger. Andererseits haben wir dreimal DRS pro Runde zur Verfügung, und in Hockenheim klappt das Überholen ja ganz gut. Man muss mal schauen, wie gut man wirklich mit dem DRS vorbeikommt."

Der Fokus werde aber ganz klar auf dem Qualifying liegen, lässt er durchblicken. "Man muss schauen, dass man in der Startaufstellung vorne mit dabei ist, denn wie gesagt: Man hat strategisch dann nicht mehr viele Möglichkeiten." Trotzdem gilt es auch im Qualifying aufzupassen, insbesondere für Mattias Ekström: "Ich muss etwas öfter in den Rückspiegel schauen als letztes Jahr, da bin ich zweimal wegen Behinderung zurückversetzt worden. Wenn man nicht volle Lotte fährt, muss man einfach in den Rückspiegel schauen, da alle Autos gleichzeitig auf die Strecke geschickt werden."

Rockenfeller kalkuliert solche Situationen aber bereits im Voraus ein: "Das kann natürlich passieren. Logisch, jeder weiß, dass er dem anderen nicht im Weg herumstehen darf, aber es wird zwangsläufig mal zu Situationen kommen, in denen man mal nicht eine perfekte Outlap fahren kann, oder sogar auf der schnellen Runde behindert wird." Allerdings sei das auch in den vergangenen Jahren in Q1 so gewesen. "Deshalb sehe ich das jetzt nicht so dramatisch."

Keine Änderung in der Agressivität

Vorsicht walten lassen: Herumbolzen kann in der neuen Saison gleich zwei Rennen zerstören, Foto: RACE-PRESS
Vorsicht walten lassen: Herumbolzen kann in der neuen Saison gleich zwei Rennen zerstören, Foto: RACE-PRESS

Ebenso sieht der Champion von 2013 die Tatsache, dass ein schwerer Unfall am Samstag ein ganzes Wochenende versauen kann, locker: "Wenn man ein Rennen vorne beenden will, muss man immer einigermaßen schonend mit dem Auto umgehen, denn wenn alles krumm ist und abfällt, dann wird man an dem Tag nichts reißen können. Für mich hat sich da persönlich nichts geändert." Wie immer gelte es: Attackieren, aber das Risiko abwägen. "Harakiri wird da sicher keiner fahren."

Doch der Wegfall der strategischen Optionen wird zu mehr Zweikämpfen führen, ist sich Rockenfeller sicher: "Man muss schauen, dass man vorbeikommt; man kann nicht mehr wie die letzten Jahre auf die Strategie warten oder darauf setzen, dass man mit dem Option so viel schneller ist als mit dem Standard und da locker vorbeifährt. Das wird anders, es wird mehr Zweikämpfe auf der Strecke geben und dadurch wird es zwangsläufig natürlich auch zu mehr Kontakt kommen." Die beste Strategie lautet daher: Gleich von Beginn an vorne sein, um gar nicht erst in diese Probleme zu kommen. Womit das Qualifying eben doch enorm wichtig geworden ist und sich die Frage wieder stellt, ob man einen oder zwei Sätze verpulvern soll. Eine Patentlösung gibt es nicht.