Die DTM reist zum vierten Meisterschaftslauf der Saison an den Lausitzring. Vor dem Gastspiel auf dem EuroSpeedway analysiert Motorsport-Magazin.com die Brennpunkte.

BMW-Dominanz: BMW fährt der Konkurrenz in den bisherigen drei Rennen regelrecht um die Ohren. In Spielberg belegten die Münchner mit Bruno Spengler, Marco Wittmann und Timo Glock alle drei Plätze auf dem Podium - und mit Augusto Farfus und Dirk Werner schafften zwei weitere Piloten den Sprung unter die ersten Zehn. Droht auf dem Lausitzring, einer Strecke, auf der BMW bereits im vergangenen Jahr hervorragend zurechtkam, die nächste Machtdemonstration? Motorsportchef Jens Marquardt warnte sein Team davor, nach den jüngsten Erfolgen in Überheblichkeit zu verfallen. "Auch wenn der Start in unsere zweite DTM-Saison nahezu perfekt verlaufen ist, sind wir dennoch gut beraten, mit beiden Füßen fest auf dem Boden zu bleiben", sagte er. "In der DTM geht es auch 2013 wieder derart eng zu, dass die Karten auf jeder Strecke völlig neu gemischt werden."

Die Konkurrenz will sich mit einem Durchmarsch von BMW ohnehin nicht abfinden. "Wir müssen respektieren, dass BMW einen guten Job gemacht hat", sagte Mercedes-Boss Toto Wolff und fügte sogleich hinzu: "Da müssen wir auch hinkommen." Und auch Audis Leiter DTM, Dieter Gass, stellte klar, dass die Überlegenheit des Vorjahresmeisters kein Dauerzustand sein soll. "Wir haben gezeigt, dass wir in Sachen Performance auf Augenhöhe mit der Konkurrenz sind. Zwei Poles in drei Rennen sprechen eine deutliche Sprache, was das Potenzial des Autos anbelangt", meinte Gass. "Jetzt liegt es an uns, dieses Potenzial auch jederzeit abzurufen und zwar nicht nur mit einem Fahrer, sondern mit einer breiteren Mannschaft."

Tomczyk-Pechsträhne: Wenn es einen Fahrer gibt, der aus der guten Verfassung von BMW bislang noch keinen Nutzen ziehen konnte, ist das Martin Tomczyk. Strafen, Crashs und fehlendes Rennglück verhinderten bei allen bisherigen Saisonrennen eine Fahrt in die Punkte. Und so steht der RBM-Fahrer nach drei Rennen ohne etwas Zählbares da. Doch für Tomczyk besteht durchaus Hoffnung, dass die Pechsträhne auf dem Lausitzring endet. Immerhin feierte er im Meisterjahr 2011 einen von drei Rennsiegen auf dem EuroSpeedway. Ist der Kurs in der Lausitz in diesem Jahr der Wendepunkt für den 31-Jährigen? "Im vergangenen Jahr waren wir dort gut unterwegs", so Tomczyk. "Auf diesem Kurs kann man nie vorhersagen, wer am Ende ganz oben steht. Ich denke, dass wir gut auf dieses Rennen vorbereitet sind."

Martin Tomczyk: Gibt es am Lausitzring die ersten Punkte?, Foto: BMW AG
Martin Tomczyk: Gibt es am Lausitzring die ersten Punkte?, Foto: BMW AG

Qualifying-Schwäche von Mercedes: An den bisherigen Rennwochenenden zeigte Mercedes zumeist zwei Gesichter. Im Qualifying waren die Sternenfahrer zumeist nur dritte Kraft. In Brands Hatch und Spielberg schaffte kein Fahrer des weltberühmten Autobauers den Sprung in die entscheidende Qualifikationsrunde. Die Stunde der Mercedes-Lenker schlägt dann zumeist im Rennen, wo sie dank der starken Racepace noch in den Kampf um die vorderen Plätze eingreifen. Gary Paffett will sich damit allerdings nicht mehr zufrieden geben. Für das Rennen am Lausitzring forderte der Brite eine Verbesserung im Zeittraining. "Es geht darum, es in Q4 zu schaffen und aus den ersten Reihen zu starten, um ein gutes Ergebnis einzufahren", erläuterte Paffett. "Nach Q3 am Ende der Top-10 zu sein, ist nicht genug. Wir müssen uns vorne qualifizieren, das muss das Ziel sein."

