Obwohl er seine Fahrzeuge stets mit großer Leidenschaft über die Strecke lenkte, war Pierre Louis-Dreyfus nicht in erster Linie Rennfahrer. Für ihn waren die Wettbewerbe eher ein schöner Zeitvertreib. Er war eine vielseitige Persönlichkeit: Unternehmer, Motorsportler und Widerstandskämpfer im 2. Weltkrieg, ausgestattet mit einer illustren Verwandtschaft.

Klassensieg in Le Mans 1935

Louis-Dreyfus wurde am 17. Mai 1908 in Paris in eine wohlhabende Familie geboren. Sein Vater besaß eine Bank und eine Schifffahrtsgesellschaft. Pierre wurde früh in seine spätere Führungsrolle innerhalb des Unternehmens eingearbeitet, doch er nahm sich immer wieder die Zeit für sein großes Hobby. Zwischen 1931 und 1939 trat er insgesamt fünfmal bei den 24 Stunden von Le Mans an. Einmal erreichte er dabei Platz zwei in der Gesamtwertung und holte den Klassensieg.

Eine Legende besagt, dass Louis-Dreyfus in jenem Jahr sogar das komplette Rennen hätte gewinnen können. Angeblich scheiterte dies an einem Fehler seines Teams, das sich bei den Runden verzählt hatte. Daher wurde ihm fälschlicherweise signalisiert, er liege in Führung und solle das Auto schonen, obwohl er eigentlich gerade dabei war, deutlich Boden auf den Spitzenreiter gut zu machen.

Wer weiß, was generell erreichbar gewesen wäre, wenn Louis-Dreyfus sich voll auf den Sport konzentriert hätte. Doch er war einer jener damals typischen "Herrenfahrer", die es sich finanziell leisten konnten, rein für das private Vergnügen teilzunehmen. Es ging ihm hauptsächlich um die Freude am Rennfahren, weniger ums Gewinnen oder die persönliche Profilierung. Er startete meist nicht einmal unter seinem richtigen Namen, sondern unter den Pseudonymen Ferret oder Heldé. Letzteres klingt - französisch ausgesprochen - wie "LD", die Abkürzung seines Nachnamens.

Die legendäre Rennstrecke heute, Foto: Sutton
Die legendäre Rennstrecke heute, Foto: Sutton

Der zweite Weltkrieg beendete vorerst die Rennen in Le Mans und er bedeutete wie für so viele Menschen auch für Pierre Louis-Dreyfus einen harten Bruch im Lebenslauf. Aus dem Unternehmer, der nebenbei Autorennen fuhr, wurde ein Soldat. Er kämpfte für Frankreich gegen die deutschen Angreifer. Nach dem Sieg der Wehrmacht ging der zuvor luxuriös lebende 32-Jährige 1940 in den Untergrund und schloss sich der französischen Widerstandsbewegung gegen die Besatzer, der Resistance, an.

Rückkehr zum Rennsport nach dem Krieg

Ende 1942 musste er sein Heimatland verlassen und floh zunächst nach Lissabon und von dort aus per Wasserflugzeug über Irland nach Großbritannien. Von da an war Louis-Dreyfus erneut Soldat, kämpfte am Boden und als Bordschütze der französischen Luftwaffe in Afrika und Europa. Glücklicherweise überstand er die Schrecken dieser Zeit ohne größere körperliche Verletzungen.

Als nach dem Krieg ab 1949 wieder Rennen in Le Mans stattfanden, war der inzwischen 41-Jährige sofort am Start. 1953 gelang ihm noch einmal ein Klassensieg, zwei Jahre später trat er zum letzten Mal an. Während seiner Zeit bei den 24 Stunden-Rennen fuhr Pierre Louis-Dreyfus unter anderem Bugatti, Ferrari und Alfa Romeo.

Ab 1949 wurden in Le Mans wieder Rennen gefahren. Dieses Bild entstand 1951, Foto: Porsche
Ab 1949 wurden in Le Mans wieder Rennen gefahren. Dieses Bild entstand 1951, Foto: Porsche

Später wurde er Vorstandsvorsitzender des Familienunternehmens, der Louis Dreyfus Group, die bis heute unter anderem im Reedereigeschäft tätig ist. Bis zu seinem Tod 2011, im stattlichen Alter von 102 Jahren, war Pierre Louis-Dreyfus der älteste noch lebende Teilnehmer der 24 Stunden von Le Mans weltweit.

Auch seine Verwandtschaft macht(e) von sich reden. Pierres Enkelin ist die Schauspielerin Julia Louis-Dreyfuss, die mit der Comedyserie "Seinfeld" weltbekannt wurde. Sein Cousin Jean war der Vater des 2009 verstorbenen Ex-Adidas-Bosses Robert Louis-Dreyfus. Letzterer geriet im vergangenen Jahr noch einmal in die Schlagzeilen. Im Zusammenhang mit der deutschen Bewerbung für die Fußball-WM 2006 war eine schwarze Kasse entdeckt worden. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete, Robert habe sie mit Geld gefüllt.