Überraschung auf dem Lausitzring. Wer vor dem Qualifying auf eine Pole Position von Christian Vietoris gewettet hätte, wäre jetzt vermutlich sehr glücklich. Mercedes hat es zum vierten Saisonlauf endlich geschafft, den Qualifying-Fluch abzulegen und drei ihrer Autos unter die besten vier zu fahren. Nicht minder große Verwunderung hielt die Leistung von BMW bereit. Als Bester der Münchner steht Bruno Spengler auf Rang fünf, für die restlichen Piloten der Bayern muss man den Finger in der Zeitenlisten weit nach unten bewegen. Doch was sind die Zeiten wert? Wie wirkt sich DRS auf einer sonst sehr schwierigen Überholstrecke aus? Holt Christian Vietoris nach seiner Premieren-Pole auch den Premieren-Sieg? Motorsport-Magazin.com macht den Favoritencheck.

Christian Vietoris, Mercedes-Benz, P1

Christian Vietoris kann endlich richtig strahlen, Foto: Mercedes-Benz
Christian Vietoris kann endlich richtig strahlen, Foto: Mercedes-Benz

Christian Vietoris liefert in dieser Saison die bislang stärkste Leistung seiner dreijährigen DTM-Karriere ab. 25 Punkte nach drei Rennen und bestplatzierter Mercedes-Pilot in der Gesamtwertung - Vietoris entwickelt sich langsam zur neuen Speerspitze der Stuttgarter. Auch in der Lausitz rangiert der Gönnersdorfer an der Spitze, und zwar in der Startaufstellung. Erste Pole Position im 24. Anlauf für Vietoris. "Wir haben unseren Kritikern die richtige Antwort geliefert", sagte der Mercedes-Pilot nach der Pole. In der Tat ließen die Stern-Fahrer mit einer eindrucksvollen Qualifying-Leistung die Kritiker erst einmal verstummen - allen voran Vietoris, der im Q4 auch von einem Fahrfehler des blendend aufgelegten Gary Paffett profitierte.

Vietoris hat nun Blut geleckt und will Startplatz 1 in ein zählbares Ergebnis umwandeln. "Wer vorne steht, will auch da bleiben", machte er keinen Hehl aus seinen Ambitionen. Wie seine Verfolger Paffett und Jamie Green auf P3 startet Vietoris auf den schnellen Option-Reifen. In der Vergangenheit versemmelte er häufiger mal einen Start und fiel zurück. Das soll am Sonntag nicht mehr passieren. Vietoris: "Ich gehe die ganze Geschichte jetzt etwas lockerer an." Die Rennpace von Mercedes war in der Vergangenheit stark und wenn Vietoris beim Start nicht verkrampft, ist der erste DTM-Sieg nicht mehr allzu weit entfernt.

Bruno Spengler, BMW, P5

In Spielberg waren sie noch die Überflieger, doch am Lausitzring erlitt die BMW-Armada - zumindest im samstäglichen Qualifying - schweren Schiffbruch und musste der Konkurrenz von Mercedes und Audi den Vortritt lassen. Tabellenführer und Vorjahressieger Bruno Spengler gelang es dabei noch am besten, sich aus der Affäre zu ziehen, denn schlussendlich stand für ihn Startplatz fünf zu Buche.

"Wir hatten bereits im Training ein paar Probleme, die Strecke scheint uns im Moment einfach nicht so gut zu liegen, aber immerhin konnten wir uns für das Qualifying noch ein wenig verbessern", führte Spengler aus, der dem vierten Saisonlauf gar nicht so pessimistisch entgegenblickte. "Das Resultat ist nicht perfekt, aber okay für das Rennen am Sonntag. Wir kämpfen mit fehlendem Grip, aber die Änderungen haben uns im Qualifying schon helfen können", meinte er.

Mike Rockenfeller, Audi, P6

Mike Rockenfeller weiß Bruno Spengler unmittelbar in seiner Nähe, Foto: RACE-PRESS
Mike Rockenfeller weiß Bruno Spengler unmittelbar in seiner Nähe, Foto: RACE-PRESS

Die sechstschnellste Zeit verleitet im Qualifying eigentlich keinen Piloten zu wirklichen Jubelstürmen. Anders sieht es da schon aus, wenn man das große Ganze im Hinterkopf hat. Genau das hat Mike Rockenfeller und sieht bei seinem Blick in der Startaufstellung, dass sein direkter Konkurrent um die Meisterschaft nur eine Position vor ihn losfahren wird - mit mächtigen Problemen auf den Bodenwellen in der Lausitz. Der Audi-Pilot wäre aber kein richtiger Racer, wäre er mit Rang sechs wunschlos glücklich. "Hätte ich meine Rundenzeiten von Q1 und Q2 auch in Q3 gefahren, wäre ich in Q4 dabei gewesen, deswegen kann ich nicht ganz zufrieden sein", analysierte der Deutsche.

Die Vorzeichen auf ein gutes Ergebnis stehen in jedem Fall nicht schlecht. Bisher verbesserte sich der Meisterschaftszweite - mit Außnahme seines Start-Ziel-Sieges in Brands Hatch - in jedem Rennen um mindestens sechs Plätze. Sollte ihm Ähnliches auch in der Lausitz gelingen, dann ist mit Startplatz sechs noch nicht aller Tage Abend.

Augusto Farfus, BMW, P14

Augusto Farfus muss für den Fehler seines Teams bezahlen, Foto: BMW AG
Augusto Farfus muss für den Fehler seines Teams bezahlen, Foto: BMW AG

Die Saison von Augusto Farfus gleicht etwas einem freien Fall. In Hockenheim gewann der Brasilianer und führte nach dem Rennen die Meisterschaft an. In Brands Hatch war es dann Rang zwei - bis das Rennen durch einen Ausfall endete. In Spielberg reichte es dann immerhin zu mageren acht Punkten, bis der Lausitzring kam. Sein Team schickte ihn auf den falschen Reifen im Training raus und damit gleichzeitig fünf Startplätze nach hinten. Ein Bock, den auch die schlechte Performance des M5 in der Lausitz - und damit lediglich die zehntschnellste Zeit - nicht wirklich besser machte.

"Es war wohl das erste Mal in meinem Leben, dass ich Letzter war, obwohl ich die ganze Session gefahren bin und angegriffen habe", war Farfus schon nach dem Training geknickt. Damit stehen die Vorzeichen denkbar schlecht, Mike Rockenfeller oder Bruno Spengler in der Meisterschaft nicht ziehen lassen zu müssen, denn die verflixten Bodenwellen, mit denen der BMW seine liebe Not hat, werden auch im Rennen noch da sein - für unzählige Runden. Aufgeben kommt für Farfus deshalb aber noch lange nicht infrage: "Wir müssen trotzdem versuchen, Punkte zu holen, denn die anderen kann es im Laufe der Saison auch treffen."