Aufrecht: Strafen bleiben: Die von der Rennleitung verhängten Strafen sind bislang ein großes Ärgernis für die Fahrer. Vor allem Jamie Green sprach nach dem Rennen in Spielberg stellvertretend für viele Kollegen aus, was die Piloten von den scheinbar willkürlichen Sanktionen halten. "Für die Fahrer ist es sehr schwierig, den Abstand richtig einzuschätzen und nicht eineinhalb Sekunden zu verlieren", meinte der Audi-Pilot, der wegen einer zu schnellen Sektorenzeit unter gelben Flaggen im Training von Spielberg eine Rückversetzung von fünf Plätzen fürs Rennen aufgebrummt bekommen hatte. Ein weiterer Kritikpunkt: "Ich kann an der Stelle, an der die gelben Flaggen geschwenkt werden, Vollgas geben, erst am Ende des Sektors abbremsen und komme straffrei davon. Das muss auf jeden Fall verbessert werden."

Doch es hat den Anschein, als müssten die Piloten auch weiterhin mit den ärgerlichen Strafen zurechtkommen. DTM-Boss Hans-Werner Aufrecht stellte klar, dass das derzeitige Strafsystem auch in Zukunft Bestand haben werde. Das Argument, es sei schwierig, das Auto punktgenau um 0.5 Sekunden zu verlangsamen, ließ er nicht gelten. Seiner Meinung nach gehört es zum Anforderungsprofil eines Fahrers, mit den äußeren Umständen umzugehen. Dazu zählt auch der Umgang mit gefährlichen Rennsituationen. In einer Gelbphase stehe die Sicherheit der mit den Bergungsarbeiten beschäftigten Streckenposten auf dem Spiel, deshalb sei er nicht bereit, dort irgendwelche Abstriche zu machen, sagte Aufrecht.

DRS gegen Überhol-Armut: Bislang galt der Lausitzring nicht unbedingt als Strecke für Aufholjagden oder große Verbesserungen während des Rennens. Auf dem verwinkelten Parcours ist es nahezu unmöglich, am Vordermann vorbeizuziehen, sollte dieser nicht für einen Moment unaufmerksam sein oder einen Fahrfehler begehen. In diesem Jahr könnte das Feld allerdings gehörig durchgemischt werden - die Überholhilfe DRS macht es möglich. Dank des verstellbaren Heckflügels haben die Verfolger auf den Geraden einen Geschwindigkeitsüberschuss, den sie im Idealfall in ein Überholmanöver ummünzen können. Bislang ist das allerdings graue Theorie. Der Beweis muss im Rennen erst noch erbracht werden.

Zieht sich Roberto Merhi erneut den Zorn der Kollegen zu?, Foto: RACE-PRESS
Zieht sich Roberto Merhi erneut den Zorn der Kollegen zu?, Foto: RACE-PRESS

Merhi unter Beschuss: In den vergangenen Rennen zog Roberto Merhi wegen seines rüpelhaften Fahrstils den Ärger einiger Fahrerkollegen auf sich. Vor allem die BMW-Lenker Tomczyk und Timo Glock, die sich nach Zweikämpfen mit dem Spanier neben der Strecke wiederfanden, waren nicht gut auf den Mercedes-Piloten zu sprechen. "Ich bin nun zwei Mal mit ihm zusammengestoßen, das hat beide Male mein Rennen beendet", ärgerte sich der Meister von 2011 in Spielberg. "Ich weiß nicht, ob man ihm etwas erklären kann. Eine Entschuldigung von ihm würde ich auf jeden Fall nicht annehmen." Und Glock sprach Merhi bereits in Brands Hatch gänzlich die Tauglichkeit für die Rennserie ab. Fazit: Selbst wenn die Sachlage sicher nicht so deutlich ist, wie sie die beiden BMW-Fahrer darstellen - Merhi würde sicherlich gut daran tun, wenn er am Lausitzring ein wenig zurückhaltender zu Werke gehen würde, anstatt zusätzlich Öl ins Feuer zu gießen.