NASCAR goes Le Mans: Beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans am 10./11. Juni 2023 geht eines der aktuellen NextGen-Autos aus der US-amerikanischen Rennserie an den Start. Eine modifizierte Version des Chevrolet Camaro ZL1 tritt unter dem Banner der 'Garage 56' beim wohl berühmtesten Autorennen der Welt an.

Für das spezielle Projekt konnte die NASCAR zusammen mit Einsatzteam Hendrick Motorsports ein höchst prominentes Fahreraufgebot verpflichten: Der frühere Formel-1-Weltmeister Jenson Button teilt sich den Boliden mit dem früheren DTM-Meister und Le-Mans-Sieger Mike Rockenfeller sowie NASCAR-Rekordchampion Jimmie Johnson.

Das Star-Ensemble für den 100. Geburtstag der 24 Stunden von Le Mans gaben die Verantwortlichen des NASCAR-Projekts bei einer Pressekonferenz an diesem Samstag im Rahmen des 24-Stunden-Rennen von Daytona offiziell bekannt.

Die Idee der 'Garage 56' feiert 2023 ihr zehnjähriges Bestehen in Le Mans und ist besonderen Fahrzeugen vorbehalten. Die Autos nehmen regulär am Rennen teil, starten aber in einer eigenen Klasse und sind nicht punktberechtigt.

"Seit Beginn des Garage-56-Projekts war es unser Ziel, mit den besten Fahrern der Welt zusammenzuarbeiten, um uns in Le Mans zu vertreten", sagte Jim France, Präsident und CEO von NASCAR. "Mit Jimmie, Rocky und Jenson haben wir genau das gefunden, wovon wir immer geträumt haben - drei Elite-Fahrer, die auf der höchsten Ebene des weltweiten Motorsports gewonnen haben. Während wir das 75-jährige Bestehen der NASCAR feiern, fühlen wir uns geehrt, dass diese Weltklasse-Champions dazu beitragen, den Fans in Le Mans und auf der ganzen Welt den Anblick und den Sound eines NASCAR-Rennwagens näher zu bringen."

Rockenfeller: Mit Johnson gefahren, mit Button telefoniert

Mit US-Ikone Johnson bestritt Rockenfeller im vergangenen Jahr auf einem Cadillac-DPi bereits die 24 Stunden von Daytona, die an diesem Wochenende zum 61. Mal in ihrer Geschichte ausgetragen werden.

Rockenfeller und Button sind sich ebenfalls nicht fremd. Den Briten hat der langjährige Audi-Werkspilot beim DTM-Finale 2019 in Hockenheim kennengelernt, als Button in der schon lange geplanten DTM-Japan-Kooperation den Honda NSX-GT des Teams Kunimitsu auf die Ränge neun und 16 pilotierte. Dabei haben die beiden ihre Telefonnummern ausgetauscht und hatten immer mal wieder Kontakt zueinander.

Rockenfeller will für sich aber nicht in Anspruch nehmen, dass der den überraschenden Deal mit Button für Le Mans eingefädelt hat. "Jenson hat sich nach meinen beiden NASCAR-Rennen im vergangenen Jahr bei mir gemeldet und dabei haben wir auch über das Le-Mans-Projekt von General Motors gesprochen. Aber es ist nicht mein Job, irgendjemanden dafür zu verpflichten", sagte der frühere DTM-Champion im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

"Die Idee führt ursprünglich auf Jimmie zurück", erzählte Button. "Ich habe gefragt, was er 2023 vorhat. Er sagte, dass er NASCAR gerne nach Le Mans bringen wolle. Später kam ich mit Rocky in Kontakt und er sagte, ich solle bei einem Test vorbeischauen. Ich war dann in Sebring, bin das Auto aber noch nicht gefahren. Die Fortschritte mit dem Auto sind aber beeindruckend."

Zweiter Le-Mans-Start für Jenson Button

Für Button, der inzwischen in Los Angeles lebt, ist es der zweite Start in Le Mans nach 2018, als er mit einem LMP1-Prototyp des Teams SMP-Racing vorzeitig wegen eines Motorschadens ausfiel.

Rockenfeller selbst ist zwar viel im Simulator gesessen, nach eigener Aussage hat er aber nicht damit gerechnet, auch als Fahrer für das Rennen in Le Mans verpflichtet zu werden. Davon waren aber offenbar Jim France (NASCAR-CEO) und Chevrolet wegen seiner großen Le Mans- und Langstreckenerfahrung überzeugt.

Schließlich ist Rocky bereits zehnmal in Le Mans für drei Hersteller (Porsche, Audi, Chevrolet) an den Start gegangen. Dabei hat er einen Klassensieg mit Porsche (2005) und einen Gesamtsieg mit Audi (2010) gefeiert. "Jim France hat mich gefragt, ob ich Interesse an der Entwicklungsarbeit hätte, von Renneinsätzen war dabei aber nicht die Rede", stellt Rockenfeller klar.

Das Le-Mans-Projekt (Garage 56) von General Motors wurde am Rande des 12h-Rennens in Sebring im März 2022 offiziell präsentiert. Im Mai 2022 saß Rockenfeller bereits erstmals im Simulator - nun steht auch das finale Fahrer-Line-up fest.

Nächster NASCAR-Test für Le Mans steht bevor

"In die Entwicklung des Autos waren von Beginn an neben dem Einsatzteam Hendrick Motorsports (14 NASCAR-Titel) auch Chevrolet, IMSA, NASCAR, Dallara und Goodyear eingebunden", betont Rockenfeller die Dimension und den Aufwand für das ehrgeizige Projekt.

Das Auto wäre nicht mit dem vergleichbar, das er bei den beiden letztjährigen NASCAR-Rennen in Watkins Glen und Charlotte gefahren ist. "Das Team musste extrem viel Gewicht wegnehmen und es gab viel mehr Elektronik", so Rockenfeller, der von der Zuverlässigkeit des Einsatzautos überzeugt ist.

Das Trio Button, Johnson und Rockenfeller wird in der kommenden Woche (Dienstag und Mittwoch) erneut in Daytona testen, was vor Le Mans auch in Austin und Sebring bei weiteren "drei bis vier Tests" noch geplant ist. Dabei werden auch Dauerläufe in Angriff genommen. Zuvor gab es bereits sieben Testtage in Sebring, Virginia und Atlanta.