Neel Jani fuhr am späten Mittwochabend die absolute Bestzeit im 56 Fahrzeuge starken Starterfeld des 24-Stunden-Rennens von Le Mans. Der Schweizer umrundete den Kurs in 3:16,887 Minuten und stellte damit für die 13,629 Kilometer lange Streckenvariante den bestehenden Qualifyingrekord aus dem Jahr 2008 (Peugeot, 3:18,513 Minuten) ein. Jani teilt sich den Prototypen mit der Startnummer 18 mit Romain Dumas (FR) und Marc Lieb (DE).

Timo Bernhard (DE) erzielte mit einer Runde in 3:17,767 Minuten die zweitbeste und ebenfalls unter dem alten Rekord liegende Rundenzeit. Genau wie Jani war auch er gleich zu Beginn des Qualifyings im Auto, das er sich mit Brendon Hartley (NZ) und Mark Webber (AUS) teilt. Beim dritten Porsche-Trio mit der Startnummer 19 – bestehend aus den Le-Mans-Rookies Earl Bamber (NZ) und Nico Hülkenberg (DE) sowie Nick Tandy (GB) – war es der Brite, der den rund 1000 PS starken Hybridrennwagen in 3:19,297 Minuten auf Platz drei fuhr.

Porsche zeigte ein starkes Qualifying, Foto: Speedpictures
Porsche zeigte ein starkes Qualifying, Foto: Speedpictures

In Le Mans werden drei jeweils zweistündige Qualifyings ausgetragen. Die beste dabei mit einem Auto gefahrene Rundenzeit entscheidet über den Startplatz. Aufgrund der instabilen Witterung ist noch nicht absehbar, welche Bedeutung dem ersten Qualifying vom Mittwoch zukommt, das auf trockener Strecke stattfand. Auf der sicheren Seite indes sind die Porsche-LMP1-Werksfahrer bezüglich ihrer Pflichtrunden bei Dunkelheit: Alle neun haben mindestens fünf Umläufe absolviert.

Das zweite Qualifying für die 24 Stunden von Le Mans findet am Donnerstag von 19:00 bis 21:00 Uhr statt, das dritte und letzte Qualifying wird anschließend wiederum bei Dunkelheit von 22:00 bis 00:00 Uhr ausgetragen. Am Freitag steht die Fahrerparade in der Innenstadt von Le Mans auf dem Programm. Der Rennstart zur 83. Auflage des wohl härtesten Langstreckenrennens der Welt erfolgt am Samstag um 15:00 Uhr.

Im einzigen freien Training am späten Nachmittag hatte das Porsche Team nach vier Stunden die Plätze eins, drei und vier belegt. Die insgesamt schnellste Runde war Webber mit der Startnummer 17 in 3:21.362 Minuten gefahren. Platz drei belegte das Schwesterauto mit der Nummer 18 (Jani, 3:22,059 min) vor der Nummer 19 (Tandy, 3:22.819 min). Trotz der wechselhaften Witterung mit gelegentlichen Schauern und einer langen Unterbrechung arbeitete das Team einen Großteil des Abstimmungsprogramms bezüglich Aerodynamik, Reifen und Fahrzeugbalance ab.

Stimmen aus dem Porsche-Lager nach dem ersten Qualifying:

Fritz Enzinger, Leiter LMP1: "Den Fahrern gebührt großer Respekt für diese starken Rundenzeiten. Das war heute eine gute Teamleistung und ein schöner erster Schritt in Le Mans 2015, aber eben auch noch nicht mehr. Die ganze Mannschaft ist einem hohen Erwartungsdruck ausgesetzt – und dem hat sie standgehalten. Dafür möchte ich mich ganz besonders bedanken. Wir werden morgen sehen, wie sich die Streckenbedingungen entwickeln."

Alexander Hitzinger, Technischer Direktor LMP1: "Ich bin heute sehr glücklich und zufrieden über den Qualifyingrekord mit dem Porsche 919 Hybrid. Das beweist nachdrücklich, dass wir ein schnelles Auto entwickelt haben. Nun wird sich morgen je nach Wetterlage zeigen, ob die Konkurrenz nachlegen kann. Am Samstag kommt ein sehr hartes Rennen auf uns zu, da bin ich mir sicher."

Andreas Seidl, Teamchef: "Die Bedingungen waren heute nicht einfach. Aber wir haben trotz der Regenschauer im freien Training unser Programm abarbeiten können. Die Rennvorbereitung stand heute im Vordergrund. Die Porsche 919 Hybrid sind problemlos gelaufen, und das Team hat einen super Job gemacht. Vor allem bei den Autos 17 und 18 ist das Zusammenspiel zwischen den Ingenieuren und Fahrern auch in der Verkehrssituation gut aufgegangen, sodass beide Rennwagen gut auf der Strecke platziert werden konnten. Auch mit der Performance der neuen Fahrer bin ich sehr zufrieden – sie waren unter allen Bedingungen mit unseren Stammpiloten auf Augenhöhe."

Timo Bernhard (34, Bruchmühlbach-Miesau, 8 Teilnahmen, Gesamtsieg 2010, Klassensieg GT 2002, 2. Platz GTE 2013, 2. Platz GT2 2005): "Ich bin gleich zu Anfang eine richtige Quali-Runde gefahren, die hat mächtig Spaß gemacht. Eingangs der Porsche-Kurven traf ich auf einen LMP2, aber sonst hat alles gepasst. Eine 3:17er Zeit in Le Mans ist schon verdammt schnell, und die Positionen sehen auch super aus. Aber wir verlieren die Rennvorbereitung nicht aus den Augen, denn die ist hier viel wichtiger als der Startplatz."

Ein Porsche 919 Hybrid auf der Strecke in Le Mans, Foto: Adrenal Media
Ein Porsche 919 Hybrid auf der Strecke in Le Mans, Foto: Adrenal Media

Brendon Hartley (25, Neuseeland, 3 Teilnahmen seit 2012): "Eins-zwei-drei – das ist einfach fantastisch für uns. Wir hatten einige gute Runden heute, sowohl bei Tag als auch bei Nacht. Wir wissen jetzt, dass wir schnell sind. So können wir uns weiter auf die Rennvorbereitung konzentrieren."

Mark Webber (38, Australien, Teilnahme 1998 und 1999, erster Renneinsatz 2014): "Im Qualifying konnten wir zum ersten Mal im Dunkeln bei komplett trockenen Bedingungen fahren und ein Gefühl für das Auto und die Strecke entwickeln. Unser Fokus lag aber gar nicht so sehr auf dem Qualifying – es macht hier in Le Mans nicht so viel aus. Wir haben uns mehr auf das Rennen konzentriert, denn darauf kommt es an."

Romain Dumas (37, Frankreich, 14 Teilnahmen: Gesamtsieg 2010, 3. Platz gesamt 2007, Klassensieg GTE 2013, 2. Platz Klasse GT 2001 und 2002, 3. Platz Klasse GT 2004): "Wir sind auf jeden Fall gut unterwegs. Unser Auto macht richtig Spaß. Bei Dunkelheit ist es immer tückisch, wenn du auf langsamere Fahrzeuge aufläufst, daran muss man sich erst wieder gewöhnen. Jetzt müssen wir konzentriert weiterarbeiten."

Neel Jani (31, Schweiz, 6 Teilnahmen seit 2009): "Ich bin im Qualifying als Erster mit unserem Auto gefahren. Natürlich standen die fünf Pflichtrunden bei Dunkelheit auf dem Programm. Meine erste Runde war gut, aber noch nicht einmal perfekt, weil sie nicht ganz frei war. Dass sie trotzdem die schnellste Runde des Tages und neuer Qualifyingrekord ist, freut mich umso mehr. Aber ich weiß, dass es noch schneller geht, und deshalb müssen wir erst einmal die weiteren Qualifyings abwarten."

Marc Lieb (34, Ludwigsburg, 9 Teilnahmen: Klassensiege GTE 2013, GT2 2010, GT 2005, 2. Platz GT 2003): "Als ich unsere Zeiten zu Beginn der Session gesehen habe, war ich mir schnell sicher, dass wir gute Chancen auf die Bestzeit haben. Ich dachte: Da kommt heute keiner mehr dran. Das Auto fühlte sich insgesamt sehr gut an. Nur die Balance ist noch nicht ganz da, wo wir sie haben wollen. Aber das bekommen wir bis zum Rennen auch noch hin."

Earl Bamber (24, Neuseeland, Erster Le-Mans-Start): "Ein super Ergebnis für Porsche. Die ersten Qualifyingrunden bei Nacht waren ein ganz besonderes Erlebnis für mich. Ich hatte keine freie Runde, aber das Auto ist großartig."

Nico Hülkenberg (27, Emmerich, Erster Le-Mans-Start): "Mir hat das Fahren in der Nacht schon beim Testen sehr gut gefallen, aber jetzt hier in Le Mans ist es noch einmal etwas ganz Besonderes. Diese spezielle Atmosphäre sorgt für Kribbeln im Bauch. Bei dem Betrieb auf der Strecke ist mir bewusst, dass Erfahrung in Le Mans sehr viel bringt, um wirklich das Letzte herauszuholen. Aber ich bin ganz zufrieden, die Vorfreude auf das Rennen steigt."

Nick Tandy (30, Großbritannien, 2 Teilnahmen mit Porsche in der GTE-Pro): "Zwischen dem Freien Training und dem Qualifying ist uns ein großer Schritt nach vorn gelungen, aber wir haben unser Potenzial noch nicht ausgeschöpft. Die schnellste Zeit erzielten wir in unserer dritten schnellen Runde, da waren die Reifen nicht mehr ganz optimal. In den beiden Umläufen zuvor sind wir jeweils auf langsamere Autos aufgelaufen. Wenn es morgen nicht regnet, können wir unsere Zeit noch toppen."